Fachkräftemangel oder doch nicht? Vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt

Exchange of employees between teams to share experiences. Enriching skill sets and perspectives. Improving overall organizational cohesion. Adaptable and interconnected workforce.Exchange of employees between teams to share experiences. Enriching skill sets and perspectives. Improving overall organizational cohesion. Adaptable and interconnected workforce.Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com

Viele Arbeitnehmer haben es längst gemerkt – manch Arbeitgebende aber noch nicht: Bewerber haben mehr Macht und nutzen diese auch. „Der klassische Arbeitgebermarkt ist Geschichte, Personal muss man heutzutage intensiv suchen und umwerben. Die Rollen haben sich schlicht getauscht, und das ist auch gut so. Nun müssen sich auch die Arbeitgeber strecken, um die besten Fachkräfte zu bekommen und auch halten zu können.

Dirk-Kreuter-2024-Dirk-KreuterDirk-Kreuter-2024-Dirk-KreuterDirk Kreuter

Ausruhen und glauben, dass Recruiting von selbst funktioniert, das ist eine Sackgasse. Employer Branding bekommt eine immer wichtigere Bedeutung, denn der Kampf um die Fachkräfte tobt längst. Spitz könnte man fragen, ob es überhaupt einen übergreifenden Fachkräftemangel gibt. Branchenspezifisch lässt er sich sicher nicht wegdiskutieren, aber viele Arbeitgeber ruhen sich auch einfach darauf aus. 2022 und 2023 lag die Zahl der offenen Stellen in Deutschland auf einem Rekordhoch. Anfang dieses Jahres gab es einen leichten Rückgang. Trotzdem: Um die 800.000 Stellen sind aktuell unbesetzt. Arbeitnehmer von heute wollen etwas geboten bekommen, sie warten lieber länger auf die passende Stelle, als sich für einen Arbeitgeber zu committen, der nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Arbeitgeber müssen geeignetes Personal intensiv suchen und sich um die Kandidaten bemühen. HR-Abteilungen entwickeln sich zusehends zu Verkäufern, die ihr Unternehmen, ihre Werte und Benefits den potenziellen Kandidaten näherbringen müssen. Doch was wollen die Bewerber eigentlich?

Im Kern geht es immer um Wertschätzung. Auch Anerkennung, Vertrauen und Atmosphäre sind hier wichtige Stichworte. Talente wollen mit ihrer Individualität vom Arbeitgeber wahrgenommen und geschätzt werden. Dazu gehört auch der Wunsch nach Weiterentwicklung, individueller Förderung der Fähigkeiten, selbstbestimmterem Arbeiten und Teilhabe an Entscheidungen. Daneben haben sich Homeoffice und flexible Arbeitszeitmodelle fast schon zu einer Art Selbstverständlichkeit entwickelt.

Das liebe Geld?

Auch eine gerechte Entlohnung ist eine Form der Wertschätzung. Wer vernünftige Gehälter zahlt, zeigt seinen Mitarbeitenden, dass sie es wert sind. Abseits des Geldes kann man Wertschätzung auch noch anders ausdrücken – sei es mit offener Kommunikation, einem Belohnungssystem oder mit Mitarbeiter-Awards, die Möglichkeiten sind unbegrenzt.

Und genauso individuell: Die Art der Wertschätzung muss zum Mitarbeiter passen und kann auch schlicht Geld sein. Besonders um die Top-Performer zu halten und auch um Talente von Mitbewerbern für das eigene Unternehmen zu gewinnen, ist der monetäre Faktor nicht zu unterschätzen. Ziehen Unternehmen nicht bei der aktuellen Lohnrunde mit, haben sie langfristig das Nachsehen und verlieren ihre besten Kräfte.

In einem gesunden, wachsenden Unternehmen sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein. Trotzdem bleibt der Lohn nicht die einzige Stellschraube, eher eine Grundvoraussetzung. Die Vision, der Spirit eines Unternehmens und die Atmosphäre in den Teams sind den heutigen Bewerbern wichtiger denn je.

Benefits zunehmend beliebter und wichtiger

Arbeitnehmer sollten Benefits anbieten, die sonst nur wenige gewähren. Kostenloser Kaffee oder der berühmt-berüchtigte Obstkorb unterscheiden Unternehmen nicht mehr von der Konkurrenz. Außergewöhnlicher sind beispielsweise immer noch die sogenannte Workation, kostenlose Massagen oder ein Babysitter-Service. Gerade die Möglichkeit, mal die Kinder entweder an den Arbeitsplatz mitzubringen oder durch eine Betreuung des Arbeitgebers gut untergebracht zu wissen, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Das ist nicht nur ein interessanter Aspekt, um Kandidaten vom Unternehmen zu überzeugen, sondern auch eine tolle Möglichkeit, Fehlzeiten aufzufangen. Also insgesamt ein Boost für die Arbeitgebermarke und für die wirtschaftliche Situation des Unternehmens.

