Arbeitsunfähigkeit vor Berufsunfähigkeit

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Professionell agierende Vermittler wissen, dass die Vorsorgeberatung zur Absicherung der Arbeitskraft die Prüfung einer ausreichenden Absicherung des Arbeitsunfähigkeitsrisikos beinhalten muss. Die meisten Arbeitnehmer sowie viele Freiberufler und Selbstständige haben als pflicht- oder freiwillig gesetzlich Krankenversicherte einen – regelmäßig unzureichenden – Anspruch auf Krankengeld. Versorgungslücken kann eine Krankentagegeldversicherung schließen.

Ein Beitrag von Alexander Schrehardt, AssekuranZoom GbR

Bei der Einrichtung einer BU-Versicherung müssen somit die Wechselwirkungen zwischen Krankentagegeld- und BU-Versicherung berücksichtigt werden. Denn bei einem rückwirkenden Leistungsanerkenntnis des Lebensversicherers kommt es regelmäßig zur Rückforderungsansprüchen der privaten Krankenversicherer. Hier sind professionelle Tariflösungen gefordert, die diese und auch andere Stolperfallen entschärfen.

Jeder Berufsunfähigkeit geht eine zumeist längere Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person voraus. In der Alltagspraxis zeigt sich, dass der qualifizierten Absicherung des Arbeitsunfähigkeitsrisikos in vielen Vermittlerbüros nur die Rolle des ungeliebten Stiefkindes zukommt. Eine Unterlassungssünde mit unter Umständen höchst unangenehmen Folgen im Versicherungsfall. Vor allem Versicherungsmakler sollten in diesem Zusammenhang beachten, dass sie Kunden auf erkennbare Risiken hinweisen müssen. Sofern einem Kunden eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer höheren Rentenleistung vermittelt wird, muss der zukünftige Versicherungsnehmer sein Einkommen in den letzten drei Jahren vor der Antragstellung erklären und macht damit gegenüber seinem Versicherungsmakler konkrete Angaben zu seiner Einkommenssituation.

Krankengeld und die Versorgungslücke bei längerer Arbeitsunfähigkeit

Für in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Arbeitnehmer berechnet sich der Anspruch auf Krankengeld mit 70 Prozent des durchschnittlichen Brutto-, höchstens aber mit 90 Prozent des regelmäßigen Nettoeinkommens in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt einer leistungspflichtigen Arbeitsunfähigkeit.

Die Berechnung stellt dabei auf einen 30-Tage-Monat ab. Allerdings werden bei der Bemessung des Krankengeldanspruchs auch Sonderzahlungen des Arbeitgebers, zum Beispiel ein 13. Monatsgehalt, Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld, zeitanteilig berücksichtigt (Summe der Sonderzahlung im laufenden Monat : 360 Tage).

Für ein freiwillig versichertes Mitglied mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 6.000 Euro/Monat beträgt die Versorgungslücke bei Bezug von Krankengeld rund 50 Prozent. Im Beratungsgespräch sollte beachtet werden, dass freiberuflich und selbstständig tätige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung keinen generellen Anspruch auf Krankengeld haben, sondern mit einer Wahlerklärung auf eine (beitragspflichtige) Absicherung von Krankengeld optieren müssen.

Flankierende oder substitutive Krankentagegeldversicherung

Bei der Vorsorgeberatung zur Absicherung der Arbeitskraft sollte immer das Risiko einer längeren Arbeitsunfähigkeit angesprochen werden. Das Risiko der Arbeitsunfähigkeit ist jedem Kunden aus eigener Erfahrung bekannt und für die meisten Arbeitnehmer ist der Versicherungsfall mit einem Bezug von Krankengeld gerade einmal 42 Tage entfernt. Mit dem Aufzeigen der Versorgungslücke und dem Abschluss einer Krankentagegeldversicherung kann der Vermittler seine fachliche Expertise unter Beweis stellen und die Absicherung des Arbeitsunfähigkeitsrisikos auch als verlängerte Werkbank in Richtung der Vorsorgeberatung zur Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos nutzen.

Beim Abschluss einer Krankentagegeldversicherung ist zwischen einer flankierenden, das heißt einer den Krankengeldanspruch des Kunden ergänzenden, und einer substitutiven Krankentagegeldversicherung, zum Beispiel in Verbindung mit einer Krankheitskostenvollversicherung, zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass von Arbeitnehmern und auch einigen Freiberuflern sowie Selbstständigen auf Krankengeld, nicht aber auf Krankentagegeld Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abzuführen sind.

Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in den MB/KT 2009

Nach den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung ist ein Leistungsanspruch nur im Fall einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person gegeben. Sofern ein Versicherer diese Definition in seine Versicherungsbedingungen übernimmt, hat die versicherte Person im Fall einer Wiedereingliederungsmaßnahme nach langer Krankheit (§ 74 SGB V) nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11.03.2015, IV ZR 54/14) keinen Anspruch auf Krankentagegeld, während nach § 2 Abs. 2 Satz 1 AU-Richtlinie für versicherte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld auch für die Dauer einer Wiedereingliederungsmaßnahme besteht. Die Definition der Arbeitsunfähigkeit in den MB/KT 2009 hat für die privaten Krankenversicherer keine bindende Wirkung. Das bedeutet, der Versicherer kann seine Versicherungsnehmer besserstellen und seine Leistungspflicht auch für die (anteilige) Dauer einer Wiedereingliederung erklären.

Der Vermittler ist somit mit einer Prüfung der Definition einer leistungspflichtigen Arbeitsunfähigkeit in den AVB der von ihm angebotenen Tarife gut beraten. Sofern ein Versicherer in seinen AVB eine leistungspflichtige Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 MB/KT 2009 definiert, sollte der Arbeitnehmer auf den fehlenden Leistungsanspruch während einer Wiedereingliederungsmaßnahme nachweislich hingewiesen werden.

Allerdings hat die gesetzliche Krankenversicherung auch beim „Kinderpflegekrankengeld“ regelmäßig die Nase vorn. Sofern ein Kind des Versicherten, das sein zwölftes Lebensjahr noch nicht vollendet hat, aufgrund von Krankheit pflegerisch versorgt werden muss, haben Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Dauer von maximal zehn Arbeitstagen pro Kalenderjahr einen Anspruch auf Krankengeld; alleinerziehende Versicherte erhalten für maximal 20 Arbeitstage Krankengeld. Sofern der Versicherte mehrere Kinder hat, verlängert sich der Anspruch auf maximal 25 Arbeitstage/Kalenderjahr (zehn Arbeitstage/Kind) beziehungsweise für Alleinerziehende auf maximal 50 Arbeitstage/ Kalenderjahr. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des „Kinderpflegekrankengelds“ sind, dass sowohl der pflegende Elternteil als auch das erkrankte Kind Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung sind und keine andere im Haushalt des Versicherten lebende Person die pflegerische Betreuung übernehmen kann. Vor allem Eltern mit Kleinkindern wissen dieses Leistungsbenefit der gesetzlichen Krankenversicherung sehr zu schätzen.

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