Werte und Kompetenzen: Schlüsselfaktoren für den Finanzvertrieb von morgen

Businessman holding compass of navigate on global economic crisiBusinessman holding compass of navigate on global economic crisiipopba – stock.adobe.com

Die Finanzdienstleistungsbranche erlebt einen tiefgreifenden Wandel, der auch den Vertrieb deutlich verändern wird. Treiber dafür sind technologische Innovationen, sich verändernde Kundenanforderungen und das Aufkommen neuer Geschäftsmodelle. Dadurch kommen neue Herausforderungen auf Führungskräfte zu.

Der Fokus auf Werte und Kompetenzen wird dabei entscheidend für die Bewältigung dieser Anforderungen sein. Unternehmen, die hier ihren Blick schärfen, zählen zukünftig zu den Gewinnern.

Betrachten wir aber zunächst die Ausgangslage. Diese drei wichtigen digitalen Trends verändern die Finanzdienstleistungen bereits und werden das in den kommenden Jahren noch deutlicher tun:

1. Digitalisierung und Automatisierung

Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), Big Data und Robotic Process Automation (RPA) ermöglichen es, Vertriebsvorgänge zu automatisieren und zu optimieren. Der Einsatz von KI erlaubt es, riesige Mengen an Kundendaten zu analysieren und dadurch personalisierte Angebote zu erstellen. Diese personalisierte Ansprache erhöht Effizienz und Effektivität des Vertriebsprozesses erheblich. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von Chatbots und virtuellen Assistenten. Sie können einfache Kundenanfragen rund um die Uhr beantworten. Zudem entlasten sie menschliche Berater, die sich auf komplexere Anfragen konzentrieren können.

2. Omni-Channel-Strategien

Kunden erwarten heute nahtlose und konsistente Erlebnisse über alle Vertriebskanäle hinweg. Eine erfolgreiche Omni-Channel-Strategie integriert digitale und traditionelle Kanäle und ermöglicht es den Kunden, problemlos zwischen Online- und Offline-Interaktionen zu wechseln. Diese Integration erfordert eine enge Verzahnung von IT-Systemen und eine umfassende Datensynchronisation. Beispielsweise müssen Informationen aus dem Online-Banking für Berater in der Filiale sofort zugänglich sein, um eine personalisierte Kundenbetreuung zu gewährleisten. Unternehmen müssen in Systeme investieren, die eine Echtzeit-Datenintegration ermöglichen, und sicherstellen, dass alle Vertriebsmitarbeiter geschult sind. Die gute Nachricht: Diese Investitionen zahlen sich aus, da sie die Kundenbindung stärken und die Kundenzufriedenheit erhöhen.

3. Neue Geschäftsmodelle und Plattformen

FinTechs und InsurTechs drängen in den letzten Jahren massiv in den Markt und verändern die Spielregeln. Diese Unternehmen nutzen digitale Plattformen, um innovative Finanzprodukte und Dienstleistungen anzubieten, die oft günstiger und benutzerfreundlicher sind als traditionelle Angebote.
Finanzdienstleister müssen daher ihre Geschäftsmodelle überdenken und von Fall zu Fall Partnerschaften mit den neuen Akteuren eingehen.

Unternehmen aus der Branche können eigene Plattformen entwickeln oder sich an bestehenden beteiligen, um ihre Reichweite zu erhöhen. Dies erfordert jedoch auch eine Anpassung der internen Prozesse, um die Integration und das Management der jeweiligen Plattformen zu ermöglichen.

Anpassung der Vertriebsorganisationen

Um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten, müssen sowohl kleinere Maklergesellschaften als auch große Vertriebsorganisationen ihre Strukturen anpassen. Dies umfasst die Implementierung agiler Arbeitsmethoden, die Förderung einer innovationsfreundlichen Kultur und die kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeitenden.

