Streichung des Bundeszuschusses zur Pflegeversicherung bis 2027 ist böse Überraschung

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Im aktuellen Referentenentwurf für das Haushaltsfinanzierungsgesetz zum Bundeshaushalt 2024 ist vorgesehen, den Bundeszuschuss zur Sozialen Pflegeversicherung bis 2027 zu streichen, um die Finanzlöcher im Staatshaushalt zu stopfen. Zur Kompensation werden die beitragsfinanzierten Mittel für den Pflegevorsorgefonds bis 2027 entsprechend reduziert.

Ein Kommentar von Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes,:

Die Bundesregierung entzieht sich ihrer finanziellen Verantwortung für die Soziale Pflegeversicherung. Statt ihren Finanzierungsverpflichtungen angemessen nachzukommen, will die Ampel-Koalition den ohnehin zu niedrigen Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von jährlich einer Milliarde Euro komplett streichen, um die Staatsausgaben zu senken und die Schuldenbremse einzuhalten.

Beitragsgelder der Versicherten und Arbeitgeber, die eigentlich in den Pflegevorsorgefonds fließen sollten, um die Beitragszahlenden ab 2030 zu entlasten, werden damit indirekt zur Sanierung des Bundeshaushaltes zweckentfremdet.

Es ist eine böse Überraschung, dass die Streichung des Zuschusses jetzt nicht nur für 2024, sondern sogar bis einschließlich 2027 gelten soll. Das strukturelle Defizit der Pflegeversicherung, das auch im Jahr 2025 wieder entstehen wird, soll allein von den Beitragszahlenden gedeckt werden. Dabei wird es ganz wesentlich durch versicherungsfremde Leistungen verursacht, die die Pflegeversicherung für den Staat übernimmt.

Mit dieser verantwortungslosen und kurzsichtigen Politik wird die finanzielle Stabilität der Sozialen Pflegeversicherung entscheidend geschwächt. Der aktuelle Kurs der Ampel ist ein Wortbruch gegenüber dem Koalitionsvertrag und dem Versprechen, die SPV auf lange Sicht stabil zu finanzieren. Die Probleme werden bewusst in die nächste Legislatur verschoben.

Schon heute ist absehbar, dass die von Minister Lauterbach für Mai 2024 angekündigten Vorschläge zur langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung nur Symbolpolitik sein können. Statt der im Koalitionsvertrag vereinbarten weiteren Steuerzuschüsse zur Refinanzierung der Rentenbeiträge pflegender Angehöriger oder für die pandemiebedingten Zusatzkosten der Pflegeversicherung fließen nun über mehrere Jahre gar keine Steuermittel mehr.

Eine solidarische und dauerhaft verlässlich finanzierte Pflegeversicherung leistet einen bedeutenden Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in unserem Land. Sie ist ein wichtiger Stabilitätsanker für unsere Gesellschaft, gerade in Krisenzeiten. Das wird mit der aktuellen Politik aufs Spiel gesetzt.

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