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Scope hat die Ratings von 21 offenen Immobilienfonds aktualisiert. Ein Fonds verbesserte sein Rating, elf Fonds wurden herabgestuft. Bei neun Fonds blieb die Note stabil, darunter die fünf Schwergewichte mit mehr als zehn Mrd. Euro Vermögen. Ursache für die Downgrades waren sowohl gesunkene Renditen als auch die im aktuell herausfordernden Marktumfeld gestiegenen Risikoparameter. Das Ratingspektrum reicht von a+AIF bis bAIF. Ein weiterer Fonds wurde bereits im Februar herabgestuft.
Nettomittelabflüsse für 2024 erwartet – Liquiditätsquoten stabil – Kreditquoten steigen leicht
Die Zuflüsse in offene Immobilienfonds sind 2023 deutlich gesunken. Per Saldo sammelten die Produkte im vergangenen Jahr 0,5 Mrd. Euro ein. 2022 waren es 4,2 Mrd. Euro gewesen, 2019 sogar mehr als zehn Mrd. Euro. Für 2024 erwartet Scope für die Branche erstmals seit 17 Jahren Nettomittelabflüsse. Im ersten Quartal 2024 betrugen diese bereits 0,9 Mrd. Euro. Den Höhepunkt der Abflüsse für das laufende Jahr erwartet Scope im dritten Quartal.
Die einjährige Kündigungsfrist, die 2013 für alle ab dann stattfindenden Anteilkäufe eingeführt wurde, gilt mittlerweile für den überwiegenden Teil der Anleger. Die neuen Regelungen haben die Abflüsse für die Fondsgesellschaften besser planbar gemacht. Dem Management der Liquidität zur Bedienung der Anteilscheinrückgaben kommt aktuell aufgrund der gestiegenen Rückgabevolumina der Anleger eine erhöhte Relevanz zu. Zum 30.04.2024 halten die Fonds flüssige Mittel im Umfang von knapp 17 Mrd. Euro, was gemessen am Fondsvermögen einer Liquiditätsquote von 14,5 Prozent entspricht. Damit liegen die Fonds auf einem vergleichbaren Niveau wie in den drei Jahren zuvor (2021: 14,9 Prozent, 2022: 14,0 Prozent; 2023: 14,9 Prozent) – und zugleich über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestliquidität in Höhe von 5 Prozent.
Für das Jahr 2024 sollte die überwiegende Zahl der Fonds die Mittelabflüsse aus ihren Cash-Beständen leisten können. Gleichwohl bereiten zahlreiche Fonds Objektverkäufe vor, um Anteilscheinrückgaben der Anleger dauerhaft bedienen zu können. Viele Fonds haben bereits erfolgreich Immobilien zur Schaffung von Liquidität veräußert. Rücknahmeaussetzungen von einzelnen Fonds sind künftig dennoch nicht auszuschließen.
Die Kreditquoten der Fonds sind besonders im Vergleich zu anderen Immobilieninvestments mit dem gesetzlichen Maximum von 30 Prozent konservativ aufgestellt. Zum 30.04.2024 liegt die Kreditquote im gewichteten Durchschnitt bei 16,6 Prozent – und damit nach wie vor deutlich unterhalb der regulatorischen Grenze. Die offenen Immobilienfonds sind demnach im Vergleich zu anderen Immobilieninvestments in sehr geringem Umfang fremdfinanziert, was das Risikoprofil der Fonds senkt.
Renditen gehen im Durchschnitt zurück – größere Spreizung sichtbar
Die insgesamt 22 von Scope bewerteten offenen Immobilienfonds haben 2023 eine durchschnittliche 1-Jahres-Performance (BVI) von 1,2 Prozent erzielt. Die Spannweite liegt zwischen -10 Prozent und +3 Prozent. Per Ende April 2024 ist die 1-Jahres-Performance auf 0,5 Prozent gesunken (Spannweite: -12 Prozent bis +3 Prozent). Für 2024 erwartet Scope weiter sinkende, im Branchenmittel sogar leicht negative Renditen. Treiber dieser Entwicklung sind in erster Linie negative Wertänderungsrenditen. Grund: Während die Renditen aus der Vermietung und der von den Fonds gehaltenen Liquidität steigen, belasten Wertkorrekturen in den Immobilienportfolios das Gesamtergebnis der Fonds spürbar.
