Rentenreform darf höhere Lebenserwartung nicht ignorieren

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Vergangene Woche hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage – kurz auch „die Wirtschaftsweisen“ genannt – ein Positionspapier zu notwendigen Veränderungen bei der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) vorgelegt. Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) und ihr Zweigverein, das auf Altersversorgung spezialisierte IVS – Institut der versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V., nehmen dies zum Anlass, ihre aktuariellen Argumente für grundlegende Reformen aller drei Säulen der Alterssicherung zu betonen.

"Der aktuelle Vorstoß des Sachverständigenrates sollte Anlass sein, noch einmal in eine grundlegende Diskussion über die Ausrichtung der Alterssicherungssysteme einzusteigen“, so Susanna Adelhardt, stellvertretende Vorsitzende der DAV und Vorstandsmitglied des IVS. Die beiden Aktuarorganisationen sprechen sich bereits seit Jahren dafür aus, grundlegende Erkenntnisse des demografischen Wandels auch in die Gestaltung der Gesetzlichen Rentenversicherung einfließen zu lassen.

„Das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben wird sich ohne grundlegende Reform deutlich verschlechtern“, so Adelhardt weiter. „Nach den anerkannten Grundsätzen der Versicherungsmathematik bleiben nur wenige Stellschrauben: nochmals massiv steigende Steuerzuschüsse aus dem allgemeinen Staatshaushalt, höhere Beiträge, ein geringeres Rentenniveau oder ein späterer Renteneintritt.“

Höhere Lebenserwartung darf nicht ignoriert werden

Ein späterer Renteneintritt ist auch Bestandteil des umfangreichen Maßnahmenkatalogs des Sachverständigenrates. Konkret soll der Renteneintritt an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden.

„Wir Aktuarinnen und Aktuare haben das schon immer für eine sachgerechte Antwort auf die Verlängerung der Lebenserwartung gehalten. Ein Großteil der jetzt in das Berufsleben einsteigenden Bürgerinnen und Bürger wird voraussichtlich deutlich älter als 85 Jahre. Wir können diese an sich erfreuliche Entwicklung bei der Ausgestaltung der GRV nicht ignorieren, wenn wir die Finanzierungslasten zwischen den Generationen einigermaßen gerecht verteilen wollen“, warnt Adelhardt.

Die Ungewissheit bei der Entwicklung der Lebenserwartung spricht dafür, dass das Risiko, gegen Ende des Lebens ohne Geld dazustehen, im Zusammenspiel der Altersvorsorgesysteme unbedingt abgesichert werden muss. Gerade Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, insbesondere aber auch Frauen, die im Durchschnitt weniger Rentenpunkte während ihres Erwerbslebens sammeln als Männer, sind darauf existenziell angewiesen.

„Daher spielt die lebenslange Rentenzahlung in der Gesetzlichen Rentenversicherung, aber genauso in der betrieblichen Altersversorgung und der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, eine so wichtige Rolle bei der Lebensstandardsicherung“, so Adelhardt weiter. 

Kapitalgedeckte Säulen 2 und 3 sind die optimale Ergänzung

Zum umlagefinanzierten System der reformbedürftigen GRV sind die beiden anderen Säulen mit ihren kapitalgedeckten Finanzierungsformen aus Sicht der Aktuarinnen und Aktuare eine ideale Ergänzung, um die in der staatlichen Alterssicherung auftretenden Versorgungslücken zu reduzieren.

„Hier geht es“, wie Susanna Adelhardt ausführt, „vornehmlich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge. Sie tragen wesentlich dazu bei, vor allem bei jenen Menschen den Lebensstandard zu sichern, die sich keine darüberhinausgehenden Investments und privaten Vorsorgeinstrumente leisten können.“

Es bedarf an dieser Stelle einer deutlich größeren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung auch bei kleineren und mittelgroßen Unternehmen und ihren Mitarbeitenden. Statt bei angepeilten 80 Prozent liegt der Verbreitungsgrad seit Jahren bei lediglich knapp über 50 Prozent.

Um die Kraft der Kapitaldeckung zur vollen Entfaltung zu bringen, sind aber auch Reformen des stockenden Riester-Modells in der privaten Altersvorsorge und der Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung, die beide eine Garantie der eingezahlten Beiträge vorsehen, erforderlich. „Durch Garantieabsenkungen unter den Beitragserhalt sind aus unserer Perspektive deutlich bessere Erträge zu erwarten, und die Attraktivität der Angebote steigt. Weniger ist mehr; der Gesetzgeber muss es nur zulassen. Es muss aber definitiv etwas passieren.“

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