bAV: Mitarbeiter nutzen Angebote (zu) selten

703918_pixelio_Tim-Reckmann703918_pixelio_Tim-ReckmannTim Reckmann / pixelio.de

In 88 Prozent der Unternehmen sind Regelungen für die Umwandlung von Entgelt in Altersvorsorgeansprüche etabliert. Dennoch greifen nur wenige Mitarbeiter zu. Lediglich in einem Drittel der Unternehmen nehmen mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter dieses Angebot wahr. Dies zeigt eine aktuelle Umfrage von Willis Towers Watson.

So sagen 83 Prozent der Unternehmen, dass auch das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) nichts daran geändert hat.

Dr. Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson, sagt:

„Die Unternehmen packen die Entgeltumwandlung aktiv an und kommen den Wünschen der Arbeitnehmer nach einer sicheren und bedarfsgerechten bAV weitgehend nach – das ist gut. Dennoch zeigt sich, dass Mitarbeiter ihren Vorsorgebedarf offenbar nicht gut genug einschätzen können und die bisherigen Informationen der Unternehmen diese Lücke wohl nicht wirksam füllen. Wenn das Ziel des BRSG – die weitere Verbreitung der bAV und der Ausbau ihrer Finanzierungsgrundlage – erreicht werden soll, bleibt also noch viel zu tun.“

Verschiedene Leistungspakete für Mitarbeiter

80 Prozent der Unternehmen bieten für die Eigenvorsorge der Mitarbeiter mehr als einen Durchführungsweg an. Am häufigsten wird hier die Direktversicherung genannt (75 Prozent), gefolgt von der Direktzusage (54 Prozent). Die „klassisch-konservative“ Anlage der Beiträge herrscht über die unterschiedlichen Durchführungswege hinweg weiter vor, doch halten immer mehr Unternehmen zumindest als Alternative stärker am Kapitalmarkt orientierte Anlagemöglichkeiten bereit. 58 Prozent bieten noch klassische Versicherungsprodukte mit garantiertem Rechnungszins an, in 40 Prozent gibt es (auch) schon neuere Versicherungsprodukte mit Garantie der eingezahlten Beiträge.

Kapitalmarktorientierte Versicherungsprodukte finden sich bei 30 Prozent der Unternehmen. In zwölf Prozent der Unternehmen besteht auch die Möglichkeit, eine über den Kapitalmarkt finanzierte Direktzusage zu nutzen.

Die durch das BRSG überarbeitete Riester-Förderung wird hingegen für die bAV nur selten genutzt: Lediglich 13 Prozent der Unternehmen halten entsprechende Angebote bereit. Dabei können die Mitarbeiter in den meisten Unternehmen (75 Prozent) ihre bAV an ihren individuellen Bedarf anpassen – meist im Hinblick auf einmalige oder laufende Beiträge und die Auszahlung als Rente oder Einmalbetrag, aber auch bezüglich zusätzlicher Absicherungsoptionen für den Invaliditäts- oder Todesfall. Schließlich bezuschusst fast zwei Drittel der Unternehmen (63 Prozent) die Beiträge der Mitarbeiter zu ihrer Altersversorgung, mehrheitlich über das gesetzlich geforderte Maß hinaus.

Heiko Gradehandt, Director bei Willis Towers Watson, erklärt:

„Die Unternehmen haben – auch schon vor dem BRSG – die bestehenden Möglichkeiten genutzt, um ihren Mitarbeitern durchdachte Vorsorgemöglichkeiten anzubieten. Das BRSG hat die Notwendigkeit einer betrieblichen Altersversorgung nun noch einmal stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt – aber Mitarbeiter lassen darauf noch keine Taten folgen.“

83 Prozent der Unternehmen registrieren keine Veränderung. Lediglich in 15 Prozent ist die Nachfrage nach Eigenvorsorgemöglichkeiten deutlich gestiegen.

Seltene Nutzung der Angebote

Mitarbeiter kennen ihren Versorgungsbedarf nicht – da sind sich Unternehmen und Mitarbeiter einig. Diesen Grund führen die befragten Unternehmen am häufigsten an. Auf Platz 2 folgt, dass die Mitarbeiter nicht genügend freies Einkommen zur Vorsorge zur Verfügung haben. Mitarbeiter verstünden die Angebote nicht oder seien grundsätzlich skeptisch gegenüber Versicherungsangeboten – diese Argumente werden ebenfalls genannt.

Heiko Gradehandt dazu:

„Unternehmen tun das Richtige – aber vielleicht nicht auf die richtige Weise. Sie bieten gute Vorsorgelösungen an und kommunizieren diese. Wenn dies bei den Mitarbeitern aber nicht oder nicht verständlich ankommt, werden sie die Angebote auch nicht wahrnehmen.“

Darum sollten Unternehmen die Angebote häufiger, einfacher und ansprechender kommunizieren, empfiehlt Heiko Gradehandt:

„Unternehmen lassen trotz schwieriger Arbeitsmärkte hier viel Potenzial zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung liegen. Zudem ist ein Großteil der Arbeit – die Entwicklung und Implementierung der Vorsorgeangebote – ja schon getan. Jetzt fehlt mit der überzeugenden Kommunikation quasi nur noch der letzte Meter bis zum Tor.“

Bei rund der Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) fällt dieser Hinweis auf fruchtbaren Boden: Sie planen, ihre Informationsmaßnahmen künftig zu intensivieren.

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