Stürzt Deutschland durch eine Bankenkrise in die Rezession?

One hundred euro banknote. Euro money macro close-up. IndividualOne hundred euro banknote. Euro money macro close-up. IndividualEmvats – stock.adobe.com

Die Silicon Valley Bank ist insolvent, mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sind die Probleme längst in Europa angekommen. Neue Modellsimulationen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen, welche Auswirkungen eine umfassende Bankenkrise auf Deutschland hätte. Das reale BIP würde in diesem Jahr um ¼ Prozent schrumpfen. Die USA würden 2024 in eine Rezession schlittern.

Die Insolvenz der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse haben die Finanzmärkte durchgerüttelt und bei vielen böse Erinnerungen an die globale Finanzmarktkrise 2008 geweckt. Seit Anfang Februar sind die Kurse an den weltweiten Aktienmärkten um fünf Prozent gefallen, allein die Aktienkurse von Banken im Euroraum sanken um zwölf Prozent.

Katharine-Neiss-2023-PGIM-Fixed-IncomeKatharine-Neiss-2023-PGIM-Fixed-IncomePGIM Fixed Income

IW-Wissenschaftler haben simuliert, welche Folgen eine Bankenkrise auf Deutschland und die USA hätte. Das preisbereinigte BIP in Deutschland würde demnach in diesem Jahr nicht um ¼ Prozent wachsen, wie die aktuelle IW-Konjunkturprognose annimmt, sondern um denselben Betrag schrumpfen. Für das kommende Jahr ergibt die Simulation sogar eine um zwei Prozent geringere Wirtschaftsleistung für Deutschland ebenso wie für die USA – eine Bankenkrise würde beide Länder im kommenden Jahr in eine Rezession stürzen.

Haushalte konsumieren, Unternehmen investieren weniger

Für die Bürger würde sich eine Bankenkrise im Portemonnaie bemerkbar machen. Wer Geld in Form von Aktien anlegt, hätte aufgrund von Kursverlusten weniger Erspartes. Und wer im Zuge der fallenden Kurse jetzt verkauft, schmälert sein verfügbares Einkommen. Insgesamt würden die Deutschen 2023 um 0,4 Prozent weniger konsumieren, 2024 sogar um 2,2 Prozent weniger. Für Unternehmen würde vor allem die Kreditvergabe zum großen Problem werden: Während die Investitionen 2023 nur um rund ein Prozent fallen würden, wären es 2024 bereits knapp sechs Prozent. Vor allem die Wohnbauinvestitionen im bereits angeschlagenen Immobiliensektor würden einbrechen. Die negativen Effekte wirken sich also mit Verzögerung vor allem im kommenden Jahr aus.

Zinspolitik auf den Prüfstand stellen

Um die Inflation in den USA und in Europa zu bekämpfen, haben die Zentralbanken die Leitzinsen mit hoher Geschwindigkeit angehoben. Nun wird deutlich, dass einige Banken von der straffen Geldpolitik überfordert sind. Sie geraten in Schwierigkeiten, noch bevor die Inflationsbremsen der Zentralbanken richtig greifen. „Die ohnehin schon eingetrübten Konjunkturaussichten haben sich durch eine drohende Bankenkrise weiter verschlechtert“, sagt Studienautor Thomas Obst.

Der Druck auf die Zentralbanken wächst. Es wird Zeit, dass sie die bisherige Zinspolitik auf den Prüfstand stellen und eine Ansteckungsgefahr auf die Gesamtwirtschaft unterbinden. Die entscheidende Frage wird sein, ob die Geldpolitik dabei weitere Zinserhöhungen vornehmen kann, ohne die Finanzmarkstabilität zu gefährden.

Zur Methodik: Das Global Economic Model von Oxford Economics rechnet für die Simulation der Bankenkrise mit Kursverlusten an den globalen Aktienmärkten, schlechteren Kreditbedingungen für Unternehmen und Vermögensverlusten. Letztere wiederum dämpfen den privaten Konsum bei den Haushalten. Anschließend werden die Ergebnisse mit dem sogenannten Basisszenario, also einer Simulation ohne Bankenkrise, verglichen.

LESEN SIE AUCH

Stressed businessman feeling desperate on crisis stock marketStressed businessman feeling desperate on crisis stock marketCreativa Images – stock.adobe.com
Finanzen

Die Fed, die EZB und der Beinahe-Crash der Banken

Die Spannungen bezüglich der US-Regionalbanken, die SVB-Pleite und die Übernahme der Credit Suisse als Ansteckungspunkt in Europa sind eine indirekte Folge und ein unerwünschter Nebeneffekt im Kampf gegen die Inflation, den Fed und EZB um jeden Preis führen wollten.

Franklin-Dollar-426163261-AS-megafloppFranklin-Dollar-426163261-AS-megafloppmegaflopp – stock.adobe.com
Finanzen

Die Märkte unterschätzen die Auswirkungen der Inflation

Immer mehr Marktteilnehmer erwarten für 2023 eine deutlich sinkende US-Inflation, die sich im Laufe des Jahres wieder an das zwei Prozent-Ziel der Fed annähert. Doch sollte das Gewicht der Energiekrise bei den Inflationsprognosen nicht unterschätzt werden.

Die Macht der EZBDie Macht der EZBbluedesign – stock.adobe.com
Finanzen

Geldpolitik: Aktuell kein Handlungsdruck für die EZB

Die EZB fährt einen riskanten Kurs. Um die Inflation einzudämmen, hat sie die Leitzinsen mehrfach deutlich erhöht. Das gefährdet Konjunktur, Beschäftigung und Klimaziele. Weitere Erhöhungen – wie angekündigt - bergen angesichts der Trends bei der Preisentwicklung eher unnötig Risiken.

Financial Stability concept. Man holding coin in the coins stack.Financial Stability concept. Man holding coin in the coins stack.Vitalii Vodolazskyi – stock.adobe.com
Finanzen

Neue Risse im Banken- und Finanzsystem belasten die Märkte

Vordergründig hat die Pleite der SVB mit den Problemen der Credit Suisse wenig zu tun. Doch die Ereignisse zeigen, dass das Banken- und Finanzsystem zunehmend unter dem zügigen Zinsanstieg leidet. Ein geldpolitisches „weiter so“ könnte daher unerwünschte Verwerfungen nach sich ziehen.

Waehrungen-145967725-AS-William-W-PotterWaehrungen-145967725-AS-William-W-PotterWilliam W. Potter – stock.adobe.com
Finanzen

Wege aus der Vielfachkrise – Ausblick auf 2023

2022 ist gezeichnet von vielzähligen Krisen, die auch die Finanzmärkte beeinflussen. Zudem vollziehen viele Notenbanken einen geldpolitischen Kurswechsel. Mit welchen Trends Investoren in diesem Umfeld anhaltender Volatilität und zunehmend angespannter Liquidität rechnen sollten.

Anzugtraeger-Boerse-191922752-DP-peshkovaAnzugtraeger-Boerse-191922752-DP-peshkova
Finanzen

Festverzinsliche Wertpapiere sind wieder zurück im Spiel

Trotz anhaltender Unsicherheiten haben die verbesserten Fundamentaldaten für festverzinsliche Anleihen das Interesse an dieser Anlageklasse wieder geweckt: 58 Prozent der Gatekeeper beabsichtigen, ihre Allokationen zu erhöhen.