Lieferketten sichern und Liquidität stärken durch Supply Chain Finance

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Supply Chain Finance ist für Unternehmen entscheidend, um ihre Lieferketten abzusichern und ihre Liquidität zu stärken, insbesondere in Zeiten von Kapitalbedarf und alternativen Lösungen. Diese Finanzierungsform konzentriert sich auf die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, ihren Lieferanten und Finanzinstituten, um den Geldfluss entlang der Lieferkette zu optimieren. Durch den Einsatz verschiedener Instrumente wie Reverse Factoring, dynamischer Rabattierung oder Bestätigungsverfahren können Unternehmen ihre Zahlungsziele verlängern, während ihre Lieferanten sofortige Zahlungen erhalten.

Markus Schiffers, Managing Director beim Finanzdienstleistungsunternehmen Orbian, erläutert im Gespräch, welche Vorteile diese Finanzierungsform bietet und wie Unternehmen sie effektiv nutzen können.

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Wie unterscheidet sich Orbians Ansatz von herkömmlichen Finanzierungsmethoden und wie trägt er zur Stärkung der Lieferketten bei?

Markus Schiffers: Der Unterschied unseres Konzepts zu klassischen Finanzierungsformen liegt vor allem darin, dass wir durch eine Vereinbarung mit dem Endkunden also dem Käufer, als Finanzierer des Lieferanten auftreten. Wir übernehmen die Finanzierung mit Hilfe von Finanzierungspartnern, in der Regel Banken, die uns Liquidität zur Verfügung stellen. Mit diesem Geld bezahlen wir die Lieferanten, die damit ihre eigene Liquidität stärken und zur Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs nutzen können.

Neben unserer SCF-Plattform stellen wir unseren Kunden und deren Lieferanten standortunabhängige, umfassende SCF-Lösungen und -Services zur Verfügung. Unsere Programme ermöglichen die Nutzung nahezu unbegrenzter Finanzierungskapazitäten. Wir tragen dazu bei, die finanziellen und operativen Risiken unserer Kunden zu reduzieren.

Die Orbian-Programme bieten einer Vielzahl von Finanzierungspartnern die Möglichkeit sich an den Programmen zu beteiligen. Damit profitieren das einkaufende Unternehmen und seine Lieferanten jederzeit von marktgerechten Preisen, bleiben aber von Änderungen in der Zusammensetzung der Finanzierungspartner ansonsten unberührt.

In Zeiten gestresster Lieferketten ist es von besonderer Bedeutung, dass man gemeinsam mit seinen Lieferanten Wege nutzt, den Lieferanten eine Frühzahlung zu ermöglichen. Dies ist zum Teil eine Bedingung des Lieferanten, um überhaupt noch liefern zu können. Gerade bei Lieferungen aus Übersee sehen wir das im Moment sehr deutlich. Dazu ist Supply Chain Finance ein optimales Mittel, da es dem Lieferanten eine frühe Zahlung gibt, ohne dass der Einkäufer seine eigene Liquidität schwächt.

Supply Chain Finance ist eine Möglichkeit, die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zu sichern. Dass unsere Lösung tragfähig und zukunftsweisend ist, zeigt die mittlerweile 12-fache Auszeichnung von Orbian als "Best Global Supply Chain Finance Provider" durch das Global Finance Magazine.

Können Sie uns dazu einige Beispiele nennen?

Nehmen wir das Beispiel Siemens. Wir haben mit Siemens bereits vor 15 Jahren ein SCF-Programm entwickelt, inklusive einer Zweckgesellschaft mit eigenen Konten, Finanzierungspartnern etc. Durch das Programm können die Lieferanten von Siemens ihre eigene Liquidität stärken und somit ihre Produktion und damit die Lieferkette stabil halten.

Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass Lieferanten, die an SCF-Programmen teilnehmen, resilienter sind als andere. In der aktuellen Situation sind die Lieferketten nach wie vor angespannt und Liquidität ist daher besonders wichtig.

Wie fördert Orbian die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen Unternehmen, Lieferanten und Finanzinstituten und welche Vorteile hat dies für alle Beteiligten?

