Pflichtverletzung des Vermittlers: So ermittelt der BGH den Schaden des Versicherten

Anzugtraeger-Richterhammer-Papier-278482044-AS-ntinaiAnzugtraeger-Richterhammer-Papier-278482044-AS-ntinai

Kommt es zu einer Pflichtverletzung des Versicherungsvermittlers, so stellt sich die Frage, wie sich der Schaden des Versicherten bestimmen lässt. Auf diese Frage gibt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26. März 2014 (Az.: IV ZR 422/12) eine Antwort. Der Versicherte kann vom Versicherungsvermittler danach eine Quasideckung verlangen.

Was verlangte der Versicherte in dem konkreten Fall?

Der BGH konnte die Frage der Berechnung des Schadens des Versicherten anhand eines Falls entscheiden, welchen ein Ofensetzer betraf. Diesem Ofensetzer war durch seinen Versicherungsvermittler kein ausreichender Versicherungsschutz vermittelt worden. Insbesondere fehlte es über eine angemessen Haftpflichtversicherung für die berufliche Tätigkeit des Handwerkers. Im Rahmen des Prozesses verlangte der Ofensetzer nun, vom Versicherungsvermittler so gestellt zu werden, als hätte der Versicherungsvermittler eine Haftpflichtversicherung vermittelt. Der Versicherte verlangte also vom Versicherungsvermittler quasi die Deckung, welche ansonsten ein Versicherer zur Verfügung gestellt hätte. Dies beschreibt den Begriff der Quasideckung.

BGH bestätigt den Begriff der Quasideckung

Der BGH gab dem Versicherten Recht. Nach Ansicht der Richter könne der Versicherte verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten, wenn ein Versicherungsvermittler es pflichtwidrig unterlassen hat, ein bestimmtes Risiko abzudecken. Der BGH macht sich damit der bislang in der Literatur von vielen vertretenen Ansicht der „Quasideckung“ zu eigen. Bereits seit einiger Zeit hatten viele Stimmen eine Berechnung nach den Grundsätzen der Quasideckung befürwortet (so z.B. Dörner in Prölss/Martin: VVG Kommentar, 28. Auflage, § 63, Rn. 16).

Musterbedingungen sind Grundlage der Quasideckung

Grundlage der Quasideckung für die Ermittlung des Schadens sind dabei die Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GdV). Diese werden seitens des BGH herangezogen, um den vom Versicherten möglichen Versicherungsschutz zu bestimmen. Dabei setzt der BGH offenbar voraus, dass der Versicherte Versicherungsschutz bei einem Versicherer zu ebenjenen Musterbedingungen des GDV erhalten hätte.

Fazit

Das Urteil des BGH vereinfacht dem Versicherten die Begründung eines Schadens erheblich. Unter Verweis auf die Musterbedingungen des GDV ermöglicht ihm die Entscheidung des BGH auf der Grundlage der Quasideckung einen Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsvermittler geltend zu machen, ohne konkret vortragen zu müssen, bei welchem Versicherer er den entsprechenden Versicherungsschutz erlangt hätte. Dies stellt im Vergleich zu den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungspflicht des Geschädigten eine erhebliche Besserstellung des Versicherten im Versicherungsrecht dar.

Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow (Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht), Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Vermittler-Kongress in Hamburg

Auf dem Vermittler-Kongress am 06.02.2020 in Hamburg wird die Kanzlei Jöhnke & Reichow zum Bereich „Vermittlerrecht“ referieren. Im Rahmen der kostenlosen Weiterbildungsveranstaltung vermittelt die Kanzlei spannende rechtliche Themen.

Daneben berichten weitere Experten aus der Versicherungs- und Finanzanlagebranche über aktuelle Marktentwicklungen. Zur Agenda und Anmeldung.

Bilder: © Nomad_Soul  – stock.adobe.com (2) © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

LESEN SIE AUCH

junge frau in einem gespräch im bürojunge frau in einem gespräch im bürocontrastwerkstatt – stock.adobe.com
Marketing & Vertrieb

EU-Verordnung als Chance für Versicherer

Die EU-Verordnung zwingt Versicherer, sich mit dem steigenden Verbraucherinteresse an nachhaltigen Versicherungsprodukten auseinanderzusetzen. Dies ist eine Chance, diese Entwicklung selbst aktiv mitzugestalten und voranzutreiben.

Anzugtrager-Pfeil-positiv-276930609-AS-oatawaAnzugtrager-Pfeil-positiv-276930609-AS-oatawaoatawa – stock.adobe.com
Marketing & Vertrieb

Betriebliche Altersvorsorge in 2019 gewachsen

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Verträge in der der betrieblichen Altersversorgung um 150.000 gestiegen. Insgesamt gibt es nun rund 16,3 Millionen Verträge, wie aus „Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2020“ des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) hervorgeht.
Hand-mit-Telefon-aus-Laptop-225822053-FO-Sergey-NivensHand-mit-Telefon-aus-Laptop-225822053-FO-Sergey-NivensSergey Nivens / fotolia.com
Marketing & Vertrieb

EuGH: Online-Händler müssen nicht per Telefon erreichbar sein

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. verklagte Amazon, um feststellen zu lassen, dass das Unternehmen gegen seine gesetzliche Verpflichtung verstößt, dem Verbraucher effiziente Mittel zur Kontaktaufnahme zur Verfügung zu stellen, weil es die Verbraucher nicht in klarer und verständlicher Weise über seine Telefonnummer und seine Telefaxnummer informiert.
Anzugtraeger-Bargeld-174645451-FO-Teodor-LazarevAnzugtraeger-Bargeld-174645451-FO-Teodor-LazarevTeodor Lazarev / fotolia.com
Marketing & Vertrieb

BGH soll Honorarregeln für Versicherungsberater prüfen

Die Minerva KundenRechte GmbH stellt ein erfolgsabhängiges Honorar in Rechnung, wenn sich privatversicherte Verbraucher über einen neuen Krankenversicherungstarif beraten lassen. So bemisst sich das Honorar letztlich danach, wie hoch eine Ersparnis bei einem neuen Tarif ausfällt. Der der Bund der Versicherten e. V. (BdV) sieht dies als nicht sachgerecht für eine Versicherungsberaterin an.
Haende-Zahnraeder-496152252-AS-vegefox-comHaende-Zahnraeder-496152252-AS-vegefox-comvegefox.com – stock.adobe.com
Marketing & Vertrieb

Zurich Gruppe Deutschland und Postbank starten Kooperation

Die Partnerschaft eröffnet der Zurich Zugang zu rund 19 Millionen Kunden. Über den Vertriebskanal der Postbank werden banknahe Versicherungsprodukte wie die private und betriebliche Altersvorsorge sowie ausgewählte Protection-Lösungen angeboten.

Shower Head with Water Stream on Black BackgroundShower Head with Water Stream on Black BackgroundBillionPhotos.com – stock.adobe.com
Marketing & Vertrieb

Fugenschäden: Akquisechance oder Haftungsrisiko?

Als Versicherungsmakler, der Gebäudeversicherungsverträge vermittelt oder im Bestand hat, sollte die Entscheidung des BGH aufhorchen lassen! Den Prozessverlauf stelle ich Ihnen gleich noch ein wenig genauer dar. Das Ergebnis vorweg: Der BGH hat entschieden, dass die undichte Fuge bei einer Duschkabine keinen versicherten Leitungswasserschaden (mehr) darstellt. Denn die Duschkabine sei nach Auffassung des BGH eben keine „sonstige Einrichtung“ im Rohrleitungssystem, wie es die ...