Überregulierung behindert Aktienkultur

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Die Aktienkultur in Deutschland entwickelt sich weiter. So sind nach einer Befragung des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) derzeit mehr als ein Drittel der Bürger (36,5 Prozent) im Besitz aktienbasierter Geldanlagen (Einzelwerte, Aktienfonds oder fondsgebundene Lebensversicherungen mit Aktienfonds). Vor 6 Monaten waren es noch 32,5 Prozent.

Zumindest in der Breite haben Aktien in diesem Jahr bislang wenig Freude bereitet, so Michael Heuser, Professor der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) und Wissenschaftlicher Leiter des DIVA. Die Bürger lassen sich davon nicht beeindrucken. Die meisten haben seines Erachtens inzwischen verstanden, dass es auch wieder aufwärts gehen werde und ein ständiges „Rein-Raus-Rein“ eher zu Verlusten als zu Gewinnen führe. Die Aktienkultur in Deutschland sei also auf einem guten Weg.

Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Vermittlerverbands VOTUM, eines von vier Trägerverbänden des DIVA, unterstreicht dabei die Rolle der Berater in der Finanzbranche. Die Bürger entwickeln seit geraumer Zeit ein Bewusstsein für die Zinsproblematik. Auch die Strafzinsen auf Einlagen haben viele aufgeschreckt. Hinzu komme die hohe Inflation, die alle beunruhige.

Die 100.000 an VOTUM-Mitgliedsunternehmen angebundenen Vermittler werden deshalb von ihren Kunden immer häufiger aktiv nach Wegen aus der Zins-Inflations-Falle gefragt. Langfristig orientiertes und ratierliches Sparen mit Fondssparplänen oder fondsgebundenen Lebensversicherungen sei dann meist der Königsweg, so Klein.

Die DIVA-Umfrageergebnisse untermauern diese Einschätzung: Immerhin 69,1 Prozent der befragten Bürger erachten eine Beratung für notwendig, wenn es um aktienbasierte Geldanlage geht, knapp die Hälfte davon vor allem bei anspruchsvollen und langfristigen Anlagen. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass bei kurzfristig orientierten, dann vermutlich spekulativ geprägten Aktienkäufen Trading-Apps und der Online-Handel eine zunehmende Rolle spielen. Heuser sieht in den Umfrageergebnissen einen Trend:

Beim Anlegerverhalten ändert sich etwas. Die Menschen in Deutschland werden börsenaffiner.

Deshalb müsse man hinter aktuelle politische Diskussionen, nach denen die Menschen über Bürgerfonds, Staatsfonds oder eine Deutschlandrente zum aktienbasierten Sparen gesetzlich gezwungen werden sollen, große Fragezeichen setzen.

Die Politik laufe hier der aktuellen Entwicklung hinterher, so Klein. Längst sei bei vielen Bürgern angekommen, dass die langfristige Geldanlage auf dem Girokonto oder auf dem Sparbuch keinen Sinn mache und stattdessen aktienbasiert gespart werden sollte. Dazu bedürfe es keines staatlichen Zwangs und schon gar keines Staatsfonds. Der Verbands-Vorstand konstatiert:

Besser wäre es, wenn die Berater der Finanzbranche nicht durch immer mehr Regulierung in ihrer Arbeit behindert würden.

Zwei Drittel der Beratungszeit gehen bereits mit dem Ausfüllen von Formularen und dem Erklären von Kleingedrucktem verloren. Nicht selten nehme der Kunde dann vom Vertragsabschluss sogar Abstand, weil die Sache völlig verkompliziert werde, berichtet Klein. Was VOTUM sich im Interesse einer wachsenden Aktienkultur wünsche, wäre ein radikaler Rundumschlag gegen Bürokratie und eine staatliche Förderung des Aktiensparens, zum Beispiel mit Freibeträgen auf Kursgewinne und Dividenden nach dem 60. Lebensjahr.

Letzteres untermauert auch die Umfrage: 42,3 Prozent der Befragten wünschen sich staatliche Förderung für das langfristige Aktiensparen, und 34,3 Prozent plädieren für eine Abschaffung der Abgeltungssteuer.

Die Umfrage ist Teil der aktuellen Sommer-Ausgabe des Deutschen Geldanlage-Index (DIVAX-GA). Dazu befragte INSA-CONSULERE im Auftrag des DIVA ca. 2.000 Personen in Deutschland.

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