Stimmungslage unter den Versicherern erreicht Tiefpunkt

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Aufgrund der Energiepreiskrise als Folge des Ukrainekrieges sowie einer anhaltend hohen Inflation blickt die auch die deutsche Versicherungsbranche mit Sorge auf die nächsten zwölf Monate. Dies ist ein Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie und Handelskammertags (DIHK) unter mehr als 24.000 Betrieben.

Ein Beitrag von Caroline Klingelhöfer, Senior-Analystin Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH

Laut Aussage der Konjunkturforscher waren im Zuge der Untersuchung, welche die DIHK drei Mal jährlich durchführt, noch nie so wenig Unternehmen optimistisch gestimmt wie in diesem Herbst. Über alle Branchen hinweg erwarten mit 52 Prozent mehr als die Hälfte der Befragungsteilnehmer in den kommenden zwölf Monaten einen Geschäftsrückgang. Wir haben uns im Zuge der jüngsten DIHK-Untersuchung die Zahlen der Versicherungs­branche genauer angeschaut.

Auch die Stimmungslage unter den 90 teilnehmenden Versicherungsunternehmen erreicht in der aktuellen DIHK-Umfrage ihren Tiefpunkt. Wenngleich die Versicherer etwas optimistischer sind als die übrigen Branchen, gehen dennoch 40 Prozent der Befragungsteilnehmer von rückläufigen Geschäften aus. Lediglich 8 Prozent erwarten, dass sich ihre wirtschaftliche Situation verbessert. Allerdings offenbaren sich zwischen den Sparten recht große Unterschiede.

Insbesondere die teilnehmenden Lebensversicherer blicken pessimistisch ins kommende Jahr, wobei sich lediglich 12 Gesellschaften dazu geäußert haben. Die geringe Teilnahme und auch das Ergebnis sind auf den ersten Blick überraschend, ist doch das Zinsniveau nach Jahren des herausfordernden Niedrigzinsumfeldes im Jahr 2022 deutlich angestiegen und die Neu- und Wiederanlage der Kapitalanlagen gewinnt an Attraktivität.

Darüber hinaus sorgt auch die erstmals seit 15 Jahren zu beobachtende steigende Überschussbeteiligung bei einzelnen Anbietern für positive Aufmerksamkeit in den Medien. Infolge der wachsenden Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) nämlich ihre lockere Geldpolitik aufgegeben und den Leitzins in mehreren Schritten auf 2,0 Prozent (Stand: November 2022) angehoben. Die Notenbanker haben sogar bereits weitere Zinsschritte angekündigt.

Obwohl die Zinswende eine deutliche Entlastung für die Lebensversicherer bedeutet, scheint die Sorge vor einem weiteren Wirtschaftseinbruch und den damit verbundenen Risiken durch Storno, Konsum- und Anlagezurückhaltung zu dominieren. Infolgedessen liegt die Geschäftserwartung der Lebensversicherer in der Herbstumfrage 2022 auf dem Tiefpunkt.

Vier von fünf Lebensversicherern gehen davon aus, dass sich ihre Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten verschlechtern werden. Kein Befragungsteilnehmer geht von einer Verbesserung der Wirtschaftslage aus. Ob die Stimmungslage bei der Mehrheit der nicht-teilnehmenden Lebensversicherer besser ausfallen würde, darf in Anbetracht der krisendurchzogenen Rahmenbedingungen bezweifelt werden.

Zwar stellt dich das Stimmungsbild In der Schaden-/Unfallversicherung nicht ganz so negativ dar, aber auch hier hegen die 41 Befragungsteilnehmer aktuell deutlich niedrigere Geschäftserwartungen als noch zuvor. Während zu Jahresbeginn noch 25 Prozent der Unternehmen von besseren Geschäften ausgingen, waren es im Herbst nur noch 4 Prozent.

Infolge der anhaltend hohen Inflation und der damit verbundenen Kostenentwicklung blicken hier 36 Prozent besorgt in die Zukunft. Neben steigenden Schadenzahlungen dürften auch höhere Rückversicherungskosten in vielen Zweigen der Schaden-/Unfallversicherung deutliche Preisanstiege nach sich ziehen, was sich belastend auf die Versicherungsnachfrage von Kunden auswirken kann.

Hierzu passt es, dass die Versicherungswirtschaft insgesamt neben dem Fachkräftemangel vor allem die Inlandsnachfrage als großes Geschäftsrisiko einstuft, nachdem in den vergangenen Jahren vor allem die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen das Sorgenkind der Branche waren.

Weitere Auswertungen zur Versicherungswirtschaft auf Basis der aktuellen DIHK-Umfrage finden Sie hier.

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