  • Agile Methoden wie Scrum und Kanban ermöglichen es, auf Marktveränderungen zu reagieren und neue Ansätze schnell zu testen.
  • Mit einer innovationsfreundlichen Umgebung werden Mitarbeitende ermutigt, neue Ideen zu entwickeln und auszuprobieren. Dies stärkt die Innovationskraft.
  • Zudem ist die kontinuierliche Weiterbildung wichtig, um sicherzustellen, dass sie über die neuesten Kenntnisse verfügen, um in einer sich schnell verändernden Branche erfolgreich zu sein.
  • Werte und Kompetenzen als Schlüsselfaktoren

    80 Prozent der deutschen Unternehmen sind sich sicher, dass ihre Führungskräfte in fünf Jahren völlig andere Kompetenzen benötigen als heute. Warum ist das so? In einer zunehmend digitalen und dynamischen Arbeitswelt werden Werte und Kompetenzen zu entscheidenden Erfolgsfaktoren.

    Die Fähigkeit, selbstorganisiert, kreativ und agil zu handeln, wird immer wichtiger. Diese Kompetenzen müssen durch eine geeignete Unternehmenskultur und durch kontinuierliches Lernen gefördert werden. Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeiten, kritisches Denken und emotionale Intelligenz sind entscheidend, um in einer sich ständig verändernden Arbeitsumgebung erfolgreich zu sein. Werte wie Integrität, Verantwortung und Kundenorientierung bilden die Grundlage für diese Kompetenzen und müssen in der Unternehmenskultur fest verankert sein. Dies gilt im Bereich der Finanzdienstleistungen umso mehr, da das Vertrauen von Kunden bei sensiblen Kaufentscheidungen eine besondere Rolle spielt.

    Einsatz von Plattformen und KI in der Weiterbildung

    Die digitale Transformation verändert nicht nur Geschäftsmodelle, sondern auch die Art und Weise, wie Mitarbeitende lernen und sich weiterentwickeln. Konzepte wie „Future Learning“ setzen auf digitale Tools und Plattformen, um Lernen in den Arbeitsprozess zu integrieren. Dies ermöglicht eine personalisierte und selbstorganisierte Entwicklung der Mitarbeitenden.

    Digitale Lernplattformen bieten eine Vielzahl von Lernmaterialien, die auf die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen der Mitarbeitenden zugeschnitten sind. Sie ermöglichen es den Mitarbeitenden, jederzeit und überall auf Lerninhalte zuzugreifen und ihre Lernfortschritte selbst zu steuern. Dies fördert nicht nur das selbstorganisierte Lernen, sondern erhöht auch die Motivation und das Engagement. Unternehmen müssen flexible Strukturen schaffen, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, schnell auf Veränderungen zu reagieren. Dies erfordert ein agiles Mindset und die Bereitschaft, ständig neue Methoden und Ansätze zu erlernen und anzuwenden.

    Kompetenzmanagement und Werteorientierung

    Ein effektives Kompetenzmanagement ist unerlässlich, um die benötigten Fähigkeiten und Haltungen zu entwickeln. Werte wie Eigenverantwortung, Innovationsbereitschaft und Teamarbeit bilden die Grundlage dafür. Diese Werte müssen im täglichen Arbeitsprozess gelebt und kontinuierlich gefördert werden.

    Kompetenzmanagement umfasst die Identifizierung der erforderlichen Kompetenzen, die Bewertung der bestehenden Fähigkeiten der Mitarbeitenden und die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Förderung dieser Kompetenzen. Dies kann durch individuelle Entwicklungspläne, Mentoring-Programme und praxisorientierte Trainings erfolgen. Werte und Kompetenzen sind dabei eng miteinander verknüpft: Werte geben die Richtung vor, in die sich Mitarbeitende entwickeln sollen, und Kompetenzen sind die Fähigkeiten, die sie benötigen, um diese Werte in die Praxis umzusetzen.

