Die unterschätzte Größe

Lindner-Wulff-2023-MarkelLindner-Wulff-2023-MarkelMarkel Insurance SE

Wohl bei keinem anderen Unternehmen in der deutschen Versicherungsbranche stehen sich unternehmerischer Erfolg und Bekanntheit so diametral gegenüber wie bei Markel. Doch das ist nicht das einzig Besondere, wie wir in unserem Gespräch mit Frederik Wulff, Vorstandsvorsitzender Markel Insurance SE, und Stephan Lindner, Managing Director Deutschland bei Markel, feststellen.

Herr Wulff, Markel begeht dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum in Deutschland. Dennoch gibt es nicht wenige Versicherungsmakler in Deutschland, für die Markel ein nahezu weißes Blatt ist. Stört Sie das nicht?

Frederik-Wulff-2023-MarkelFrederik-Wulff-2023-MarkelMarkel Insurance SE

Frederik Wulff: Nein, im Gegenteil. Vielleicht ist diese vermeintliche Schwäche sogar eine Stärke. Es ist Teil unserer Unternehmenskultur, langfristige Beziehungen aufzubauen. Wie wir alle wissen, wollen Beziehungen dann aber gepflegt werden. Das gilt für private wie geschäftliche Beziehungen gleichermaßen. Ein Makler soll sich bei uns als geschätzter, langfristiger Partner fühlen und nicht wie beim Arzt, der fünf Minuten für einen Patienten veranschlagt.

Stephan-Lindner-2023-MarkelStephan-Lindner-2023-MarkelMarkel Deutschland

Stephan Lindner: Man darf auch nicht vergessen, dass wir als Spezialversicherer für berufliche und gewerbliche Risiken in einer Nische tätig sind. Der Makler für Gewerbeversicherungen ist in der deutlichen Minderheit unter den circa 190.000 Versicherungsvermittlern und -beratern, welche bei den Industrie- und Handelskammern gemeldet sind. Innerhalb dieser Gruppe ist Markels Bekanntheitsgrad signifikant höher, aber – wie Sie richtig sagen – ausbaufähig.

FW: Genau, das bringt mich zu einem weiteren Punkt. Obwohl wir noch nicht die Bekanntheit einiger unserer Wettbewerber haben, konnten wir in den letzten Jahren sehr ordentlich wachsen. Wären wir noch erfolgreicher gewesen, wer weiß – die Wirtschaft lehrt uns, dass Unternehmen auch am eigenen Erfolg scheitern können. Im Markt wachsen und gleichzeitig die eigenen Strukturen mitwachsen zu lassen, ist die wahre Herausforderung.

SL: Worauf Frederik anspielt, ist die demografische Entwicklung. Das Erreichen des Rentenalters der Babyboomer-Generation stellt uns vor Herausforderungen. Gute Mitarbeiter zu finden, ist schon schwer genug, aber gute Mitarbeiter in einer schrumpfenden Gesamtbevölkerung zu finden, echt eine Herausforderung. Wenn Ihr Personalstand nicht mit der Umsatzentwicklung Schritt hält, dann leidet die Qualität des Service.

FW: So gesehen, wäre es natürlich wünschenswert, dass mehr Menschen über uns in der Tiefe Bescheid wissen, um zu verstehen, wie einzigartig Markel, unser Markel Style und unsere Art, jeden Tag miteinander umzugehen und Spaß zu haben, ist.

Herr Lindner, vor einem Monat sind Sie zum Managing Director Deutschland bei Markel bestellt worden. Wie groß sind die Fußstapfen eines Frederik Wulffs, der die Geschicke der Gesellschaft seit der Gründung in Deutschland gelenkt hat?

SL: Wer Frederik und seine Vernetzung am deutschen Versicherungsmarkt kennt, weiß, dass es große Fußstapfen sind. Aber es ist wichtig zu wissen, dass er uns ja nicht verlässt, sondern sich mehr auf seine Rolle als Vorstandsvorsitzender der Markel Insurance SE und Verantwortlicher für das europäische Geschäft bei Markel konzentriert.

Bei Markel in Deutschland wollen wir unsere Erfolgsgeschichte der letzten zehn Jahre fortschreiben und uns darauf konzentrieren, unsere Aufstellung immer weiter zu verbessern. Dafür haben wir viele Ideen, die wir in den nächsten Monaten und Jahren umsetzen werden.

FW: Mit Steph, den ich seit 16 Jahren kenne und sehr schätze, ist sichergestellt, dass wir unverändert unseren Weg weitergehen, Produkte anzubieten – ganz unabhängig davon, ob es sich um Haftpflicht, Cyber oder D&O handelt –, die als Handschrift klar unsere Expertise zeigen.

Steph wird im Alltag auch noch durch ein Management-Team unterstützt, dessen Mitglieder teilweise ebenfalls von der ersten Stunde an, seit zehn Jahren an Bord sind. Ich bin nur der Kapitän oder um eine Fußballanalogie zu verwenden: Es spielt immer die Mannschaft, nicht der Trainer – und die Mannschaft bleibt unverändert.

