Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW prognostiziert eine weitere Verzögerung des Starts der Trilog-Verhandlungen zu den neuen Regelungen der Retail Investment Strategy (Kleinanlegerstrategie).
Diese Verzögerungen resultieren aus der noch ausstehenden Bestätigung der neuen EU-Kommission, fehlenden Verhandlungsgruppen im Europäischen Parlament und einer komplexen Abstimmung innerhalb der Ratspräsidentschaft. „Ein Beginn der Trilog-Verhandlungen vor Mitte Dezember ist somit unwahrscheinlich; realistischerweise wird der Prozess erst im Januar 2025 beginnen“, erklärte AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Stéphanie Yon-Courtin, die weiterhin für die Kleinanlegerstrategie zuständige Berichterstatterin im Europäischen Parlament, äußerte sich kürzlich in ähnlicher Weise bei einer Konferenz in Brüssel, an der auch Frank Rottenbacher teilnahm.
Ein Trilog bezeichnet ein politisches Verhandlungstreffen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens der Europäischen Union. Dabei kommen Vertreter des Rates der Europäischen Union, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission zusammen.
Die Entscheidungsträger des Europäischen Parlaments, insbesondere des ECON-Ausschusses, sind nach der Parlamentswahl im Juni 2024 noch nicht vollständig aufgestellt. Zudem hat die ungarische Ratspräsidentschaft Anfang Oktober eine umfassende Synopse zu den unterschiedlichen Versionen des RIS-Dossiers mit Rückfragen an die EU-Mitgliedstaaten verschickt. „Dieses eher ungewöhnliche Vorgehen lässt vermuten, dass das Dossier wahrscheinlich erst von der kommenden polnischen Ratspräsidentschaft ab Januar 2025 inhaltlich weitergeführt werden kann“, erläutert Rottenbacher.
Das Retail-Investment-Strategy-(RIS)-Dossier selbst, das als sogenanntes Omnibusgesetz zahlreiche Regelwerke wie beispielsweise die MiFID ändert, wird nach einer Einigung sowohl eine komplexe juristische Prüfung als auch eine Übersetzung in alle Amtssprachen durchlaufen müssen. Eine Einigung vor dem zweiten Quartal 2025 erscheint somit wenig wahrscheinlich. Eine finale Veröffentlichung der Regelungen im EU-Amtsblatt könnte wohl erst ab dem dritten Quartal 2025 erfolgen. Ein Inkrafttreten in den Nationalstaaten würde dann 18 oder sogar 36 Monate nach dieser Veröffentlichung stattfinden.
Da die inhaltlichen Verhandlungen noch nicht begonnen haben, gibt es keinen neuen Sachstand zum Thema „potenzielles Provisionsverbot für Versicherungsmaklerinnen und -makler für die Beratung und Vermittlung zu versicherungsbasierten Anlageprodukten“. Der AfW bleibt vorsichtig optimistisch, dass ein solches Provisionsverbot aufgrund der Positionen des Europäischen Parlaments sowie des Rates der EU nicht umgesetzt wird.
Der AfW wird weiterhin kontinuierlich über den Fortschritt der Verhandlungen informieren und sich aktiv für die Interessen der unabhängigen Vermittler in Berlin und Brüssel einsetzen.