Nachholbedarf bei Absicherung von Immobilien gegen Naturgefahren

Windsack-196655802-AS-by-studioWindsack-196655802-AS-by-studioby-studio – stock.adobe.com

Neben Sturm, Hagel, Schneelast und Hochwasser haben auch Waldbrände, Erdrutsche und Hitzetage in Deutschland in den zurückliegenden drei Jahrzehnten stark zugenommen und vermehrt Schäden an Immobilien verursacht.

Damit hat der Klimawandel konkrete Auswirkungen auf die Immobilien und ihre Wertentwicklung. Das ist ein zentrales Ergebnis der Studie „Naturgefahren und Immobilienwerte in Deutschland“, die Prof. Dr. Sven Bienert, IREBS International Real Estate Business School, auf Initiative der BF.direkt AG erstellt hat.

Auch wenn Elementarschadensversicherungen Schutz bieten, werden sie mittelfristig teurer werden. Indirekte Schäden durch Miet- und Nutzungsausfälle und erhöhten Materialverschleiß können kaum bis gar nicht versichert werden.

So muss die Immobilienwirtschaft zusätzlich zu den Maßnahmen zur Emissionsreduktion künftig auch stärker in die Widerstandsfähigkeit beziehungsweise Resilienz der Gebäude gegen Naturgefahren investieren.

Obwohl die Folgen der globalen Erwärmung auch hierzulande immer sichtbarer werden, wird bei vielen Immobilieninvestitionen und Immobilienfinanzierungen der Risikofaktor Klimaveränderung noch nicht beziehungsweise nicht ausreichend berücksichtigt.

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, dazu:

„Obwohl die Folgen der globalen Erwärmung auch hierzulande immer sichtbarer werden, wird bei vielen Immobilieninvestitionen der Risikofaktor Klimaveränderung nicht berücksichtigt. Meiner Meinung nach ist dies ein großer Fehler. Alle Aufmerksamkeit fokussiert sich derzeit auf das Thema ESG. Aber der Klimawandel ist nicht einfach eine Brüsseler Regulierung, die es zu erfüllen gilt, er wird à la longue konkrete Auswirkungen auf alle Immobilien haben. Daher freue ich mich, dass die Studie auch konkrete Handlungsoptionen aufzeigt.“

Regionale Unterschiede

Das Gefahrenpotenzial für Immobilien durch Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen ist in Deutschland regional unterschiedlich: Im Süden kommt es häufiger zu Starkregen, Hagelschlag und starken Schneefällen.

Waldbrände und Wasserknappheit infolge von Trockenheit treten überwiegend in den neuen Bundesländern, aber auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf.

Hochwassergefahren bestehen entlang der großen Flüsse und an der Küste können Sturmfluten große Schäden anrichten.

Institutionelle Immobilieninvestoren können entsprechende regionale Vorkehrungen treffen oder ihre Investitionsschwerpunkte an die regionale Gefahrenlage anpassen. Für den Einzelnen ist dagegen die Risikoexposition am Mikrostandort wichtiger, also das Gefahrenpotenzial innerhalb der Stadt, in der er seinen Lebensmittelpunkt hat.

Klimastudie-2020-BF-direkt-AGKlimastudie-2020-BF-direkt-AG

Bautechnische Lösungen gegen Naturgefahren

Eine fundierte Kosten-Nutzen-Abwägung von bautechnischen Lösungen gegen Naturgefahren ist allerdings schwierig: Die Prognosen zum Klimawandel und seinen Folgen sind mit Unsicherheiten behaftet und der Nutzen teurer bautechnischer Vorkehrungen zeigt sich teilweise unter Umständen erst in ferner Zukunft.

Preisentwicklungen sind hinsichtlich der Risikobewertung ebenfalls nur begrenzt aussagekräftig.

Prof. Dr. Sven Bienert erklärt:

„Der Markt tendiert dazu, Schäden, die in kürzeren Abständen auftreten, überzubewerten. Seltener eintretende Schadensfälle werden, auch wenn sie einen größeren Umfang haben, eher unterbewertet und mit der Zeit sogar vergessen oder ignoriert.“

Beispielsweise brachen die Immobilienpreise in Hochwassergebieten nach dem Hochwasserereignis deutlich ein, kehrten dann aber wieder auf das Ausgangsniveau zurück.

„Je kürzer aber die Abstände zwischen den Extremwetterereignissen werden – und das ist eine absehbare Entwicklung –, desto unwahrscheinlicher wird ein solcher Bounce Back.“

Risikofaktor Klima noch wenig beachtet

Insbesondere für institutionelle Immobilieninvestoren ist es bereits jetzt mehr Pflicht als Kür, sich mit physischen Klimarisiken professionell im Rahmen des Risikomanagements auseinanderzusetzen. Der Risikofaktor Klima wird allerdings in der Immobilienbranche zu wenig bedacht.

