Geldabflüsse aus Deutschland so hoch wie nie

Attractive thoughtful young businesswoman with abstract falling red arrow with empty golden coins on blue background with mock up place. Crisis, downfall and currency concept.Attractive thoughtful young businesswoman with abstract falling red arrow with empty golden coins on blue background with mock up place. Crisis, downfall and currency concept.Who is Danny – stock.adobe.com

Noch nie haben Unternehmen so viel Geld aus Deutschland abgezogen wie im vergangenen Jahr, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Zahlen alarmieren: Im schlimmsten Fall ist das der Beginn der Deindustrialisierung.

Die Analyse auf Basis von Direktinvestitionsströmen zeigt des Instituts der deutschen Wirtschaft, dass zunehmend Kapital aus Deutschland abfließt. Diese Entwicklung begann schon vor der Corona Pandemie.

Rund 132 Milliarden Dollar (125 Milliarden Euro) mehr Direktinvestitionen flossen 2022 aus Deutschland ab, als im gleichen Zeitraum in die Bunderepublik investiert wurden. Damit gemeint ist die Differenz zwischen Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland und ausländischer Unternehmen in Deutschland. Die Summe stellt die höchsten Netto-Abflüsse dar, die jemals in Deutschland verzeichnet wurden.

Vor allem die ausländischen Investitionen in Deutschland sind nach OECD-Zahlen zuletzt fast vollständig eingebrochen: Während die Abflüsse bei fast 135,5 Milliarden Euro lagen, wurden nur noch rund 10,5 Milliarden Euro in Deutschland investiert. Besonders alarmierend dabei ist, dass gerade die Investitionen von europäischen Nachbarn eingebrochen sind. Gleichzeitig flossen fast 70 Prozent der Gelder aus Deutschland in andere europäische Staaten.

Erhebliche Standortnachteile

Schuld daran sind drei Entwicklungen, die den Standort Deutschland zunehmend unattraktiv machen:

  • Der Fachkräftemangel belastet die Unternehmen enorm. In einer aktuellen Umfrage nannten 76 Prozent der Unternehmen im industriellen Mittelstand Arbeitskosten und Fachkräftemangel als ihre größte Herausforderung – noch vor den hohen Energiepreisen und zunehmender Bürokratie.
  • Investitionspakete wie der amerikanische Inflation Reduction Act machen Investitionen außerhalb Deutschlands attraktiver. Auch bei europäischen Investitionsoffensiven wie dem NextGenerationEU-Programm fließt das meiste Geld an Deutschland vorbei.
    Hinzu kommt, dass das deutsche Exportmodell bei wachsendem Protektionismus nicht mehr so gut funktioniert wie früher.
  • Mit dem Wegfall des Verbrennungsmotors verliert die deutsche Wirtschaft ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal in ihrer Schlüsselindustrie.
  • Viele Probleme hausgemacht

    „Die Investitionsbedingungen in Deutschland haben sich aufgrund der hohen Energiepreise und dem zunehmenden Fachkräftemangel zuletzt noch einmal verschlechtert“, sagt IW-Ökonom Christian Rusche. Viele Probleme seien hausgemacht, darunter hohe Unternehmenssteuern, ausufernde Bürokratie und eine marode Infrastruktur. „Damit Deutschland künftig wieder zur ersten Adresse für ausländische Investitionen wird, muss die Bundesregierung dringend gegensteuern.“

    Die Studie steht hier zum Download bereit.

LESEN SIE AUCH

Stuhl-Spotlight-455227050-AS-YingyaipumiStuhl-Spotlight-455227050-AS-YingyaipumiYingyaipumi – stock.adobe.com
Studien

In welchen Berufen bis 2026 die meisten Fachkräfte fehlen

Viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen können nur mit einer ausreichenden Zahl an Fachkräften bewältigt werden. Doch werden mit dem Renteneintritt der Babyboomer in vielen Berufen immer weniger Menschen arbeiten. Den größten Rückgang gibt es bei den Bankkaufleuten.

Businessman with a protective face mask is loosing moneyBusinessman with a protective face mask is loosing moneyphotoschmidt – stock.adobe.com
Wirtschaft

Corona kostete bisher 350 Mrd. Euro Wertschöpfung

Seit zwei Jahren leidet die deutsche Wirtschaft unter den Folgen der Corona-Pandemie. Zum Jahrestag zieht eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Bilanz: 350 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung sind bisher verloren gegangen. Im ersten Quartal dieses Jahres kostet Corona möglicherweise weitere 50 Milliarden Euro. Die Erholung wird Jahre dauern.
Crystal ball to predict the fate. Guessing for the future.Crystal ball to predict the fate. Guessing for the future.alexkich – stock.adobe.com
Wirtschaft

Deutsche Unternehmen blicken mit Sorgen auf 2024

Nur 20 Prozent der Unternehmen erwarten eine wirtschaftliche Erholung, während 28 Prozent rückläufige Geschäfte befürchten. Der Standort Deutschland verliert für viele angesichts hoher Arbeits- und Energiekosten, überbordender Bürokratie und rückläufiger Wirtschaftstätigkeit an Attraktivität.

A man in a dark room looks out the window through the blinds. Covert surveillance. Close-up.A man in a dark room looks out the window through the blinds. Covert surveillance. Close-up.VeNN – stock.adobe.com
Wirtschaft

Pleitewelle und Deindustrialisierung: Nur Donner in der Ferne?

Bisher ist die oft prophezeite deutschlandweite Insolvenzwelle noch nicht eingetreten und auch offizielle Statistiken zeichnen vordergründig ein (noch) friedliches Bild. Doch befinden sich die deutschen Unternehmen derzeit auf einem recht widersprüchlichen Kurs. Droht trotz Rekordgewinnen der Untergang des Mittelstandes?

Office-Team-316502922-AS-NDABCREATIVITYOffice-Team-316502922-AS-NDABCREATIVITYNDABCREATIVITY – stock.adobe.com

In Krisenzeiten in die Beschäftigten investieren

Obwohl zahlreiche Krisen nun schon seit einiger Zeit der Wirtschaft zu schaffen machen, investieren immer mehr Unternehmen mit einer bKV in ihre Beschäftigten. Gerade kleinere Firmen entdecken die (Wettbewerbs-)Vorteile für das Recruiting dieser unkomplizierten Zusatzabsicherung für sich.

cropped view of businessman in suit holding green sprout and grocropped view of businessman in suit holding green sprout and groLIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
Nachhaltigkeit

Mehr Investitionen in Nachhaltigkeit trotz ökonomischer Unsicherheit

Für Vorstände deutscher Unternehmen gehört der Klimawandel 2023 zu den drei Top-Prioritäten. Als drängender werden lediglich die künftige Konjunkturentwicklung und Innovationen angesehen. So steigerten 76 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen in Nachhaltigkeit, ein Fünftel von ihnen sogar um 20 Prozent oder mehr.