Onlinevermittler muss Produktbewertung erklären

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Onlinevermittler unterliegen Transparenzpflichten. Dass dies auch auf das Zustandekommen von Produktbewertungen zutrifft, zeigt ein Streitfall vor dem Landgericht Leipzig. Dieses beanstandete eine Bewertungsangabe als unzulässig. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte einen Versicherungsmakler erfolgreich auf Unterlassung einer Bewertung auf dessen Vergleichsportal in Anspruch genommen.

Ein Kommentar von Jürgen Evers Rechtsanwalt EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht

Zur Begründung des Urteils Die Kammer führt in ihrer Urteilsbegründung aus, dass der Verband klagebefugt sei und aktivlegitimiert zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Verbot der Vorenthaltung wesentlicher Informationen.

Juergen-Evers-2019-Evers-Rechtsanwaelte[1]Juergen-Evers-2019-Evers-Rechtsanwaelte[1] Rechtsanwalt Jürgen Evers, Kanzleiinhaber Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht

Da der Verband als Verein in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen ist, könne er die begehrte Unterlassung von Sternebewertungen ohne Nennung der Bewertungskriterien auf der Internetseite eines Vergleichsportals von dessen Betreiber verlangen.

Das Verheimlichen wesentlicher Informationen und die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise gelte als  sogenannte Vorenthaltung im Sinne des § 5 a Abs. 2 UWG.

Wer also im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände Verbrauchern eine wesentliche Information vorenthalte, die diese benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, handele wettbewerbswidrig.

Dies gelte jedoch nur, wenn die  Informationsvorenthaltung geeignet erscheint, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sei auf den durchschnittlichen Verbraucher des angesprochenen Verbraucherkreises abzustellen. Verbraucher, die eine neue Haftpflichtversicherung suchen und hierzu eine Vergleichsseite im Internet nutzen, bezögen neben sachbezogenen Kriterien wie Beitragshöhe, Versicherungssumme, Selbstbeteiligung et cetera auch dortige Bewertungen für das jeweilige Versicherungsangebot beziehungsweise den  Versicherungsanbieter in ihre Entscheidungen ein.

Werde ein Bewertungssystem für Versicherungen auf einem Vergleichsportal zur Verfügung gestellt, so seien Informationen über dessen Ausgestaltung wesentlich im Sinne des § 5 a Abs. 2 UWG.

Eine sachliche Orientierung anhand von Bewertungen werde dem Verbraucher nur ermöglicht, wenn er Informationen darüber erhalte, wer die Bewertungen abgegeben hat und welche sachbezogenen Kriterien ihnen zugrunde liegen. Aus eigener Kenntnis könne das Gericht feststellen, dass es zumeist Verbraucher seien, die Produkte auf den Handelsplattformen bewerten.

Vergebe ein Makler in seinem eigenen Vergleichsportal selbst Sternebewertungen für die dargestellten Versicherungsprodukte seines Portfolios, sei die Information über das Zustandekommen der Bewertung für den Verbraucher wesentlich.

Werde weder beim Klick auf die Bewertungssterne noch beim Klick auf den Link „So werden Tipps ermittelt“ auf der Website eine Erläuterung geboten, auf welcher Grundlage die Bewertungen ermittelt werden, so halte der Makler den Verbrauchern wettbewerbswidrig diese wesentlichen Informationen vor.

Kläre der Betreiber nicht darüber auf, dass er über die Erlaubnis als Versicherungsmakler verfügt und die Bewertungen vor diesem Hintergrund vornimmt, so gebe er keinen Aufschluss über die Initiatoren der Bewertungen.

Dies gelte jedenfalls nach den Maßstäben des durchschnittlichen Verbrauchers der angesprochenen Verkehrskreise. Dass abweichend vom Regelfall ein Verbraucher ihm vorenthaltene wesentliche Informationen für seine Auswahlentscheidung nicht benötige und das Vorenthalten dieser Informationen den Verbraucher nicht zu einer anderen Entscheidung veranlassen könne, habe der Betreiber des Vergleichsportals darzulegen.

Seien keine besonderen Umstände ersichtlich, müsse grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher für eine informierte Entscheidung benötigt, auch geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.

Ein Verbraucher könne die auf einem Vergleichsportal angebotenen Versicherungen besser bewerten und vergleichen, wenn er sowohl über die Bewertungskriterien als auch den Kreis der Bewertenden informiert werde.

Lege der Betreiber demgegenüber nicht dar, dass Verbraucher nach den Umständen die ihnen vorenthaltenen wesentlichen Informationen für eine informierte geschäftliche Entscheidung nicht benötigen, sei die Sternebewertung lauterkeitsrechtlich zu beanstanden mit der Folge, dass der Makler sie unterlassen müsse.

Zudem stehe dem in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragenen Verein ein Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Aufwendungen für die Abmahnung des Maklers wegen des beanstandeten Verhaltens zu.

Kommentar

Im Ergebnis kann der Entscheidung zugestimmt werden. Die Kammer hat nicht weiter begründet, warum die Information über den Initiator und die angelegten Kriterien der Bewertung lauterkeitsrechtlich als wesentlich anzusehen ist.

Eine Information ist nicht schon dann wesentlich, wenn sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern erst dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen von dem Makler erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt.

Erwartet werden kann die Information, wenn sie zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Maklers gehört oder in sonstiger Weise für ihn verfügbar ist. Dabei ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, die einerseits das Interesse des Maklers berücksichtigt, eine Information nicht zu erteilen, und andererseits den zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand für die Beschaffung der Information, die für den Makler mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile sowie möglicherweise bestehende Geheimhaltungsbelange.

Dafür, dass Verbraucher der Bewertung erhebliches Gewicht für ihre Entscheidung beimessen, das Produkt zu wählen, spricht bereits, dass der Makler die Bewertung vorgenommen hat.

Denn es ist nicht davon auszugehen, dass er das sinnfrei macht. Da der Makler nach dem VVG eine Produktempfehlung gegenüber einem Kunden in der Beratungssituation unter Nennung der sie tragenden Gründe schuldet, kann von ihm auch ohne Weiteres erwartet werden, dass er die Kriterien nennt, die einer von ihm vorgenommenen abstrakten Bewertung des Tarifs entsprechen.

Aber auch die Mitteilung des Umstandes, dass die Bewertungen von ihm selbst, also dem die Website betreibenden Makler stammt, kann erwartet werden. Denn die angesprochenen Verkehrskreise könnten davon ausgehen, es handele sich um Bewertungen von Verbrauchern, sodass ein Bedarf an der Richtigstellung von Quelle und Qualifikation der Bewertung zur Vermeidung einer Fehlvorstellung der Verbraucher unabweisbar erscheint.

Deshalb erstreckt sich die Transparenzpflicht darauf, den Initiator, seinen Vermittlerstatus und die angewendeten Bewertungskriterien zu benennen.

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