Schadensersatzanspruch nach außerordentlicher Kündigung

selective focus of irritated man tearing paper in officeselective focus of irritated man tearing paper in officeLIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

Das LG Ravensburg hatte mit Urteil vom 26. November 2007 (Az.: 4 O 134/07) über die Anforderungen des Schadensersatzanspruch nach außerordentlicher Kündigung des Handelsvertretervertrages zu entscheiden.

Zwischen einem Versicherer und einem Versicherungsvertreter bestand ein Handelsvertretervertrag. Diesen Vertrag kündigte der Versicherungsvertreter zunächst ordentlich zum Ende März 2007. Infolge der Kündigung kam es zu einem Telefonat zwischen dem Versicherungsvertreter und einem Filialdirektor des Versicherers. Im Rahmen des Telefonats soll es zu Beleidigungen und Drohungen gekommen sein.

Im Anschluss an das Telefonat kündigte der Versicherungsvertreter den Handelsvertretervertrag nochmals außerordentlich. Als Begründung führt er an, dass aufgrund der Beleidigungen und Drohungen eine Fortführung des Vertretervertrages unzumutbar sei. Zudem habe sich der Versicherer nicht vertragstreu verhalten, da dieser eine Kontosperre nach der Kündigung verfügt habe. Daraufhin kündigte der Versicherer seinerseits den Handelsvertretervertrag außerordentlich. Als Grund wurde die unzulässige Kündigung des Versicherungsvertreters angeführt. Diese mache es dem Versicherer unzumutbar das Handelsvertreterverhältnis fortzusetzen.

Sodann begehrte der Versicherer vom Versicherungsnehmer Schadensersatz. Das LG Ravensburg hatte daher darüber zu entscheiden, welche Kündigungen zulässig und wirksam waren und ob aufgrund der Kündigungen ein Schadensersatz gem. § 89a Abs. 2 HGB besteht.

Entscheidung

Das LG Ravensburg (Az.: 4 O 134/07) betrachtete die außerordentliche Kündigung des Versicherungsvertreters als unwirksam. Die angeblichen Beleidigungen und Drohungen konnte seitens des Versicherungsvertreters nicht bewiesen werden. Das LG Ravensburg ging daher vom Fehlen eines wichtigen Kündigungsgrundes aus.

Die außerordentliche Kündigung des Versicherers war damit hingegen wirksam. Aufgrund der unzulässig ausgesprochenen fristlosen Kündigung des Versicherungsvertreters war der Versicherer berechtigt seinerseits die fristlose Kündigung auszusprechen. Das Vertrauensverhältnis war unwiderruflich Beeinträchtigt und die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar.

Darüber hinaus war der Versicherungsvertreter schadensersatzpflichtig gem. § 89a Abs. 2 HGB. Nachdem der Versicherungsvertreter die außerordentliche Kündigung erklärt hatte, hatte er seine Tätigkeit unmittelbar eingestellt und Reklameschilder und Werbeschriftzüge eines Konkurrenten in seinem Ladenlokal aufgestellt. Deswegen hat er dem Versicherer den Schaden zu ersetzen, welcher aus der rechtsgrundlos ausgesprochenen fristlosen Kündigung entstand.

Fazit

Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 29.04.2008 (Az.: 10 U 233/07) die erstinstanzliche Entscheidung des LG Ravensburg im Wesentlichen bestätigt. Dies zeigt, dass es regelmäßig erhebliche Auswirkungen auf die weiteren Rechte und Ansprüche der Parteien nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages (zum Beispiel Ausgleichsanspruch) hat, welche Partei das Handelsvertreterverhältnis aus welchem Grund gekündigt hat.

Vor einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages sollten daher die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung, insbesondere das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes, anhand des konkreten Einzelfalles geprüft werden. Andernfalls besteht unter anderem das Risiko, dass der andere Vertragsteil eine unwirksame Kündigung des Handelsvertretervertrages selbst zum Anlass einer eigenen außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages nimmt und dadurch versucht die weiteren Rechte und Ansprüche der Parteien zu seinen Gunsten zu verschieben.

LESEN SIE AUCH

Business woman throwing work papers in the air. Stress from workBusiness woman throwing work papers in the air. Stress from workterovesalainen – stock.adobe.com

Handelsvertreter: Außerordentliche Kündigung

Mit einer außerordentlichen Kündigung enden Handelsvertreterverträge sofort zu dem Zeitpunkt, zu dem diese der anderen Partei zugegangen ist. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Es wichtig, dass die Kündigungsgründe genau dokumentiert werden.

Anzugtraeger-entlassen-282592256-DP-AndrewLozovyiAnzugtraeger-entlassen-282592256-DP-AndrewLozovyi
Urteile

Fristlose Kündigung wegen Veränderung von Kundendaten

Das LG Erfurt hatte sich mit der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages durch einen Versicherer aufgrund willkürlicher Veränderungen und Löschungen von Kundendaten durch einen Handelsvertreter zu befassen.

Pfeile_Kreide-278473123-tadamichiPfeile_Kreide-278473123-tadamichi(1) tadamichi – stock.adobe.com (2) Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Assekuranz

Unternehmensumwandlung und die Gefahr der außerordentlichen Kündigung

Das LG Göttingen hatte mit Urteil vom 21.03.2007 (Az.: 5 O 247/06) über eine außerordentliche Kündigung bei Unternehmensumwandlung zu entscheiden.
Boxhandschuh-trifft-Anzugtraeger-210509807-AS-ra2-studioBoxhandschuh-trifft-Anzugtraeger-210509807-AS-ra2-studiora2 studio – stock.adobe.com  (2) © EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht
Recht

Krankenkasse darf nicht aufgrund der Wettbewerbsgrundsätze kündigen

Das OLG Celle hatte darüber zu entscheiden, ob eine Krankenkasse einem Vertreter fristlos kündigen darf, weil die Provision für die Mitgliederwerbung die nach den Wettbewerbsgrundsätzen zulässige Höhe überschreitet. Der Vertreter klagte auf Zahlung und erhielt Recht. 
Papier-Stift-Hand-176898429-FO-andranik123Papier-Stift-Hand-176898429-FO-andranik123andranik123 / fotolia.com
Marketing & Vertrieb

Außerordentliche Kündigung wegen Unterschriftenfälschung

Die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages ist nur unter hohen Voraussetzungen statthaft. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich mit Urteil vom 26.05.2017 (Aktenzeichen: 16 U 61/16) damit zu befassen, ob diese mit einer Unterschriftenfälschung erfüllt sind. Rechtsanwältin Riccarda-Katharina Graul, von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, fasst den Fall und das Urteil zusammen.
Happy young businessman talking on cell phone and using laptopHappy young businessman talking on cell phone and using laptopDrobot Dean – stock.adobe.com

Handelsvertreter: Pflichten während der Kündigungsfrist

Bei einer ordentlichen Kündigung besteht der Handelsvertretervertrag mitunter noch mehrere Monate, zum Teil sogar Jahre fort. Insbesondere ist der Handelsvertreter bis zur Beendigung des Vertrages an die Ausschließlichkeit gebunden. Es besteht also ein striktes Wettbewerbsverbot.