Jeder zweite Schaden im Tiefbau ist ein Leitungsschaden

Baggerschaufel vor Baustelle

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Jeder zweite Tiefbauschaden bei der VHV Allgemeine im vergangenen Jahr war ein Leitungsschaden. In den Jahren zuvor sind die Zahlen ähnlich. Leitungsschäden sind die „Klassiker“ unter den Tiefbauschäden und legen immer wieder Strom- und Wasserversorgung oder die Internetverbindung ganzer Stadtviertel lahm. Eine der Hauptursachen sind Bagger oder andere Arbeitsmaschinen. Viele der Schäden wären vermeidbar.

„Als führender Versicherer der Bauwirtschaft haben wir einen guten Überblick über Bauschäden. 2023 war jeder zweite Schaden im Tiefbau ein Leitungsschaden. In den Jahren davor sind die Zahlen ähnlich. Wenn Glasfaserkabel, Wasser- oder Gasleitungen beschädigt werden, ist das nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich. Um solche Schäden künftig zu verhindern, brauchen wir detaillierte Lagepläne, ein zentrales Leitungskataster und genormte Warneinrichtungen. Auch die kontinuierliche Weiterbildung von Fachkräften ist eine wichtige Investition in die Zukunft“, sagt Dr. Sebastian Reddemann, Sprecher des Vorstandes der VHV Allgemeine Versicherung AG.

Unnötig: Jeder zweite Schaden im Tiefbau ist ein Leitungsschaden. Häufiger Grund: fehlerhafte oder fehlende Lagepläne
© VHV Gruppe

Schadenbeispiel: Spaten zerstört Glasfaserkabel

Bei vorbereitenden Arbeiten im Jahr 2022 zur Neuverlegung einer Trinkwasserleitung wurden sogenannte Suchschachtungen mit einem Spaten durchgeführt, um den genauen Verlauf der bisherigen Leitung zu ermitteln. Dabei stießen die Beschäftigten des Tiefbauunternehmens unvermutet auf ein Glasfaserkabel, die schwer beschädigt wurde. Als Folge kam es zu einem Ausfall des Internets, von dem ein Stadtteil mit rund 11.000 Haushalten und mehreren Gewerbebetrieben betroffen war.

Wie sich später herausstellte, waren die Angaben im Leitungsplan, der vorher eingeholt wurde, nicht korrekt. So unterschieden sich der eingezeichnete und der tatsächliche Verlauf des Glasfaserkabels um rund einen Meter.

Zum Tiefbau zählen Straßen- und Brückenbau, Tunnelbau sowie Ver- und Entsorgungsnetze. Grundsätzlich ist bei Tiefbauarbeiten im innerstädtischen Bereich von dem Vorhandensein der unterschiedlichsten Versorgungsleitungen auszugehen. Alle im Baugrund stattfindenden Arbeiten setzen eine umfassende Leitungsauskunft für das betreffende Gebiet voraus. Mit detailliertem Wissen über die vorhandene Leitungsinfrastruktur können Schäden verhindert werden.

Insofern muss vor jeder Tiefbaumaßnahme verpflichtend eine Leitungsauskunft aller involvierten Netzbetreiber (Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen, Telekommunikationsunternehmen, Straßenbauämter) eingeholt werden. Sofern es keinen Gesamtplan des betreffenden Gebiets gibt, müssen von jedem Netzbetreiber einzeln die jeweiligen Pläne mit Lage und Verlauf der erdverlegten Leitungen angefordert werden. Das ist sehr aufwändig und die Daten sind nicht immer korrekt, wie das oben genannte Beispiel aus dem VHV-Bauschadenbericht 2022/2023 zeigt, den das Institut für Bauforschung e.V. in Hannover mit der VHV Allgemeine erstellt hat.

Der Bericht stellt auch fest, dass in Deutschland immer noch einheitliche Bestimmungen über die Qualität der Leitungsdaten und der Genauigkeit von Positionsangaben in den bereitgestellten Unterlagen fehlen. Hier würden verbindliche Regelungen wesentlich dazu beitragen, das Risiko von Leitungsbeschädigungen, Unfällen und Versorgungsausfällen zu minimieren.

Weitere Maßnahmen zur Schadenprävention beziehungsweise -verringerung laut Bauschadenbericht sind:

  • Sachkundige Vorbereitung der Tiefbauarbeiten
  • Einsatz von Verfahren zur Leitungsortung
  • Verfügbarkeit detaillierter Lagepläne
  • Verwendung genormter Warneinrichtungen (zum Beispiel detektierbare Trassenbänder, Kabelabdeckungen) zur besseren Kenntlichmachung erdverlegter Kabel und Leitungen
  • gewissenhafte Ausführung der Tiefbauarbeiten
  • Einsatz von entsprechend qualifizierten Fachkräften
  • systematische Qualitätskontrollen durch unabhängige Prüfer