Entzug von Wohneigentum: Auch nicht störender Miteigentümer kann betroffen sein

Hand-Schluessel-Paragraf-160221712-FO-peterschreiber-mediaHand-Schluessel-Paragraf-160221712-FO-peterschreiber-mediapeterschreiber.media / fotolia.com

Auch wenn Eigentum unter dem Schutz des Grundgesetzes steht, kann ihm dieses allerdings entzogen werden, wenn ein Eigentümer den Gemeinschaftsfrieden nachhaltig stört. Selbst ein „unschuldiger“ Miteigentümer kann davon betroffen sein, urteilte der Bundesgerichtshof.

Gewaltbereiter Ehemann

Ein Ehepaar wohnte seit Jahrzehnten in ihrer Eigentumswohnung. Der Mann war im Zuge eines erheblichen Streits mit anderen Eigentümern für Schmierereien im Treppenhaus und an Briefkästen sowie Beschimpfungen und Körperverletzungen verantwortlich. In einem Fall stieß er einen anderen Wohnungseigentümer die Treppe herunter, der sich nur deshalb nicht schwer verletzte, weil er durch einen anderen Wohnungseigentümer aufgefangen wurde.

Die Gemeinschaft beschloss auf einer Eigentümerversammlung, dass der Ehemann das Verhalten umgehend einstellen muss.

Enteignung des Ehepaars angestrebt

Als dies nicht geschah, wurde die Einleitung eines gerichtlichen Eigentumsentziehungsverfahrens gemäß § 18 WEG gegen beide Beklagten beschlossen und das Ehepaar aufgefordert, ihre Wohnung bis zu einer gesetzten Frist zu veräußern, und die Verwaltung zu ermächtigen, bei erfolglosem Verstreichen der Frist die Verurteilung zur Veräußerung der Wohnung gemäß §§ 18, 19 WEG zu betreiben. Diese Frist ließ das Ehepaar verstreichen und auch änderte sich das Verhalten des Ehemanns nicht, der dieses mit einer psychischen Störung begründete.

Die Eigentümergemeinschaft strebte daraufhin eine Klage auf Entziehung des Eigentumes an. Allerdings hielt die gar nicht auffällig gewordene Ehefrau Anteile an der Immobilie.

Amtsgericht und Landgericht urteilen unterschiedlich

Ob auch der Ehefrau das Eigentum entzogen werden kann, darüber waren Amts- und Landgericht unterschiedlicher Meinung:

Während das Amtsgericht beide Beklagte zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums verurteilt hat, hat das Landgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Verurteilung der Beklagten aufgehoben und die Entziehungsklage insoweit abgewiesen.

Ehefrau darf bleiben

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die Ehefrau in einem ersten Schritt zur Veräußerung ihres Miteigentums verpflichtet ist. Die Eigentümergemeinschaft darf einen solchen Beschluss fassen. Aber es muss der Frau die Möglichkeit eingeräumt werden, den Verkauf abzuwenden, indem sie ihren Miteigentümer „dauerhaft und einschränkungslos“ aus der Wohnanlage entfernt und dessen Eigentumsanteile übernimmt.

Urteil des Bundesgerichtshofs, Aktenzeichen V ZR 138/17

LESEN SIE AUCH

Meterstab-um-Werkzeug-110054542-FO-Gina-SandersMeterstab-um-Werkzeug-110054542-FO-Gina-SandersGina Sanders / fotolia.com
Infothek 4 Wände

Wohnungsverwalter muss für Schäden haften

Wenn ein Wohnungsverwalter die getroffenen Beschlüsse nicht ordnungsgemäß umsetzt, muss er Schäden, die einzelnen Wohnungseigentümern dadurch entstehen, ausgleichen.
Christoph-Neuhaus-2022-wertfaktorChristoph-Neuhaus-2022-wertfaktorwertfaktor Immobilien GmbH
Infothek 4 Wände

Invest, Rendite und Selbstgönner

Statt die gesamte Immobilie zu veräußern, können Haus- oder Wohnungseigentümer mittels eines "Teilverkaufs" lediglich einen Anteil der Immobilie verkaufen. Der Käufer wird dadurch „stiller Miteigentümer“, während der bisherige Eigentümer weiterhin die alleinige Entscheidungshoheit über die Immobilie hat. Möglich macht dies das sogenannte Nießbrauchrecht, welches das Wohnrecht sowie die Möglichkeit der wirtschaftlichen Nutzung Ihrer Immobilie erhält.
Joyful bearded man in formal clothes and holiday cap, clenching his fists with happiness, celebrating his birthday, having good mood. Satisfied male posing against white background with color piecesJoyful bearded man in formal clothes and holiday cap, clenching his fists with happiness, celebrating his birthday, having good mood. Satisfied male posing against white background with color pieceswayhome.studio – stock.adobe.com
Infothek 4 Wände

Partylärm – das ist rechtlich erlaubt

Einige bevorzugen die Stille in ihren vier Wänden, während andere auf dem Balkon oder in der Wohnung Feste feiern möchten. Vorschriften geben den Rahmen vor, was an Partylärm erlaubt ist

Lift machinist man repairing elevator fixing or adjusting mechanismLift machinist man repairing elevator fixing or adjusting mechanism
4 Wände

Eigentümer können behindertengerechten Umbau verlangen

Seit einer Gesetzesreform im Jahr 2020 können bestimmte bauliche Veränderungen in der Wohnanlage von den Besitzern einer Eigentumswohnung verlangt werden. Umbauten am Gemeinschaftseigentum werden erleichtert, wenn sie der Barrierefreiheit, dem Laden von E-Fahrzeugen, dem Einbruchschutz und dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen.

Einbrecher-44814580-AS-Marco2811Einbrecher-44814580-AS-Marco2811Marco2811 – stock.adobe.com
Infothek 4 Wände

Einbruchspuren müssen nicht stimmig sein

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt die Rechte der Versicherungsnehmer: wenn Versicherungsnehmer Ansprüche wegen Einbruchdiebstählen bei der Hausratversicherung geltend machen, dürfen diese nicht durch überhöhte Beweisanforderungen benachteiligt werden.

Audit And Fraud Investigation. Auditor Using Magnifying GlassAudit And Fraud Investigation. Auditor Using Magnifying GlassAndrey Popov – stock.adobe.com
Infothek 4 Wände

Erklärung zur Mieterhöhung muss Drittmittel aufführen

Wird die Miete nach einer Modernisierung erhöht, muss im Erhöhungsschreiben offengelegt werden, welche staatlichen Zuschüsse oder zinsverbilligten Darlehen in Anspruch genommen wurde. Diese sind zugunsten der Mietenden bei der Berechnung der Mieterhöhung zu berücksichtigen.