Preisfalle Bankkonto - BGH verurteilt unzulässige Vertragsanpassungen

Paar-unzufrieden-Brief-102238878-AS-highwaystarzPaar-unzufrieden-Brief-102238878-AS-highwaystarzhighwaystarz – stock.adobe.com

Gestiegene Kontoführungsgebühren, neue Richtlinien für Datenerhebungen oder Änderungen der Depots: In den letzten Jahren haben sich Banken deutschlandweit bestimmte Klauseln ihrer AGB zunutze gemacht, um Vertragsanpassungen vorzunehmen.

Zwar informierten die Geldinstitute ihre Kunden schriftlich über anstehende Maßnahmen, zugleich sind sie jedoch bei einem ausbleibenden Widerspruch automatisch von einer Zustimmung ausgegangen. Unberechtigterweise, wie der Bundesgerichtshof nun in einem Verfahren gegen die Postbank (AZ: XI ZR 26/20) urteilte.

Doch was bedeutet das Urteil für Kunden anderer Kreditinstitute? Wie erkennen Kontoinhaber, ob sie betroffen sind? Und wie machen Geschädigte ihren Anspruch auf zu Unrecht gezahlte Gebühren geltend?

Markus Mingers, Anwalt für Bankrecht und Verbraucherrecht, Gründer und Inhaber der Mingers.Rechtsanwaltsgesellschaft, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um fälschlicherweise zu viel gezahlte Bankgebühren.

Gilt das BGH-Urteil für andere Geldinstitute?

Der Urteilsspruch richtet sich zwar allein gegen die Postbank, dennoch dürfte die Entscheidung die gesamte Branche beeinflussen. Denn für Kunden, die Konten bei anderen Geldinstituten besitzen, sollten sich ähnliche Optionen ergeben. Markus Mingers erklärt:

Das bedeutet: Liegt de facto keine Zustimmung von Kundenseite vor, könnten Forderungen gegenüber der Bank gestellt werden.

Ob und wie erfolgreich ein solches Unterfangen sei, hänge von den jeweiligen Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ab. Nichtsdestotrotz kann es sich lohnen, zu prüfen, ob eigene Ansprüche Bestand haben.

Markus-Mingers-2021-Mingers-RechtsanwaltsgesellschaftMarkus-Mingers-2021-Mingers-Rechtsanwaltsgesellschaft Markus Mingers, Rechtsanwalt, Mingers Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Besteht eine Verjährungsfrist?

Um potenzielle Rückerstattungen zu erhalten, gelte es, die Verjährungsfristen einzuhalten. Wie diese Zeiträume konkret ausfallen, stehe bisher nicht fest, da sie je nach Rechtsauffassung variieren könnten.

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale gehe beispielsweise von zehn Jahren aus. Unabhängig davon dürften Rückforderungen eine Gültigkeit für die letzten 36 Monate besitzen. Für 2021 bedeute das: Ansprüche könnten bis einschließlich 2018 geltend gemacht werden, so Mingers.

Wie setzen Geschädigte Rückforderungen durch?

Wer in den vergangenen Jahren Erhöhungen und Co. einfach hinnahm, könne dementsprechend von unzulässigen Änderungen betroffen sein, so der Anwalt. Mithilfe der AGB des jeweiligen Kreditinstituts lasse sich prüfen, ob Klauseln denen der Postbank ähneln.

Dort müsste unter anderem geschrieben stehen, dass Anpassungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kunden zwei Monate vor Änderung schriftlich zuteilwurden. Mingers betont weiter:

Es sollten die Inhalte darauf hinweisen, dass eine Zustimmung vorliegt, wenn Kunden innerhalb der festgelegten Frist keinen Widerspruch eingelegt haben.

Zusätzlich müsse es einen Verweis auf die Möglichkeit einer Sonderkündigung geben. Falls das eigene Kreditinstitut entsprechende Klauseln bereits entfernt habe, ändere dies nichts am Sachverhalt. Betroffenen stehe auch weiterhin fälschlicherweise zu viel gezahltes Geld zu.

Juristischen Rat würden Geschädigte von spezialisierten Kanzleien erhalten. Diese würden nicht nur Vertragsinhalte und deren Änderungen prüfen, sondern zugleich die veranschlagten Kontoführungsgebühren berechnen und sich anschließend für die Rechte ihrer Mandanten einsetzen, betont Mingers.

LESEN SIE AUCH

Senior couple use online banking on laptop planning family budgetSenior couple use online banking on laptop planning family budgetfizkes – stock.adobe.com
Finanzen

Faire Umsetzung des BGH-Urteils zu AGB-Änderungen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erwartet von Kreditinstituten, dass sie das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu unwirksamen Gebührenanpassungen beachten, alle notwendigen Schritte umgehend einleiten und dabei fair mit ihren Kundinnen und Kunden umgehen. Sie hat dazu eine Aufsichtsmitteilung veröffentlicht.
angry man paying bills as home with laptop and calculatorangry man paying bills as home with laptop and calculatorSB Arts Media – stock.adobe.com
Produkte

Inflation auch bei Bankgebühren: Jedes dritte Girokonto wurde im letzten Jahr teurer

Steigende Preise machen auch vor Bankkunden nicht Halt. Jedes dritte kostenpflichtige Girokonto in Deutschland wurde in den letzten 12 Monaten teurer. Ein Fünftel der Deutschen gibt mindestens 100 Euro im Jahr dafür aus und jeder Sechste verfügt über ein kostenfreies Konto.

Symbolbild - Gerichtsstreit mit Paragraph SymbolSymbolbild - Gerichtsstreit mit Paragraph Symbolfotomowo – stock.adobe.com
Finanzen

vzbv: Klage gegen Sparkassen wegen Bankgebühren

Die Sparkasse KölnBonn und die Berliner Sparkasse weisen Erstattungsforderungen für die von ihnen zu Unrecht erhobenen Gebühren zurück. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) plant, mit Musterfeststellungsklagen gegen diese Praxis vorzugehen und Verbraucher*innen so zu ihrem zu Recht verhelfen.
Iustitia-145766070-AS-BillionPhotos-comIustitia-145766070-AS-BillionPhotos-comBillionPhotos.com – stock.adobe.com
Finanzen

Zentraler Etappensieg gegen Telekom AG vor dem BGH

Der Bundesgerichtshof („BGH“) hat mit Beschluss vom 15.12.2020, Az. XI ZB 24/16, das DT 3-Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz („KapMuG“) gegen die Deutsche Telekom AG („DT“) in zentralen Punkten zu Gunsten der Anleger entschieden. Der
Anzugtraeger-Lupe-41512956-AS-Robert-KneschkeAnzugtraeger-Lupe-41512956-AS-Robert-KneschkeRobert Kneschke – stock.adobe.com
Finanzen

BaFin: Verbraucher sollen Prämiensparverträge prüfen

Da viele ältere Prämiensparverträge noch Zinsanpassungsklauseln enthalten, mit denen Kreditinstitute die zugesicherte Verzinsung einseitig abändern könnten, empfiehlt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Verbrauchern, ihre Prämiensparverträge sorgfältig zu überprüfen. Die
gavelgavel
Finanzen

Wirecard AG: BGH entscheidet über BaFin-Haftung

Der Bundesgerichtshof weist Nichtzulassungsbeschwerde eines Anlegers zurück und entscheidet, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Zusammenhang mit dem sogenannten "Wirecard-Bilanzskandal" nicht haftet.