Deutsche Unternehmen unter hohem Innovationsdruck

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Deutsche Unternehmen sind bereits verstärkt mit den Folgen des um sich greifenden Konjunkturabschwungs konfrontiert und auch die Zahl von Insolvenzen dürfte zunehmen. Um dem steigenden Druck im hart umkämpften Wettbewerb dauerhaft standhalten zu können, ist ein nachhaltiger Transformationsprozess der deutschen Wirtschaft notwendig.

Akute Mängel bei der Digitalisierung müssen behoben, Prozessoptimierungen verstärkt und neue Absatzmärkte entwickelt werden. Dies geht aus einer aktuellen Studie der Managementberatung Atreus hervor, die im Zeitraum vom 1. bis zum 17. Juni 2022 rund 1.000 Spitzenführungskräfte - darunter Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte und Interim Manager aus verschiedenen Branchen - befragt hat.

Die Ergebnisse zeigen, dass die deutsche Wirtschaft sehr stark mit den derzeitigen Belastungen wie Energieversorgung, Inflation, Krieg in der Ukraine und Lieferkettenproblemen zu kämpfen hat. Gleichzeitig wird deutlich, dass eine verstärkte Innovationsdynamik für notwendige Veränderungen und Anpassungen im Fokus von hiesigen Unternehmen steht.

So gibt eine klare Mehrheit von knapp zwei Dritteln der Befragten an, dass die Krise mit Innovationen und neuen Geschäftsmodellen den Umbauprozess beschleunigt. Über die Hälfte sieht die technologische Weiterentwicklung mit starker Einbindung von Sensorik, Software und Künstlicher Intelligenz als Haupttreiber für Unternehmen, sich im globalen und nationalen Wettbewerb erfolgreich positionieren und behaupten zu können.

Wirtschaft stärken und Initiative zurückgewinnen

Es werde deutlich, dass der Kostendruck auf die Unternehmen extrem gestiegen sei. Dazu kommen noch Unsicherheiten in Bezug auf die Rohstoff- und Energieversorgung sowie einen stetig wachsenden Fachkräftemangel, der deutsche Unternehmen ausbremse, verdeutlicht Dr. Christian Frank, Leiter der Solution Group Maschinen- und Anlagenbau bei Atreus, unter dessen Federführung die Studie umgesetzt wurde.

Die Politik sei gefordert, diese wirtschaftlich schwierige Situation für Unternehmen und insbesondere den Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft mit Feingefühl und sehr guten Rahmenbedingungen zu unterstützen und zu fördern, unterstreicht Frank. Entlastung für Unternehmen müsste seines Erachtens konjunkturpolitisch das Wort der Stunde sein.

In den kommenden 12 Monaten sind die Aussichten für die deutsche Wirtschaft nach Ansicht der Befragten düster. Fast die Hälfte erwartet, dass es mit der Konjunktur abwärts geht, knapp 10 Prozent sehen gar eine Rezession auf Deutschland zurollen. Besonders betroffen von den Problemen sind die Automotive-Branche sowie der Maschinen- und Anlagenbau. Aber auch Sektoren wie Handel und Konsumgüter oder Chemie- und Pharmaindustrie blicken pessimistisch in die Zukunft. Weniger tangiert dürften dagegen das Luftfahrt- und Tourismus-Segment sowie die IT-Branche sein.

Anstieg von Insolvenzen trotz aktiver Unternehmenssteuerung

Die Unternehmen seien alarmiert und steuern aktiv und verantwortungsbewusst gegen die aktuelle Krise an. Notwendige Transformationsprozesse und auch verstärkte Digitalisierungsanstrengungen stehen ganz oben auf der Agenda, neben den dringenden Aufgaben der Energieversorgung und der Einkaufsseite, erläutert Tibor Reischitz, Direktor und Restrukturierungsexperte bei Atreus.

Ungeachtet dessen gehen fast zwei Drittel der Befragten von einem zumindest leichten Anstieg der Unternehmenspleiten in Deutschland aus. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass eine große Mehrheit der Unternehmen keinerlei Erfahrung mit dem 2020 eingeführten Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) hat, das unter gleichzeitiger Umsetzung der EU-Restrukturierungsrichtlinie in Deutschland das dem Insolvenzrecht nahestehende Restrukturierungsrecht grundsätzlich regelt. Die zunehmenden Insolvenzen gründen sich in erster Linie auf Kostenexplosionen, veralteten Geschäftsmodellen, einem hohen Überschuldungsgrad sowie Umsatzeinbrüchen.

Transformationsdruck und Digitalisierung

Nach wie vor wird der schlechte Digitalisierungsgrad bei deutschen Unternehmen als Belastung gesehen: Rund ein Drittel der Befragten sieht Deutschland gegenüber anderen Nationen wie USA, China und den skandinavischen Staaten abgehängt. Allerdings sehen mehr als 44 Prozent zwar große Defizite in Sachen Digitalisierung, aber auch schon gute Aufholprozesse und erste Initiativen in die richtige Richtung.

Die Automotive-Branche, der Maschinen- und Anlagenbau sowie die Chemie- und Pharmaindustrie stehen beim Transformationsprozess vor den größten Herausforderungen, wie die Atreus Studie zeigt. Auch Handel und Dienstleistungen sowie die IT-Branche müssen weiter verstärkte Anstrengungen unternehmen, um ihre wirtschaftliche Gesamtentwicklung zu stabilisieren.

Die Lieferketten-Problematik und der Preis- und Kostendruck gehören zu den wichtigsten Treibern der notwendigen Transformationsentwicklung. Nachhaltigkeitsthemen (ESG) sowie der Ukraine-Russland-Krieg spielen beim Umbau der Unternehmen dagegen nur eine relativ kleine Rolle.

Die vollständigen Studienergebnisse finden Sie hier im PDF zum Download.

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