    Die Zukunft des Vertriebs von Finanzdienstleistungen wird maßgeblich durch die digitale Transformation und neue Geschäftsmodelle geprägt. Werte und Kompetenzen sind hier ein entscheidender Schlüsselfaktor, um erfolgreich zu sein.


    Über den Autor

    Prof. Dr. Werner Sauter ist Wissenschaftlicher Leiter und Senior Consultant der Swiss Connect Academy Deutschland GmbH (https://swiss-connect-academy.de/). Er entwickelt Führungskräfte sowie Learning Professionals und ist Fachbuchautor für Werte- und Kompetenzmanagement. Regelmäßig beleuchtet er die aktuellen Entwicklungen im Corporate Learning in seinem Blog https://swiss-connect-academy.de/blog/.


LESEN SIE AUCH

Artificial intelligence conceptArtificial intelligence concept
Digitalisierung

Das sollte man jetzt zu generativen KIs wissen

Die Faszination für KI erreicht täglich neue Höhepunkte, ausgelöst durch aufregende Durchbrüche und wachsende Anwendungsgebiete. Doch stellen sich auch zunehmend kritische Fragen und vermehren sich die Bedenken. Ein Realitätscheck von Endava.

Woman sitting in office with device an her handWoman sitting in office with device an her handra2 studio – stock.adobe.com
Digitalisierung

Personalisierung der Customer Journey

Individuelle Bedürfnisse und maßgeschneiderte Lösungen gewinnen in nahezu allen Lebensbereichen an Bedeutung. Auch in der Krankenversicherung rückt die Personalisierung immer mehr in den Vordergrund. Die fortschreitende Digitalisierung und die wachsende Menge an verfügbaren Daten eröffnen neue Möglichkeiten, die Gesundheitssysteme grundlegend zu verändern.

Loading bar, computer generated. Simple web backdrop. 3d render of scale with small squares and the inscription LoadingLoading bar, computer generated. Simple web backdrop. 3d render of scale with small squares and the inscription Loading
Assekuranz

Digitalisierung hält langsam Einzug in das Tagesgeschäft

Wie weit geht die Nutzung digitaler Tools im Alltag der Vermittlerinnen und Vermittler? Wie und wofür werden Apps, Beratungsprogramme und RoboAdvisor verwendet? Diesen Fragen ging der AfW für ein umfassendes Stimmungsbild der Branche nach.

Chatbot ai online assistant support symbol digital concept 3d ilChatbot ai online assistant support symbol digital concept 3d il
Digitalisierung

Verbraucher offen für Chatbots im Kundenservice

Jeder dritte Bundesbürger begrüßt den Einsatz von KI-Chatbots in der Kundenbetreuung und jeder fünfte wäre bereit, künftig ganz auf menschlichen Kundenservice zu verzichten. Trotz dieser Offenheit bleibt der persönliche Kontakt für 75 Prozent der Verbraucher weiterhin wichtig, zumindest als Option.

Row of light bulbs. Idea conceptRow of light bulbs. Idea conceptchones – stock.adobe.com
Assekuranz

Innovative Versicherungsprodukte für moderne Risiken im B2B-Bereich

Unternehmen müssen sich kontinuierlich an sich verändernde Technologien und Geschäftspraktiken anpassen, um langfristig bestehen zu können. Traditionelle Versicherungsprodukte stoßen hier häufig an ihre Grenzen. Welche Innovationen der Markt im B2B-Bereich bereithält.

Artificial intelligence conceptArtificial intelligence conceptjirsak – stock.adobe.com
Digitalisierung

So stehen Berater zur Zukunft der KI

61 Prozent der Vermittelnden erwarten nicht, dass KI die menschliche Interaktion in der Finanzberatung ersetzen kann. Sorgen bereiten der Vermittlerschaft vor allem mögliche Fehler der KI, zunehmender Kontrollverlust und Verletzungen des Datenschutzes.