Francesco Fedele kommentiert:

„Kreditgeber und institutionelle Investoren sollten sich zunehmend mit der die Frage beschäftigen, welche Extremwetterereignisse für ihre Objekte ein Risiko darstellen und wie sie die Resilienz – also die Widerstandsfähigkeit – der Gebäude stärken können. Auf diese Fragen liefert die Studie auch erste Antworten: Beispielsweise empfiehlt die Studie eine regionale Einschätzung bei jeder Immobilie. Dabei soll das aus dem Klimawandel resultierende lagespezifische Risiko erfasst werden. Ein Beispiel für solche Risiken ist die Lage in einem Gebiet, das von Hochwasser bedroht ist oder das in den vergangenen Jahren häufig Schauplatz von Hagelereignissen war.“

Immobilienfinanzierung und Klimawandel

Laut einer Sonderumfrage von BaFin und Bundesbank haben knapp zwei Drittel der befragten Institute Klimarisiken bislang nicht in die Risikobewertung integriert, so Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung der IREBS Universität Regensburg. Eine Berücksichtigung der Klimarisiken müsse aber in allen Phasen des Kreditgeschäftes stattfinden. Denn Werthaltigkeit und Stabilität der Sicherheit „Immobilie“ spielten eine zentrale Rolle bei der Finanzierung.

Bei der Zinsgestaltung könnten laut Prof. Steffen Sebastian die Kreditinstitute beispielsweise das klimabezogene Risikomanagement des Kunden in Form von Zu- und Abschlägen miteinfließen lassen. Weitere Stellschrauben bei der Berücksichtigung des Klimarisikos seien Beleihungshöhe sowie die Kreditlaufzeit und geforderte Tilgungen.

Francesco Fedele erläutert:

„Die Finanzierungskonditionen werden sich in Zukunft stärker daran orientieren, ob und wie die Kreditnehmer die Risiken durch Extremwetterereignisse in ihren Immobilienprojekten berücksichtigen. Wer hier gut aufgestellt ist, wird in Zukunft bessere Finanzierungskonditionen bekommen.“

LESEN SIE AUCH

Erde-Netzwerk-285202917-AS-Sergey-NivensErde-Netzwerk-285202917-AS-Sergey-NivensSergey Nivens – stock.adobe.com
Assekuranz

So erleichtern Geodaten die Risikoabschätzung

Die Arbeit von Versicherungsunternehmen gleicht einem ständigen Balanceakt: Ihr Anspruch ist es, Produkte zu entwickeln, die rentabel sind, ihren Kunden aber gleichzeitig den bestmöglichen Service bieten. Die Risikoabschätzung spielt dabei eine wichtige Rolle, denn sie hält für beide Seiten das Gleichgewicht. Doch genau an dieser Stelle gibt es ein entscheidendes Problem, das von Jahr zu Jahr weiter wächst – und das ist der Klimawandel. Seine Folgen stellen eine risikoreiche Unbekannte dar und ...
businessman standing on a red arrowbusinessman standing on a red arrowra2 studio – stock.adobe.com
Assekuranz

Swiss Re erwartet anhaltende Wachstumsdynamik in der Schaden-Rückversicherung

Bedingt durch neue Risikopools und eine kontinuierliche Anpassungen der Prämiensätze dürfte der Nichtleben-Rückversicherungsmarkt in den nächsten zehn Jahren stärker wachsen als das BIP. Der Zehnjahresausblick für den Markt zeigt ein nominales Wachstum von etwa 5,4 Prozent pro Jahr.

Ein Hurricane über dem MeerEin Hurricane über dem MeerScheidle-Design – stock.adobe.com

70 Prozent der Naturkatastrophen-Schäden durch schwere Gewitter

Schwere Konvektivgewitter verursachten in der ersten Jahreshälfte 2023 weltweit versicherte Schäden in Höhe von 35 Mrd. US-Dollar und sind damit in nur sechs Monaten fast doppelt so hoch wie im Jahresdurchschnitt der vergangenen zehn Jahre (18,4 Mrd. US-Dollar).

A young woman with smartphone by the damaged car after a car accident, making a phone call.A young woman with smartphone by the damaged car after a car accident, making a phone call.Halfpoint – stock.adobe.com
Assekuranz

Kfz-Versicherung 2022: Rund 900 Mio. Euro Schaden

Für die deutschen Kfz-Versicherer war 2022 ein leicht unterdurchschnittliches Naturgefahrenjahr. Die Unternehmen zählten rund 10 Prozent weniger Sturm-, Hagel- und Überschwemmungsschäden als im langjährigen Durchschnitt.

Flut-876580-PB-LucyKaefFlut-876580-PB-LucyKaefLucyKaef – pixabay.com
Assekuranz

Sturm und Starkregen - wie sich Betriebe vor Naturgefahren schützen können

Extreme Wetterlagen sind in Deutschland keine Seltenheit mehr. Starkregen, Stürme und Überschwemmungen treffen immer häufiger Firmen. Die Schäden können gerade für kleine und mittlere Betriebe existenzbedrohend sein. Welche Maßnahmen Unternehmen treffen können, um sich dagegen zu schützen, und welche Absicherung im Notfall einspringt.

Anzugtraeger-Gewitter-Schirm-22898428-DP-RangizzzAnzugtraeger-Gewitter-Schirm-22898428-DP-Rangizzz
Assekuranz

Weitere Konditionsverbesserungen in der Schaden-Rückversicherung

Auch im laufenden Jahr belasten Naturkatastrophen sowie die andauernde Inflation die Versicherungsbranche und die dadurch weiter steigenden Wiederaufbau- und Reparaturkosten wirken sich erneut negativ auf deren Profitabilität aus. E+S Rück rechnet mit weiteren Preis- und Konditionsverbesserungen.