Rückholanrufe ohne Kundeneinwilligung sind wettbewerbswidrig

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Mit dem Urteil vom 13.10.2023 zum Aktenzeichen 26 0 247/23 entschied das Landgericht Hannover, dass, erstens Anrufe und Mails an ehemalige Kunden, mit dem Ziel, diese zurückzugewinnen, wettbewerbswidrig sind, wenn keine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Und zweitens ein wettbewerbswidriges Verhalten des den Kunden neu betreuenden Maklers daran nichts ändert.

Ein Versicherungsmakler, stellte einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen einen Strukturvertrieb, für den er zuvor selbst als Handelsvertreter tätig war, die Deutsche ProVentus AG (Antragsgegnerin). Diese hatte trotz ausdrücklichen Widerrufs der Kontakterlaubnis durch einen Kunden weiterhin unerlaubt Kontakt aufgenommen. Der Kunde wurde früher von dem Makler im Rahmen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter für die Antragsgegnerin betreut.

Nachdem sich der Antragssteller entschlossen hatte, selbständiger Versicherungsmakler zu werden und die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin zu beenden, wollte der Kunde weiterhin von ihm betreut werden und übertrug ihm ein Maklermandat. Gleichzeitig entzog er der Antragsgegnerin die bis dato bestehende Kontakterlaubnis.

Der Widerruf war wie folgt schriftlich formuliert: "Hiermit kündige ich meinen Vertrag zu Ihnen und entziehe Ihnen gleichzeitig die Kontakterlaubnis . .. . "

Einige Woche darauf erfolgte ein versuchter Anruf und eine nachfolgende E-Mail durch eine Mitarbeiterin der Beklagten, die den Kunden wiederholt kontaktieren wollte. Darin hieß es:

Betreff: telefonische Kontaktaufnahme
Sehr geehrter Herr (Name),
wie Ihnen in der letzten Mail von ProVentus mitgeteilt wurde, hat sich Ihr zuständiger Betreuer geändert. Ich habe Sie versucht telefonisch zu erreichen, leider hat dies nicht geklappt. Ich würde mich gerne einmal bei Ihnen persönlich vorstellen, denn ich bin Ihre neue Ansprechpartnerin. Über eine Rückmeldung Ihrerseits würde ich mich freuen, anbei meine Kontaktdaten.
Herzliche Grüße,

Gefordert wurde von dem durch Wirth-Rechtsanwälte vertretenen Makler hiergegen eine einstweilige Verfügung zur Unterlassung dieser wettbewerbswidrigen Handlungen sowie die Androhung von Ordnungsgeld oder -haft bei Zuwiderhandlung.

Der Vertrieb argumentierte, dass der Makler selbst auch gegen Wettbewerbsregeln verstoßen habe, so durch Hinweise beziehungsweise Aufforderungen an Vertriebspartner der Antragsgegnerin per WhatsApp und YouTube, deren Kunden umzudecken. Insoweit sei das Verhalten der Antragsgegnerin eine berechtigte Verteidigung gegen die Verstöße des Antragstellers gewesen und zudem sei die Kontaktaufnahmen gerechtfertigt gewesen, um den Kunden über die Folgen seiner Kündigungen zu informieren.

PorträtaufnahmenPorträtaufnahmenWirth-Rechtsanwälte

Das Gericht entschied zugunsten unseres Mandanten und untersagte der Antragsgegnerin die unerlaubten Kontaktaufnahmen. Das Urteil stellte klar, dass Verstöße unabhängig von etwaigem Fehlverhalten unseres Mandanten zu bewerten seien und der Schutz der Verbraucher Vorrang habe. Das Gericht betonte, dass selbst eventuelle unlautere Methoden unseres Mandanten die wettbewerbswidrigen Handlungen der Beklagten nicht rechtfertigen. Derartiges lasse die Schutzbedürftigkeit der Kunden gegenüber unzumutbarer Belästigung nicht entfallen und macht ihren Kontaktverbotswunsch nicht unwirksam. Die Interessen seien getrennt zu beurteilen. Der Schutz der Kunden vor unzumutbaren Belästigungen stehe im Vordergrund.

Das Gericht stellte klar, dass die Beklagte keine Berechtigung hatte, den Kunden erneut zu kontaktieren, nachdem dieser die Kontakterlaubnis widerrufen hatte. Der Versuch, durch unaufgeforderte E-Mails und Anrufe Kunden zurückzugewinnen, wurde als unzumutbare Belästigung und als wettbewerbswidrig eingestuft.

Ein Verstoß gegen diese einstweilige Verfügung führt zu Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Vorstand der Antragsgegnerin.

Der prozessführende Anwalt des Maklers, Rechtsanwalt Daniel Berger, Partner bei Wirth Rechtsanwälte, wertet die Entscheidung wie folgt: „Leider sind solche Verfahren immer wieder erforderlich, obwohl die Spielregeln eigentlich allen klar sein müssten. Bemerkenswert hier ist besonders, dass das Gericht sich auch mit der angebliche Wettbewerbsverstößen des Antragsstellers, des Maklers, beschäftigen musste. Aber die Ansage des Gerichts ist klar: Hier gibt es keine Aufrechnung der – angeblichen – jeweiligen Verstöße. Das Kundeninteresse und der Kundenwille sind entscheidend.“

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