Erstmals KapMuG-Musterverfahren verglichen

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Mit nunmehr im Klageregister des Bundesanzeiger veröffentlichtem Beschluss des Oberlandesgerichtes (OLG) Frankfurt vom 20.01.2021, Az. 23 Kap 1/08, wurde das Musterverfahren gegen die heutige Aareal Beteiligungen AG, vormals Allgemeine Hypothekenbank Rheinboden (AHBR) bzw. Corealcredit Bank AG (Corealcredit Bank), beendet.

Dieser Vergleich wurde von der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbh (TILP) erstritten und ausgehandelt, die die Musterklägerin in diesem KapMuG-Verfahren vertreten hat.

Dem Vergleich vorausgegangen war ein Erfolg von TILP vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Juli 2018, der mit seinem sogenannten „Corealcredit Bank-Beschluss“ das Musterverfahren an das OLG Frankfurt zurückverwiesen hat.

Rechtsanwalt Peter Gundermann, Geschäftsführer von TILP, der das Musterverfahren auf Klägerseite angeführt hat, betont:

„Erstmals in der Geschichte des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) wurde ein Musterverfahren durch Vergleich beendet. Nach dem vom Gericht genehmigten Vergleich erhalten die klagenden Anleger bis zu 45 Prozent ihrer individuellen Klagforderungen ausbezahlt."

Das KapMuG wurde im November 2005 zur Bewältigung der von TILP initiierten Telekom-Anlegerklagen eingeführt und zum November 2012 reformiert. Mit der Reform wurde die Möglichkeit geschaffen, Musterverfahren durch Vergleich zu beenden, falls der Vergleich vom Gericht genehmigt wurde und weniger als 30 Prozent der klagenden Anleger ihren Austritt aus dem Vergleich erklären.

Im vorliegenden Corealcredit Bank-Musterverfahren hat keiner der Kläger einen Austritt aus dem Vergleich erklärt, damit ist es mit der Veröffentlichung des jetzigen Wirksamkeitsbeschlusses des OLG Frankfurt gemäß § 23 Abs. 2 KapMuG beendet.

Prozessgeschichte

Die Klage der von TILP vertretenen Musterklägerin wurde im Juni 2007 vor dem Landgericht (LG) Frankfurt a.M. eingereicht. Zentraler Gegenstand des von TILP initiierten KapMuG-Musterverfahrens war die Frage, ob die frühere AHBR und spätere Corealcredit Bank es im Jahr 2004 rechtswidrig unterlassen hatte, die Öffentlichkeit per Ad-hoc-Mitteilungen darüber zu informieren, dass sie beschlossen hatte, ihren Altvorstand wegen des Abschlusses existenziell gefährdender Derivatgeschäfte zu verklagen und dies dann auch tat. Schwerpunktmäßig ging es damit um den Vorwurf von Ad-hoc-Verstößen der früheren AHBR im Zusammenhang mit Derivategeschäften.

Das OLG Frankfurt entschied im Musterverfahren mit Musterentscheid vom 20.08.2014, Az. 23 Kap 1/08. Der BGH erlies seinen „Corealcredit Bank-Beschluss“ am 10.07.2018, Az. II ZB 24/14, und verwies das Musterverfahren an das OLG zurück.

Hintergrund

Die AHBR geriet 2001/02 mit der einsetzenden Immobilienkrise in Deutschland und Belastungen aus dem Derivatebestand sowie erhöhten Refinanzierungskosten in eine Schieflage, aus der sie sich trotz mehrfacher Rekapitalisierungen nicht selbst befreien konnte. Als Ende 2004 erneute Verluste drohten, wurde AHBR von der BaFin als systemrelevant eingestuft, die dringend eine weitere Rekapitalisierung forderte; daraufhin wurde der Verkaufsprozess der AHBR eingeleitet.

Am 25. Oktober 2005 wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass die Bausparkasse BHW, die bisher die unternehmerische Führung über AHBR ausübte, entgegen ursprünglichen Planungen losgelöst von den AHBR-Risiken an die Deutsche Postbank AG verkauft werden sollte. Es kam zu einer Zuspitzung der Krise, als der Pfandbriefmarkt daraufhin Zeichen der Beunruhigung zeigte und einzelne Wertpapiere nicht mehr gehandelt werden konnten.

Um die Liquidität des Pfandbriefmarktes sicherzustellen, musste AHBR nun unter Anleitung der BaFin durch einen Liquiditätsschirm in Höhe von 2,5 Mrd. Euro gestützt werden, den die fünf führenden deutschen privaten Großbanken kurzfristig zu gleichen Teilen zur Verfügung stellten. Im August 2007 firmierte die AHBR in Corealcreditbank um, im Juni 2015 in die heutige Aareal Beteiligungen AG.

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