Die Marke macht’s

Es ist höchste Zeit, in die Arbeitgebermarke zu investieren. Denn der Arbeitsplatz entwickelt sich zum Produkt, der Arbeitnehmer zum Kunden. Nicht alle HR-Verantwortlichen haben das in Gänze verstanden. Employer Branding gehört daher ganz oben auf die Agenda – damit lassen sich gleichermaßen neue Mitarbeiter werben und bereits bestehende an das Unternehmen binden. Neben einer spitz zugeschnittenen Arbeitgebermarke bringt auch eine Vernetzung mit möglichen Kandidatenzielgruppen so manches Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Fachkräften weiter. Individuelle und persönliche Kommunikation ist hier der Schlüssel. Verläuft dann das Recruiting schnell und zielgerichtet, fühlen sich Bewerber wertgeschätzt und lassen sich eher auf eine Stelle ein. Allein der Recruitingprozess hat sich in den letzten Jahren immens weiterentwickelt: Social Recruiting ist das Motto der Stunde. Ads und Funnel auf Instagram, LinkedIn und Co. haben eine hohe Sichtbarkeit und die Schwelle, sich zu bewerben, ist zumindest beim ersten Schritt niedriger. So angeln sich Unternehmen heutzutage ihre Fachkräfte. Für Führungskräfte gibt es kein Vorbeikommen am Headhunter. Qualifizierte Arbeitnehmer wollen gefunden werden. Gleichzeitig schieben immer noch zu viele Unternehmen ihren Personalengpass auf den Fachkräftemangel. Die qualifizierten Kräfte arbeiten eben meist nur in Betrieben, die ihnen mehr Perspektiven bieten.

Über den Autor

Dirk Kreuter ist Verkaufstrainer, Speaker, Multi-Unternehmer, Bestseller-Autor, Co-Autor und Mitherausgeber von über 30 Fachbüchern, DVDs, E-Books, Newslettern und Hörbüchern, die bereits in mehreren Ländern erschienen sind. Seine Biografie „Attacke! Mein Weg zum Erfolg“ erhielt das Prädikat „Spiegel-Bestseller“. In den letzten 32 Jahren hat er DAX-Konzernen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen Millionenumsätze beschert. 2016 änderte er seinen Fokus und konzentriert sich seitdem auf offene Seminare. Zu seiner Zielgruppe gehören engagierte Unternehmer, die durch kontinuierliches Wachstum den nächsten Schritt zu Marktführern machen möchten. Innerhalb von fünf Jahren skalierte er sein Unternehmen von zehn Mitarbeitern und zwei Millionen Euro Jahresumsatz auf mehr als 150 Mitarbeiter und 80 Millionen Euro Auftragsvolumen.

LESEN SIE AUCH

Happy bank manager shaking hands with a client after successful agreement in the office.Happy bank manager shaking hands with a client after successful agreement in the office.kerkezz – stock.adobe.com
Management

Trotz Kostendruck: Unternehmen wollen Benefits-Angebot ausbauen

Wenn es um die Optimierung ihrer Benefits-Strategie geht, steht für 85 Prozent der Unternehmen die Fachkräfte-Gewinnung und -Bindung im Fokus. Dabei setzen sie vor allem auf flexible Arbeitsregelungen sowie die Förderung der Entwicklung der Mitarbeitenden. Knapp 40 Prozent priorisieren die Altersvorsorge.

Magnet Attracting Paper Cut OutMagnet Attracting Paper Cut OutAndrey Popov – stock.adobe.com

Der bKV-Magnet für mehr Maklererfolg

In Zeiten des Fachkräftemangels können sich Versicherungsmakler als kompetente Lösungspartner positionieren, wenn sie einen Beitrag zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung leisten. Das neue bKV-Konzept GemeinsamGesund enthält alles, was für eine professionelle Kundenberatung wichtig ist.

Portrait of exhausted stressed businessman work on laptop at night in dark officePortrait of exhausted stressed businessman work on laptop at night in dark officenimito – stock.adobe.com
Management

Personalmangel erhöht Arbeitsdruck drastisch

Der Fachkräftemangel ist im Herzen der deutschen Wirtschaft angekommen und wird sich mit dem Ausscheiden der Babyboomer weiter verstärken. Schon heute erleiden drei von fünf Erwerbstätigen die Auswirkungen des Personal- und Fachkräftemangels. Als Folge wächst die Bereitschaft zum Jobwechsel.

green city - double exposure of lush green forest and modern skygreen city - double exposure of lush green forest and modern skyMelinda Nagy – stock.adobe.com
Management

Nachhaltigkeit lohnt sich für Arbeitgeber

Unternehmen, die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzen, haben nicht nur bei Verbrauchern, sondern auch bei den eigenen Beschäftigten deutliche Wettbewerbsvorteile. Das Nachhaltigkeitszeugnis insgesamt für Unternehmen fällt häufig noch mäßig aus.

They give their all at work. Shot of a group of businesspeople having a meeting in a boardroom.They give their all at work. Shot of a group of businesspeople having a meeting in a boardroom.R Jordaan/peopleimages.com – stock.adobe.com
bAV

bAV steigert Arbeitgeberattraktivität

Eine bAV steigert die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Für jüngere Arbeitnehmer sind insbesondere renditeorientierte bAV-Lösungen interessant.

Business interactionBusiness interaction
Management

Mit Mitarbeiter-Benefits die Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen

Deutschlands Mittelstand steht aktuell vor einem Dilemma. Die Auftragsbücher zahlreicher Firmen sind gut gefüllt. Doch leider fehlen Fachkräfte, um die nötigen Aufgaben zu übernehmen. Mitarbeiter-Benefits können helfen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Werden sie richtig aufgebaut, können sie im Wettkampf um die besten Leute ausschlaggebend sein.