SL: Man darf auch nicht außer Acht lassen, wie wichtig Frederik auf strategischer Ebene ist. Die Markel Group ist ein Fortune-500-Unternehmen mit 50 Milliarden US-Dollar Vermögenswerten. Wir sind mit über 60 Büros in Europa, Amerika und Asien vertreten. 20.000 Mitarbeiter arbeiten tagtäglich daran, Markel besser zu machen. Es gibt konzernweit unzählige Initiativen, wo Erkenntnisse und Erfahrungen in zukunftsfähige Konzepte überführt werden. Frederiks Aufgabe wird es sein, die richtigen Leute zusammenzubringen und Impulse zu geben.

Makler war ein gutes Stichwort. Sie sehen sich ja als Maklerversicherer, also als Versicherer, der sich bewusst entschlossen hat, ausschließlich über Makler zu vertreiben. Ist das nicht in der aktuellen Zeit mit jederzeit zugänglichen Informationen und gleichzeitig mit immer stärkerer Verbindung mit künstlichen Intelligenzen ein Anachronismus?

FW: Versicherung hat immer auch etwas mit Vertrauen zu tun und Menschen haben eine Tendenz, anderen Menschen zu vertrauen, weshalb es den Makler, der seinem Kunden mit qualifiziertem Rat zur Seite steht, immer brauchen wird. Ein Algorithmus wird sich deutlich schwerer tun, ein solches Vertrauen aufzubauen, kann aber an vielen Stellen sicherlich eine wertvolle Unterstützung sein.

Ein guter Makler findet und erklärt dem Kunden die Unterschiede in den Produkten und achtet darauf, dass Kunde und Deckung zueinanderpassen und auch der Versicherer zum Kunden passt. Aus diesem Grund glauben wir fest daran, dass der Maklerberuf weiterhin eine große Zukunft hat.

SL: Deshalb denken wir eher darüber nach, wie wir Technologien und Prozesse mittelfristig so gestalten, dass ein Makler sich voll und ganz auf die Beratung konzentrieren kann und administrative Belange von Pflichtmitteilungen, Dokumenterstellungen, Jahresmeldungen und so fort automatisiert erfolgen. Wenn wir dem Makler Arbeit abnehmen, schaffen wir eine Win-win-win-Situation, mit der alle zufrieden sind.

FW: Wir engagieren uns außerdem in der Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler und haben vor einigen Jahren auch die Markel Academy ins Leben gerufen, um Maklern eine IDD-konforme Weiterbildung zu bieten. Ein Bereich, der unheimlich gut angenommen wurde und den wir künftig weiter forcieren werden. Sobald der Umbau unserer Räumlichkeiten abgeschlossen ist.

SL: Stimmt! Mit dann fast 1.600 Quadratmetern Office- und Relax-Space, einem eigenen kleinen Studio, einer Dachterrasse für Team-Events mit Blick auf die Frauenkirche sind wir für die nächsten zehn Jahre und die nächsten 70 Mitarbeiter gut gerüstet und bieten unserem Team ein super Umfeld für die tägliche Arbeit.

Sie klingen sehr optimistisch. Ist es angesichts von Ukrainekrise, Klimadebatten und Inflation nicht ein Pfeifen im Wald?

SL: Zunächst einmal bin ich froh, nicht mehr über Corona reden zu müssen.

FW: Wobei ich in dem Zusammenhang doch etwas wirklich erwähnenswert finde. Corona war trotz aller negativen Auswirkungen ein Katalysator für die Versicherungswirtschaft bei der Schaffung von flexibleren Arbeitsmöglichkeiten. Diese wollen wir heute alle nicht mehr missen. Was mir dabei am meisten imponiert hat, war die Art und Weise, wie unsere Mitarbeiter sich gegenseitig unterstützt haben bei der Gewöhnung in die neue Techniklandschaft und wie geduldig man sich gegenseitig Dinge erklärt hat. Das war ein schöner Beweis für den besonderen Spirit und Teamgeist bei Markel.

SL: Auch Gewerbeversicherer kämpfen mit Themen wie Inflation, Energiekrise und Lieferkettenprobleme ihrer Versicherungsnehmer und deren Schadensmeldungen. Diese Rahmenbedingungen sind für alle Versicherer gleich. Deshalb ist es aus unserer Sicht lohnenswert, sich als Makler über den Underwriting-Ansatz des Versicherers zu informieren.

Dieser entscheidet darüber, ob ein Versicherer eher volatil auf Marktveränderungen reagieren muss, was zu sprunghaften Veränderungen in der Prämienhöhe führen kann, oder ob der Versicherer mit einer langfristigen Geschäftsausrichtung Stabilität für sich und seine Kunden gewährleistet. Wir gehören zweifelsohne zur letztgenannten Gruppe.

FW: Auch ungeachtet der Prämienentwicklung lässt sich erfahrungsgemäß sagen: Je unsicherer die Zeiten, desto größer ist normalerweise das Bedürfnis nach Absicherung. Das kommt uns als Branche natürlich entgegen, weshalb die Zeiten sicherlich herausfordernd sind, aber auch Chancen für aktive Häuser wie Markel bieten.

Herr Wulff, Herr Lindner, vielen Dank für das Gespräch.

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