BaFin-Präsident: Finanzstabilität ist kein Selbstläufer

Money coins heap still balance and stop the falling domino, finaMoney coins heap still balance and stop the falling domino, finapatpitchaya – stock.adobe.com

Das deutsche Finanzsystem ist nach den Worten von Mark Branson stabil. Der Krieg in der Ukraine, der unermessliches menschliches Leid verursache, rufe aber ins Gedächtnis, dass Finanzstabilität kein Selbstläufer sei, führte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei der Jahrespressekonferenz der Behörde am 3. Mai 2022 in Frankfurt am Main aus.

Die direkten Auswirkungen des Kriegs und der gegen Russland und Belarus verhängten Sanktionen dürften – Stand jetzt – für das deutsche Finanzsystem zwar verkraftbar sein. Denn seine unmittelbaren Verflechtungen mit diesen Ländern und der Ukraine seien begrenzt. Problematisch könnten aber nach Ansicht Bransons die schwer einschätzbaren Zweit- und Drittrundeneffekte werden.

Branson erläutert, dass man aktuell sehe, wie der Krieg weltweit das Wirtschaftswachstum bremse, wie er Handelsbeziehungen störe, die Preise von Gas, Öl und anderen Rohstoffen in die Höhe treibe und wie er das Problem der Lieferengpässe verschärfe, unter denen auch die deutsche Wirtschaft seit Beginn der COVID-19-Pandemie leide. Und:

Wir sehen auch, wie infolgedessen die Inflation weiter steigt, was Zinsanhebungen immer wahrscheinlicher macht, auch in der Eurozone.

Die BaFin wisse zudem, dass die militärische, handelspolitische oder energiepolitische Lage jederzeit stark eskalieren könnte, woraufhin es unweigerlich zu Marktturbulenzen käme. Branson betonte, dass die BaFin auch das Schicksal der Menschen sehe, die in Deutschland Schutz suchen. Es sei der BaFin ein Anliegen gewesen, ihnen schnell und unbürokratisch zu helfen, indem die Eröffnung von Basiskonten erleichtert wurden, erklärte der BaFin-Präsident in seinem Eingangsstatement.

Risikoorientierte Aufsicht

Als Finanzaufsicht müsse man risikoorientiert agieren, konstatiert Branson. Die BaFin müsse versuchen, im Vorhinein zu erkennen, an welchen Stellen und unter welchen Bedingungen das Finanzsystem besonders verwundbar sei. Auf diese wichtigsten Risiken richte die BaFin ihren Fokus. Und weil sie ihre Arbeit transparent machen wolle, werde sie ihre Risikoeinschätzung nun jedes Jahr veröffentlichen.

Es sind vor allem sechs kurzfristige Risiken und zwei Zukunftsrisiken, mit denen sich die BaFin derzeit, zusammen mit den kurzfristigen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, prioritär befasst:

  1. Das seit langem niedrige Zinsniveau und das inflationsbedingt steigende Zinsänderungsrisiko,
  2. die Risiken auf den Immobilienmärkten,
  3. das Risiko signifikanter Bewertungskorrekturen,
  4. die Gesundheit von Unternehmenskredite-Portfolien,
  5. das Risiko, dass Unternehmen des Finanzsektors Opfer von Cyberangriffen werden, und
  6. das Risiko, dass diese Unternehmen zu Geldwäschezwecken missbraucht werden.

Die Zukunftsrisiken für den Finanzsektor sind: Risiken der Digitalisierung und Nachhaltigkeitsrisiken.

Zum Ende seines Statements ging der BaFin-Präsident auf die Gründung der BaFin ein: Vor etwas mehr als 20 Jahren, am 1. Mai 2002, sei die BaFin gegründet worden – als integrierte deutsche Finanzaufsicht. Die Behörde war damals aus den drei Bundesaufsichtsämtern für das Kreditwesen (BAKred), für den Wertpapierhandel (BAWe) und für das Versicherungswesen (BAV) hervorgegangen.

Für einen größeren Festakt mit ausführlicher Retrospektive sei nicht die richtige Zeit, sagte Branson. Jetzt müsse man erst einmal zeigen, was in der BaFin steckte, so Branson. Die Erwartungen seien zu Recht hoch.

Am 3. Mai 2022 hat die BaFin auch ihren BaFin - Jahresberichte - BaFin-Jahresbericht 2021 veröffentlicht. Der digitale Bericht ist auf der Website der BaFin abrufbar.

LESEN SIE AUCH

Economic growthEconomic growth
Finanzen

Deckungsgrad von Pensionsplänen auf Rekordhoch

Das Pensionsvermögen der DAX 40-Unternehmen legte 2023 um 22 Mrd. Euro zu während gleichzeitig der Wert der Pensionsverpflichtungen um 23 Mrd. Euro stieg. Dies führt dazu, dass der Deckungsgrad mit 81 Prozent erneut einen historischen Höchststand erreicht.

wooden signwooden sign
Wirtschaft

Erster Silberstreif am Horizont für die deutsche Konjunktur

2024 dürfte die deutsche Wirtschaft zu einem moderaten Realwachstum von 0,6 Prozent zurückkehren. Vor allem eine Wiederbelebung der privaten Kaufkraft stützt die Konjunktur. Die Konsumerholung wird allerdings etwas später einsetzen als bisher angenommen.

Prozent-101676132-AS-Sergey-NivensProzent-101676132-AS-Sergey-NivensSergey Nivens – stock.adobe.com
Finanzen

BaFin richtet Fokus zunehmend auf Zinsänderungsrisiken

Sechs Risiken, die die Finanzstabilität und die Integrität des deutschen Finanzsystems am meisten gefährden könnten, hat die BaFin in ihrem Bericht „Risiken im Fokus der BaFin“ identifiziert. Als größtes Risiko für den Finanzsektor gilt für die Aufsicht ein neuerlicher Zinsschock.

China-Candlesticks-535170835-AS-Pixels-HunterChina-Candlesticks-535170835-AS-Pixels-HunterPixels Hunter – stock.adobe.com
Finanzen

Chinesisches Neujahr markiert die Rückkehr zur Normalität

China hat früher als erwartet "wiedereröffnet". Und obwohl die Corona-Infektionsraten in den meisten Städten ihren Höhepunkt erreichen, was sich kurzfristig auf die Wirtschaftstätigkeit auswirkt, kann damit gerechnet werden, dass sich die Wirtschaft schneller erholt als prognostiziert.

Anzugtraeger-Glaskugel-Diagramm-265327819-AS-jirsakAnzugtraeger-Glaskugel-Diagramm-265327819-AS-jirsakjirsak – stock.adobe.com
Finanzen

Aussicht auf moderates Wachstum bei moderater Inflation

Die Anzeichen für einen nachlassenden Inflationsdruck sind inzwischen an vielen Stellen erkennbar: Sowohl Lieferketten als auch Rohstoff- und US-Immobilienpreise stabilisieren sich. Und für 2024 wird ein positives Wirtschaftswachstum erwartet.

Safety and life insurance conceptSafety and life insurance conceptGajus – stock.adobe.com
Finanzen

BaFin stellt Strategie für Verbraucherschutz vor

Die Verbraucherschutzstrategie umfasst vier inhaltliche Schwerpunkte: Den Ausbau des Markt-Monitorings, die Intensivierung der vorausschauenden und mutigen Aufsicht, die Stärkung der Finanzkompetenz der Verbraucher und die Ausweitung von Kooperationen im Verbraucherschutz.