Immobilienmarkt: Abreißen ist die schlechteste aller Klimaoptionen

Broker agent with model toy house with documents signed purchaseBroker agent with model toy house with documents signed purchaseRatirath – stock.adobe.com

Vor dem Hintergrund der grünen Transformation im Gebäudesektor steigen die Anforderungen an Immobilien. Viele ältere Bestandsgebäude können auf den ersten Blick ökologisch nicht mehr mithalten – und werden Opfer des Abrisses. Doch Klima und Umwelt wird dabei deutlich mehr geschadet als gedacht. Welche Alternativen gibt es?

Ein Beitrag von Gastautor: Hendrik Richter, Geschäftsführer bei ohne-makler.net

Hendrik-Richter-2023-ohne-makler-netHendrik-Richter-2023-ohne-makler-netNina Witte

Der kompromisslose Abriss eines 370 Jahre alten Reetdachhauses auf der Nordseeinsel Sylt, sorgte bundesweit Ende 2022 für Aufreger. Der illegale Abbruch des Gasthauses war nicht nur mit einer 30.000 Euro-Geldstrafe für den Bauherrn verbunden. Die breite Empörung erstreckte sich weit über das Urlaubsparadies hinaus.

Auch das geplante Ende eines größeren Wohnblocks im sächsischen Riesa, der gerade für die stark steigende Zahl von Asylsuchenden in Sachsen eine neue Heimat auf Zeit hätte abgeben können, soll ebenfalls verschwinden.

Angesichts der immens steigenden Auflagen und Erwartungen an die Klimaeffizienz von Immobilien lassen Behörden und private Immobilienbesitzer schneller die Abrissbirne schwingen. Statt auf eine zeitaufwendige und preislich nicht immer leicht zu kalkulierende energetische Kernsanierung einer Bestandsimmobilie, setzen sie lieber auf Neubau.

Viele ältere Gebäude auf dem Land und in den neuen Ländern

Der vergleichsweise alte Immobilienbestand, gerade in Mittelstädten und im ländlichen Raum spielt ihnen dabei in die Karten. Laut einer Analyse der Immobilienplattform CHECK24 aus dem Jahr 2019 sind Immobilien im Durchschnitt aller Bundesländer 36 Jahre alt. Auch der Neubauboom der vergangenen Jahre bis zur Zinswende, hat daran nichts geändert. Die Regel gilt: Je älter das Gebäude, desto schlechter ist meistens auch der energetische Zustand.

55 Prozent des gesamten Abfalls ist Abrissschutt

Doch eine Tatsache wird dabei bislang verschwiegen oder zumindest übersehen: Ein zu intensiv betriebener Abriss verschärft nicht nur die Probleme am Miet- und Wohnungsmarkt und kostet Milliarden. Er belastet auch das Klima massiv.

Bei den aktuell mehr als 14.000 Abrissen von Gebäuden in Deutschland fallen jährlich 230 Millionen Tonnen Schutt an – das sind 55 Prozent des gesamten Abfalls in Deutschland. Dadurch entstehen riesige Mengen an Staub und Feinstaub, ferner waren im zerstörten Stahl oder Beton auch immense Mengen an Kohlendioxid „verbaut“. Experten schätzen die Kosten, die pro Quadratmeter durch Abbrüche entstehen, auf bis zu 185 Euro. Doch die externen ökologischen Kosten, etwa durch die Abgabe der Lastwagen, die den Schutt von den Abrissstellen wegtransportieren, sind dort noch gar nicht einkalkuliert.

Übergreifende Initiative fordert vehement und berechtigterweise ein „Abrissmoratorium“

Als konkrete Maßnahmen sollte vor dem Abbruch stets das Nutzungspotential eines Objektes geprüft werden. Kann beispielsweise eine Fabrikhalle in Wohnkomplexe umgewandelt werden, bevor es zum Abbruch kommt?
Auch sollte das Kosten/Nutzenverhältnis gewissenhaft vor Abrissen geprüft werden: Bauherren und Eigentümer müssen sich hier fragen, ob sich vermeintlich hohe Kosten für energetische Sanierungen durch Förderungen auffangen lassen oder ob das Abreißen unvermeidbar ist. Kommt es schließlich dazu, sollte sämtliches Material, das beim Abriss verwendet wird, recycelt und wiederverwendet werden.