Um die Zusammenarbeit zwischen Kunden, Finanzierungspartnern und Lieferanten zu unterstützen, nutzt Orbian die Daten des Kunden und eigene Analysen. Sie bilden die Grundlage für maßgeschneiderte SCF-Programme, mit denen Unternehmen ihre Supply-Chain-Finanzierung optimieren und ihre finanzielle Performance verbessern können.

Dabei hilft uns, dass wir von SAP gegründet wurden und mit diesem System arbeiten. Außerdem sind fast alle unsere Kunden auch SAP-Kunden. Das erleichtert die Implementierung und den Datenaustausch. Darüber hinaus können wir auch mit  allen anderen üblichen ERP-Systemen Dateien austauschen, um unseren Service anzubieten.

Als Experte für Supply Chain Finance haben Sie sicherlich einen umfassenden Einblick in die aktuellen Herausforderungen und Veränderungen. Welche Trends sehen Sie derzeit in der Supply Chain Finanzierung und wie stellt sich Orbian darauf ein?

Wir sehen heute schon, dass das Thema ESG auch bei Supply Chain Finance-Programmen an Bedeutung gewinnt. Wir wollen dem wachsenden Trend zu mehr Nachhaltigkeit Rechnung tragen. Dazu dient unter anderem unser ESG-Bericht, der als jährlicher Benchmark entwickelt wurde. Er soll die Perspektiven und Erwartungen unserer Kunden in Bezug auf ESG messen. Die diesjährige Umfrage zeigt einen wichtigen Trend: Derzeit wird viel über die Finanzierung nachhaltiger Lieferketten gesprochen.

Den Lieferanten sollen Anreize zur Verbesserung der ESG­-Performance gesetzt werden. Mittels Sustainable SCF können beispielsweise Lieferanten, die definierte Umwelt- und Sozialkriterien einhalten, bessere Konditionen erhalten. Wir wollen als SCF-Unternehmen die Lieferanten unterstützen, anstatt ihnen zusätzliche Lasten aufzubürden.

Was sind Ihrer Meinung nach die Potenziale der Blockchain im Hinblick auf die Verbesserung der Transparenz, Effizienz und Sicherheit in der Finanzierung von Lieferketten?

Eine Lieferkette ist ein komplexes Konstrukt mit vielen beteiligten Akteuren: Käufer, Lieferanten, Transporteure und viele andere Beteiligte. Dabei ist der Informationsfluss zwischen den einzelnen Parteien durch zahlreiche Medienbrüche gekennzeichnet und insgesamt für einen Finanzierer oft intransparent. Intransparenz und Unsicherheit führt bei Finanzierungen immer zu höheren Kosten, da sich ein Finanzierer im Zweifel konservativ verhalten muss.

Ich bin sicher, dass Blockchain die Lieferkette insgesamt optimieren kann. Es werden auch viele Spielarten der Handelsfinanzierung von mittels Blockchain geschaffener Transparenz und Sicherheit profitieren. Da Supply Chain Finance im Gegensatz zu den meisten anderem Finanzierungsarten auf einem Zahlungsversprechen des Käufers beruht, besteht kein Transparenzproblem. Insofern sehe ich für diesen Teil keinen Bedarf auf Blockchain zuzugreifen.

Zum Abschluss: Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Faktor in der heutigen Geschäftswelt. Wie unterstützt Orbian Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Finanzierungspraktiken in ihren Lieferketten und wie trägt dies zur Förderung verantwortungsbewussten Handels bei?

Wir sind uns bewusst, dass das Thema ESG auch in Supply Chain Finance-Programmen an Bedeutung gewinnt. Heute liegt der Fokus auf der Einhaltung „grüner“ Kriterien wie Klimaneutralität auf Lieferantenseite.

Es sollte aber nicht nur darum gehen, ob der Lieferant bestimmte Kriterien erfüllt. Supply Chain Finance selbst kann beispielsweise im sozialen Bereich eine wichtige Rolle spielen. Wir ermöglichen seit langem auch Lieferanten mit kleineren Liefervolumina die Teilnahme an unseren Programmen. Das ist ein wichtiger Beitrag, um verantwortliches Handeln auch im Finanzierungsbereich zu fördern.

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