VG Frankfurt am Main urteilt zum Provisionsabgabeverbot

Anzugtraeger-Lupe-Laptop-190689205-FO-Andrey-PopovAnzugtraeger-Lupe-Laptop-190689205-FO-Andrey-PopovAndrey Popov / fotolia.com

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hatte sich mit Beschluss vom 28.09.2018 (Az: 7 L 3307/18F) mit der Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs. 4 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz zu befassen. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Weitergabe von Provisionen an Kunden durch ein Online-Versicherungsmaklerportal gegen das in § 48b Abs. 1 VAG normierte Provisionsabgabeverbot verstößt oder aufgrund von § 48b Abs. 4 S. 1 VAG erlaubt ist.

Provisionsabgabeverbot gem. § 48b I VAG

Jens-Reichow-2016-Joehnke-und-ReichowJens-Reichow-2016-Joehnke-und-Reichow Jens Reichow, Rechtsanwalt bei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Das in Deutschland bestehende Provisionsabgabeverbot schränkt die Weitergabe von Provisionen massiv ein. Gem. § 48 b Abs.1 VAG ist es Versicherungsunternehmen und -vermittlern untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen.

Eine Ausnahme von diesem Provisionsabgabeverbot regelt § 48 b Abs.4 S. 1 VAG. Danach findet das Provisionsabgabeverbot keine Anwendung, soweit die Sondervergütung zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wird.

Sachverhalt vor dem VG Frankfurt a. M.

Das Online-Versicherungsportal war als Versicherungsmakler registriert. Das Geschäftsmodell des Makler-Startup-Unternehmens bestand darin, Kunden Provisionen aus ihren vermittelten Versicherungsverträgen gegen die Zahlung eines Honorars auszuschütten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vertrat die Auffassung, dass dieses Geschäftsmodell gem. § 48b Abs. 1 VAG verboten sei. Das Makler-Startup sah sein Geschäftsmodell jedoch von der Ausnahmeregelung des § 48b Abs. 4 VAG gedeckt.

Die BaFin teilte den ihrer Aufsicht unterstehenden Versicherungen ihre Sichtweise über das Geschäftsmodell mit, um die Versicherer von einer Zusammenarbeit abzuhalten. Sie drohte den Versicherungen mit Untersagungsanordnungen, falls diese weiter mit dem Makler-Startup-Unternehmen und ähnlichen Vermittlern zusammenarbeiten. Daraufhin beendeten mehrere Versicherer die Geschäftsverbindung mit dem Makler-Startup. Das Unternehmen begehrte, dass der BaFin untersagt wird, gegenüber Versicherungsunternehmen Sanktionen zu verhängen, wenn diese mit ihr zusammenarbeiten, oder den Erlass von Untersagungsanordnungen anzudrohen.

Ist das Geschäftsmodell aufgrund der Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48 b Abs.4 VAG erlaubt?

Die BaFin war hier der Auffassung, dass die Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs.4 S.1 VAG nur dann greift, wenn der Versicherer eine dauerhafte Reduzierung der Versicherungsprämie oder eine dauerhafte Leistungserhöhung gewährt. Denn Prämie und Leistung beruhen auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer.

Ohne eine Änderung des Versicherungsvertrages zwischen den beiden Vertragsparteien verstößt demnach eine Abgabe der Provision eines Vermittlers an einen Versicherungskunden gegen § 48b Abs.1 VAG. Das Makler-Startup wiederum sah im Gesetz keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Prämienreduzierung oder Leistungserhöhung nur durch den Versicherer mittels Vertragsänderungen erfolgen kann.  Er ist der Auffassung, dass eine Prämienreduzierung auch durch den Versicherungsvermittler erfolgen kann.

Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. folgt der BaFin-Linie

Nach dem Beschluss des VG Frankfurt a. M. verstößt das Online-Versicherungsportal gegen das in § 48b Abs. 1 VAG normierte Provisionsabgabeverbot. Laut Verwaltungsgericht war das Rundschreiben der BaFin daher nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht folgte dabei der Argumentation der BaFin, dass die von dem Startup-Unternehmen gewährten Sondervergütungen nicht als Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs.4 VAG erlaubt waren, da die Sondervergütungen nicht zu einer dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wurden.

Zweck des Provisionsabgabeverbots sei es, Verbrauchern keine „Fehlanreize“ durch kurzfristige finanzielle Vorteile zu bieten. Aufgrund dieses gesetzgeberischen Zwecks des Provisionsabgabeverbotes ist eine enge Auslegung der Ausnahmevorschrift des § 48b Abs.4 VAG geboten, so das VG Frankfurt a. M.

Fazit

Das Makler-Startup verlor den Streit mit der BaFin um die Auslegung der Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs.4 VAG. Der Streit wird in der nächsten Instanz fortgesetzt. Eine endgültige rechtliche Klärung zur Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot nach § 48b Abs.4 VAG ist nötig, damit jeder Versicherungsvermittler diesbezüglich rechtssicher handeln kann.

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Rechtsanwalt Jens Reichow, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

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