Die gesunkenen Renditen reduzieren die Attraktivität der offenen Immobilienfonds im Vergleich zu Alternativanlagen – und verringern damit das Potential für Mittelzuflüsse. Zwar werden auch für festverzinsliche Anlagen sinkende Renditen im Jahresverlauf erwartet, der Renditevorsprung gegenüber Immobilienfonds dürfte aber zumindest bis Jahresende fortbestehen. Allerdings sind die Ausschüttungen der Fonds aufgrund der guten Mietmärkte weiterhin auf hohem Niveau. Im jeweils letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr konnten die 22 von Scope bewerteten Fonds eine Ausschüttungsrendite von 1,8 Prozent vorweisen. Darüber hinaus verfügen die Fonds je nach Investmentstrategie über Teilfreistellungsquoten von 60 Prozent beziehungsweise 80 Prozent, was die Renditen in der Nachsteuerbetrachtung und damit die Wettbewerbsposition der Fondsgattung grundsätzlich verbessert.
Aufgrund der bereits erfolgten Bewertungsanpassungen sind die Fonds mittlerweile deutlich konservativer bewertet. Zum Bewertungsstichtag beträgt der aus Verkehrswert und Nettosollmiete ermittelte durchschnittliche Vervielfältiger der Fonds über alle Nutzungsarten und Standorte hinweg 20,2 bei einer Spannweite von 16,0 bis 27,0. Die durchschnittlichen Vervielfältiger der Fonds liegen je nach Nutzungsart bei 20,0 für Büros (16,1 bis 23,4), 16,6 für Einzelhandelsobjekte (13,4 bis 23,8), 18,0 für Hotels (16,5 bis 20,0), 19,7 für Logistikimmobilien (16,2 bis 23,6) und 22,9 für Wohnen (17,1 bis 31,4).
Vermietungssituation stabil – US-Immobilien mit erhöhten Leerständen
Die Vermietungsquoten offener Immobilienpublikumsfonds liegen weiterhin auf einem soliden Niveau. Mit durchschnittlich 93,7 Prozent befinden sie sich nur leicht unter dem Wert des Vorjahres. Viele Mietverträge wurden langfristig geschlossen oder konnten während der Corona-Krise sogar vorzeitig verlängert werden.
In diesem Jahr dürfte die durchschnittliche Vermietungsquote lediglich leicht zurückgehen. Für Büroimmobilien in den USA sind die Herausforderungen jedoch stark gestiegen und Scope rechnet in diesem Segment mittelfristig mit steigenden Leerständen. Gleiches gilt allgemein für Immobilien in B-Lagen und Gebäude, die unter Nachhaltigkeitsaspekten schlecht positioniert sind. Der Großteil der Fonds-Portfolios besteht jedoch nach wie vor aus Core-Immobilien in europäischen Märkten.
Ausblick – Neue Regulierung erlaubt Investitionen in erneuerbare Energien
Sollten weitere Bewertungsanpassungen erforderlich sein, können sich die Fonds nach deren Abschluss neu positionieren und die Renditen wieder steigen. Wenn die Renditeerwartungen attraktiver sind, werden die Fonds wieder relevante Zuflüsse generieren können. Diese Entwicklung wird jedoch erst für das Jahr 2025 erwartet, sofern es nicht zu weiteren Verwerfungen in den Märkten kommt.
Positiv sind die erweiterten Möglichkeiten für offene Immobilienfonds, in erneuerbare Energien zu investieren. Deren Einführung wird im dritten Quartal erwartet. Künftig sollen die Fonds bis zu 15 Prozent ihres Verkehrswertes in Erneuerbare-Energien-Anlagen wie Solarparks investieren dürfen. Das erhöht die Risikostreuung und das künftige Renditepotenzial und bietet die Möglichkeit, die Portfolios direkt mit Energie aus erneuerbaren Quellen zu versorgen. Dadurch erhöht sich die Diversifikation sowohl auf Einnahmenbasis als auch auf Risikobasis. Zum Download der Studie