Zahlungsfristen: Geplante EU-Verordnung schadet dem Mittelstand

Surreal scene with a businessman pushing a clock up a hill. TimeSurreal scene with a businessman pushing a clock up a hill. Time1STunningART – stock.adobe.com

Europäische Unternehmen sollen Rechnungen künftig spätestens nach 30 Tagen begleichen müssen und ihr Zahlungsverhalten behördlich kontrollieren lassen. Die Versicherer warnen vor negativen wirtschaftlichen Konsequenzen.

Die von der Europäischen Kommission geplante Einführung einer einheitlichen Zahlungsfrist im Geschäftsverkehr von 30 Tagen könnte nach Ansicht der deutschen Versicherer der europäischen Wirtschaft erheblich schaden. „Längere Zahlungsfristen sind gerade für Mittelständler eine wichtige Finanzierungshilfe. Eine kurze und starre Höchstfrist würde viele Unternehmen in erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten bringen und ihr Insolvenzrisiko erhöhen“, warnt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Er plädiert dafür, die geltende Zahlungsverzugs-Richtlinie beizubehalten.

Der im Rat für Wettbewerbsfähigkeit behandelte Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen Rechnungen künftig spätestens nach 30 Tagen begleichen müssen. Eine längere Frist könnte nur für bestimmte Produkte vereinbart werden. Wer die Frist überschreitet, soll automatisch hohe Strafzinsen zahlen. Das soll insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor verspäteten Zahlungen schützen. Laut Asmussen schwächt das Vorhaben jedoch die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen: „Lieferanten außerhalb der EU können weiterhin Verträge mit längeren und flexibleren Zahlungszielen anbieten.“

Neue Behörden statt Bürokratieabbau

Kritisch bewerten die Versicherer auch, dass das Zahlungsverhalten von Unternehmen behördlich kontrolliert werden soll. „Anstatt wie versprochen den Bürokratieabbau voranzutreiben, schlägt der Gesetzentwurf den Aufbau neuer Behörden zur Durchsetzung der Verordnung vor”, so Asmussen. So kämen zu den drohenden höheren Finanzierungskosten auch noch Bürokratiekosten hinzu. „Am Ende erreicht die EU mit ihrem Vorschlag das genaue Gegenteil ihres eigentlichen Ziels: Sie schwächt den Wirtschaftsstandort Europa und erhöht das Risiko von Insolvenzen und Arbeitsplatzverlusten“, so Asmussen.

Die aktuell geltende Zahlungsverzugs-Richtlinie sieht eine Höchstfrist von 60 Tagen vor, von der die Vertragspartner in Einzelfällen abweichen können. „Die bisherige Richtlinie lässt genug Spielraum, um nationalen und branchenspezifischen Besonderheiten gerecht zu werden“, so Asmussen.

Der Gesetzentwurf der EU-Kommission („Late Payment Regulation“) wurde am 7. März im Rat für Wettbewerbsfähigkeit diskutiert. Am 21. März wird der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über seinen Bericht abstimmen, die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments ist für den 11. April geplant.

Lieferanten können sich mit einer Warenkreditversicherung für den Fall wappnen, dass ein Abnehmer die Rechnung nicht bezahlen kann oder will. Kommt es zu Forderungsausfällen oder längerfristigen Zahlungsverzögerungen, begleicht der Kreditversicherer die Rechnung. Das Volumen der von den deutschen Kreditversicherern in Deckung genommenen Liefergeschäfte betrug im Jahr 2023 rund 500 Milliarden Euro.

LESEN SIE AUCH

Barni1 / pixabay
Wirtschaft

Autohersteller treiben Ersatzteilpreise in die Höhe

Die Preise für Kfz-Ersatzteile wie Scheinwerfer und Rückleuchten sind erneut gestiegen. Laut einer Auswertung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erhöhten die Autohersteller die Preise zwischen August 2023 und August 2024 im Durchschnitt um 6,2 Prozent.

3D abstract background with flag of Europe Unio3D abstract background with flag of Europe Unioviperagp – stock.adobe.com
Politik

Mehr EU-Wettbewerbsfähigkeit durch starken Kapitalmarkt

Der Bericht von Mario Draghi zur Stärkung der Europäischen Wettbewerbsfähigkeit setzt richtige Impulse für die Mobilisierung zusätzlichen Kapitals. Der GDV macht sich für harmonisierte Gläubigerrechte und Insolvenzregeln stark, um grenzüberschreitende Investitionen zu fördern.

Papierschiffe zwischen FelsenPapierschiffe zwischen Felsenpeterschreiber.media – stock.adobe.com
Politik

Versicherer-Positionspapier für effizientere Regulierung

Der GDV spricht sich für eine grundlegende Konsolidierung insbesondere bei Berichts- und Mitteilungspflichten aus. Das Papier enthält dazu in fünf Handlungsfeldern Vorschläge für sechs Sofortmaßnahmen und zwölf mittelfristige Maßnahmen aus den Bereichen der Finanz- und Versicherungsregulierung.

Stack of paper against a stormy skyStack of paper against a stormy skyepitavi – stock.adobe.com
Assekuranz

GDV fordert EU-Gesetzescheck für mehr Wettbewerbsfähigkeit

Der GDV fordert mit seiner Prioritätenliste für die neu EU-Legislaturperiode einen strukturellen Bürokratieabbau: Neue Gesetze sollten vorab systematisch geprüft werden, ob die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gestärkt oder behindert wird.

Europa-abgeblaettert-1952463-PB-TheDigitalArtistEuropa-abgeblaettert-1952463-PB-TheDigitalArtistTheDigitalArtist – pixabay.com
Wirtschaft

Mehr Ehrgeiz bei der Fortentwicklung der Kapitalmarktunion

Die EU-Finanzminister haben einen neuen Aktionsplan verabschiedet, um die nationalen Kapitalmärkte zu harmonisieren und so Investitionen zu erleichtern. Aus Sicht der Versicherer sind die Vorschläge nicht weitreichend genug.

Baustelle-12112127-DP-anizzaBaustelle-12112127-DP-anizza
4 Wände

Versicherer verzeichnen Knick im Baukreditgeschäft

Gestiegene Zinsen machen für viele den Kauf einer Immobilie unerschwinglich und die Kreditnachfragen sinken. Diese Entwicklung spüren mittlerweile auch Lebensversicherer. In deren Zahlen bildet sich zudem das schwache Neubauvolumen ab.