Korrektur auf dem Aktienmarkt zu erwarten

Stock exchange market chart, Stock market data on LED display. BStock exchange market chart, Stock market data on LED display. BSakchai Ruankam – stock.adobe.com

Zum Sommerende bietet es sich immer an, das bisherige Anlagejahr Revue passieren zu lassen und einen Blick darauf zu werfen, was der Rest des Jahres wohl für Investoren bringen mag. Zwar ist Geduld beim Investieren eine Tugend die belohnt wird, da sich aber derzeit Bullen und Bären die Waage halten, bieten sich einige Gedanken zu den wahrscheinlichen Gewinnern und Verlierern auf der Zielgeraden zum Jahresende hin an.

Ein Beitrag von Alexandra Morris, CIO, SKAGEN Funds

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Unserer Einschätzung nach ist jetzt die Zeit für Value. Im bisherigen Jahresverlauf erfasste die KI-Manie die Märkte. Dabei haben sieben hochkapitalisierte Technologieunternehmen unglaubliche 80 Prozent der Kursgewinne des US-Index S&P 500 beigesteuert und machen nun fast ein Viertel des gesamten Indexgewichts aus. JP Morgan warnte kürzlich, dass die Marktkonzentration an den US-Börsen so stark zunimmt wie seit sechs Jahrzehnten nicht mehr und sich einem ähnlichen Niveau annähert wie vor dem berüchtigten „Nifty-Fifty“-Marktcrash der 1960er Jahre.

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Wir haben bereits einige Gewinnmitnahmen von Anlegern gesehen, wobei die Kurse der „Magnificent Seven“ seit ihren Sommerhöchstständen um sechs Prozent gesunken sind, obwohl jedes Unternehmen die Erwartungen der Analysten übertroffen hat. Dies entspricht einem gesamten Börsenwertverlust von mehr als 600 Mrd. US-Dollar. Trotzdem bleiben die Bewertungsunterschiede zwischen Wachstums- und Substanzaktien enorm und lassen darauf schließen, dass die Anpassung noch weiter gehen wird.

Auf Basis des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) wird ein Dollar, den ein durchschnittliches Wachstumsunternehmen verdient, derzeit mit 31,0 Dollar bewertet, was 2,4-mal mehr ist als bei einem durchschnittlichen Substanzwertunternehmen (12,8x). Die durchschnittliche Growth-Prämie über zehn Jahre beträgt das 1,8-fache.

Wachstumsaktien müssten also um 28 Prozent fallen oder Substanzwerte um 38 Prozent steigen, damit die Prämie wieder auf das historische Durchschnittsniveau zurückkehrt. Da der Gesamtmarkt derzeit auf dem Niveau seines Zehn-Jahres-Durchschnitts (18,5x) bewertet ist, erscheint eine Kombination beider Szenarien durchaus möglich.

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Bei kleineren Unternehmen ist das Risiko-Ertrags-Verhältnis noch stärker verzerrt. Small-Cap-Value-Aktien sind derzeit mit einem Abschlag von fast 50 Prozent auf das Zehn-Jahres-Durchschnitts-KGV erhältlich. Dies stellt ein gutes Sicherheitsnetz, aber auch ein enormes Aufwärtspotenzial dar, insbesondere da wir davon ausgehen, dass in Zukunft mehr kleinere Unternehmen von größeren übernommen werden, um ihre eigenen Bewertungen zu steigern (insbesondere, wenn die Gewinne unter Druck geraten).

Dies könnte schon bald dazu führen, dass sich die Bewertungen von Small-Caps ihren historischen Durchschnittswerten annähern.

Marktkorrektur zu erwarten

Die Meinungen und Aussichten für den Aktienmarkt sind aktuell noch gespaltener als üblich. Die Bullen gehen davon aus, dass die Zentralbanken im Jahr 2024 mit der Senkung der Leitzinsen beginnen werden, die Inflation unter Kontrolle ist, die Reallöhne steigen und die Verbraucherausgaben weiterhin stark bleiben.

Die Optimisten gehen davon aus, dass die Volkswirtschaften eine sanfte Landung erreichen und Künstliche Intelligenz (KI) den Unternehmen enorme Effizienzsteigerungen bescheren wird. Dies wiederum führt zu höheren Erträgen und steigenden Aktienkursen. Das „Goldilocks“-Szenario ist zurück!

Die Bären glauben dagegen, dass die Inflation viel hartnäckiger ist und im Jahr 2024 nicht auf das Zielniveau von zwei Prozent zurückkehren wird. Das zwingt die Zentralbanken zu weiterer geldpolitischer Straffung und stürzt die Volkswirtschaften im Jahr 2024 in eine Rezession. Gerade höher verschuldete Unternehmen geraten bei steigender Schuldenlast an ihre Grenzen und müssen gleichzeitig stark in KI investieren. In diesem Szenario verzögern sich Produktivitätssteigerungen und Gewinnwachstum und an den Aktienmärkten kommt es innerhalb der nächsten sechs Monate zu einer Korrektur.

Was glauben wir? Im Januar war SKAGEN sehr optimistisch (vielleicht aus den falschen Gründen), aber jetzt sind wir vorsichtiger und tendieren eher zum „Higher-for-Longer“-Lager derer, die längerfristig höhere Zinsen erwarten.

Wir erwarten früher oder später eine Marktkorrektur und ein Ende der übertriebenen KI-Euphorie, welche die Streuung der Aktienperformance und die Marktkonzentration in diesem Jahr auf ein nicht-nachhaltiges Niveau getrieben hat.

Das bedeutet nicht, dass wir zum Verkauf von Aktien raten würde, um den Folgen einer Marktkorrektur zu entgehen. Langfristig lässt sich mehr Geld verdienen, wenn man investiert bleibt. Wer versucht, den Markt zu timen, verpasst womöglich die besten Tage und schmälert damit die Gesamtrendite. Die diesjährige Markterholung trotz des starken wirtschaftlichen Gegenwinds macht auch deutlich, warum wir uns nicht von guten Aktien trennen sollten, so düster die Prognosen auch sein mögen.

SKAGEN feiert Ende des Jahres sein 30-jähriges Firmenjubiläum und wir haben seit Auflage unserer verschiedenen Fonds viele Wirtschafts- und Marktzyklen erfolgreich gemeistert. Der Markt mag sich ständig verändern, aber unabhängiges Denken und Konzentration darauf, die besten Unternehmen zu den besten Preisen zu finden, werden sowohl für den Rest des Jahres 2023 als auch für die kommenden Jahre die besten Ergebnisse liefern.

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