Trendwende bei den Bauzinsen eingeläutet

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Erstmals seit Mai 2019 erreichen deutsche Staatsanleihen wieder positive Renditen. Auch die Zinsen für Immobiliendarlehen verteuern sich sichtbar. Im Jahresverlauf wird ein weiterer Anstieg des Bauzins erwartet.

Immobiliendarlehen sind aktuell sichtbar teurer geworden. Die Zinsen für zehnjährige Kredite haben im Januar von einem Prozent auf rund 1,15 Prozent zugelegt. Seit September sind die Konditionen damit insgesamt um 0,3 Prozentpunkte gestiegen. Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft bei Interhyp, Deutschlands größtem Vermittler privater Baufinanzierungen erklärt:

Immobilienkäuferinnen und -käufer mit Finanzierungsbedarf bekommen die Ankündigungen der Notenbanken zu spüren, die Geldpolitik zu straffen.

Nach einem deutlichen Anstieg der amerikanischen Staatsanleihen seien nun auch bei deutschen Bundesanleihen erstmals seit langem wieder positive Renditen erreicht. Da Staatsanleihen neben dem Leitzinsniveau ein wichtiger Indikator fürs Baugeld seien, gehe es auch beim Bauzins bergauf, so die Vorständin. Interhyp erwartet einen weiteren Anstieg der Zinsen im Jahresverlauf. Mohr prognostiziert:

Aufgrund des jüngsten Zinsanstiegs verbunden mit dem Ausblick auf weiter steigende Konditionen sehen wir eine Trendwende beim Baugeld eingeläutet.

Mohr rät dennoch nicht zu übereilten Finanzierungen: Im historischen Vergleich bleiben die Zinsen weiterhin noch niedrig. Vor zehn Jahren seien Konditionen von mehr als drei Prozent üblich gewesen.

Mit Blick auf Zinspolitik, Inflation und Konjunkturentwicklung hält Interhyp im Jahresverlauf 2022 einen weiteren Zinsanstieg um mehrere Zehntelprozentpunkte bei Immobiliendarlehen für wahrscheinlich. Dass dies auch die Meinung vieler Branchenkenner ist, geht aus dem jüngsten monatlichen Bauzins-Trendbarometer des Unternehmens hervor. Alle darin befragten Expertinnen und Experten gehen von höheren Zinsen im Jahresverlauf aus. Vor allem die hohe Inflation sowie die Hoffnung auf ein Ende der Pandemie und eine weitere Konjunkturbelebung verändern seit einigen Wochen die Stimmung an den Märkten.

BaFin Kapitalpuffer als Zinsauftrieb?

Ein weiterer, gewisser Zinsauftrieb ist laut Interhyp langfristig durch die jüngste Ankündigung der Finanzaufsicht BaFin möglich. Sie will Banken ab Februar 2023 wegen der stark gestiegenen Immobilienpreise anhalten, Immobiliendarlehen durch Kapitalpuffer besser abzusichern. In welchem Maß die Zinsen dadurch steigen werden, sei laut Interhyp aber offen. Banken und Käufer seien schon heute auf Sicherheit bedacht. Mirjam Mohr:

Nach unseren Erfahrungen und Zahlen finanzieren die Käuferinnen und Käufer in Deutschland seit jeher eher konservativ mit langen Zinsbindungen, hohen Tilgungen und eher viel Eigenkapital.

Interhyp beobachtet schon seit einigen Monaten, dass Kundinnen und Kunden, bedingt auch durch die Diskussionen um die Inflation, eher steigende Zinsen erwarten. Das zeige sich zum Beispiel an einem höheren Anteil an sogenannten Forward-Darlehen, über die Eigenheimbesitzer günstige Zinsen für die Zukunft festschreiben. Zudem sichern sich Käuferinnen und Käufer in der jüngeren Zeit wieder häufiger mit längeren Zinsbindungen ab, so Interhyp. Angesichts steigender Konditionen rät Interhyp Immobilieninteressenten mit Finanzierungsbedarf, Angebote zu vergleichen. Mirjam Mohr erklärt:

Kreditinstitute preisen Marktentwicklungen in verschiedener Geschwindigkeit ein. Sie geben Konditionserhöhungen unterschiedlich schnell weiter.

Käufer mit konkreten Objekten oder im fortgeschrittenen Finanzierungsprozess sollten eher vorhandene Angebote annehmen, als kurzfristig auf fallende Zinsen zu wetten. Forward-Darlehen und lange Zinsbindungen über 15 Jahren seien momentan sinnvolle Optionen, um sich günstige Zinsen für die Zukunft zu sichern.

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