Heißt im Fazit: Zu wenige Bestandsimmobilien werden auf ihr Potenzial hin untersucht. Wir sollten kritisch die Standards hinterfragen, die wir an Bestandsgebäude stellen: Unerreichbare Messlatten für ältere Gebäude, die nicht erreicht werden, können nicht das Ziel sein. Wir müssen ressourcenschonender mit den begrenzten Baumaterialien wirtschaften.

LESEN SIE AUCH

Baustelle-Muenzen-232985353-AS-1599685svBaustelle-Muenzen-232985353-AS-1599685sv1599685sv – stock.adobe.com
4 Wände

Bauzinsen nähern sich wieder 4-Prozent-Marke

Nach einem Zwischentief im Februar liegen die Bauzinsen für zehnjährige Darlehen aktuell bei rund 3,85 Prozent. Im weiteren Jahresverlauf müssen sich Kreditwillige auf schwankende Zinsen in einem Korridor zwischen 3 und 4 Prozent einstellen.

Hand holding magnifying glass and looking at house model, houseHand holding magnifying glass and looking at house model, housesommart – stock.adobe.com
4 Wände

Kleinere Wohnung für gleiches Geld

Wer vor zehn Jahren nach einer Wohnung in der Großstadt suchte, hatte gute Chancen für 1.000 Euro Miete eine geräumige Bleibe zu finden. In München bekamen Mieter im Median 83 Quadratmeter Wohnraum. In Berlin gab es für das Budget sogar 114 Quadratmeter. Zehn Jahre später bekommen Mieter für die gleiche Summe deutlich weniger Fläche, wenn sie eine Wohnung neu anmieten: In München reichen 1.000 Euro Miete gerade noch für 48 Quadratmeter (-42 Prozent), in Berlin lediglich für 70 Quadratmeter (-39 ...
mortgage calculatormortgage calculatorkalafoto – stock.adobe.com
4 Wände

Baugeld verteuert sich weiter

Nach dem deutlichen Zinsanstieg für Immobiliendarlehen im Januar und Februar halten viele Expertinnen und Experten noch höhere Konditionen im Jahresverlauf für wahrscheinlich. Das geht aus dem jüngsten Interhyp-Bauzins-Trendbarometer hervor, für das Deutschlands größter Vermittler privater Baufinanzierungen Expertinnen und Experten befragt hat.
Real estate development, Construction business investmentReal estate development, Construction business investmentzephyr_p – stock.adobe.com
4 Wände

Trendwende bei den Bauzinsen eingeläutet

Erstmals seit Mai 2019 erreichen deutsche Staatsanleihen wieder positive Renditen. Auch die Zinsen für Immobiliendarlehen verteuern sich sichtbar. Im Jahresverlauf wird ein weiterer Anstieg des Bauzins erwartet.
Fliesenleger bei der Arbeit, Haus umbau oder renovierungFliesenleger bei der Arbeit, Haus umbau oder renovierungkarepa – stock.adobe.com
4 Wände

Von wegen Sanierungsmuffel: Jeder 4. Eigentümer modernisierte seine Immobilie

Trotz hoher Baukosten, langer Wartezeiten auf Handwerker und dem Hickhack rund um das Gebäudeenergiegesetz und die Förderungen haben viele Immobilieneigentümer Sanierungen durchführen lassen. Dabei konnten 2 von 3 Immobilien die Energieeffizienzklasse verbessern.

couple and realtor with tablet pc at new homecouple and realtor with tablet pc at new homeSyda Productions – stock.adobe.com
4 Wände

Mehr Geschäft für Makler im zweiten Quartal

Bundesdeutsche Wohnimmobilienmakler haben ein hervorragendes zweites Quartal abgeschlossen. Mit einer Maklerquote in Höhe von 68 Prozent verzeichnet die aktuelle Sprengnetter-Analyse eine Steigerung in Höhe von einem Prozentpunkt zum Vorquartal.