Die Versicherungsbranche als Arbeitgeber oder: Der Kampf um Talente

Zu langweilig und zu unattraktiv – so scheint für viele ein Job in der Versicherungswirtschaft zu sein. Deswegen wird es sogar für den Marktführer Allianz schwierig, die besten Talente im Markt für sich gewinnen zu können. Denn der Versicherer kommt aktuell nur für sechs Prozent der möglichen Kandidaten als zukünftiger Arbeitgeber in die engere Wahl.

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Dies zeigt die Branchenstudie „Talents for Insurance 2019: Employer Brand und Arbeitgeberattraktivität deutscher Versicherungsunternehmen“ des Forschungs- und Beratungsinstituts Organomics.

Andere Versicherer können nicht einmal drei Prozent als „Wunscharbeitgeber“ für sich begeistern.

Aber die Lage im „War for Talents“ ist für die Versicherer dennoch nicht aussichtslos, denn nur 16 Prozent der Schüler, Studenten und Berufstätigen lehnen die Versicherungsbranche als Arbeitgeber kategorisch ab. Und immerhin 30 Prozent der Talente können sich zumindest gut vorstellen, zukünftig für einen Versicherer zu arbeiten.

Hohe Bekanntheit ist kein Garant für Beliebtheit

Branchenübergreifend sind BMW (76 Prozent), AOK (74 Prozent) und Deutsche Bank (73 Prozent) die aktuellen Top 3 der bekanntesten Arbeitgeber in Deutschland.

Branchenintern ganz vorn auf der Bekanntheitsskala als Arbeitgeber liegt aktuell die Allianz (71 Prozent), gefolgt von ERGO (63 Prozent), HUK-Coburg (62 Prozent) und AXA (61 Prozent).

Die Gruppe der öffentlichen Versicherer (48 Prozent) schneidet bundesweit vergleichsweise weniger stark ab. Sie erreicht im eigenen Geschäftsgebiet teils aber ebenfalls sehr hohe Bekanntheitswerte, wie Versicherungskammer Bayern mit 61 Prozent.

Schlusslichter unter den großen Versicherungsunternehmen sind derzeit LVM (27 Prozent) und Münchner Rück (26 Prozent).

Der Vergleich mit anderen Branchen zeigt: in puncto Bekanntheit als Arbeitgeber sind die großen Versicherer keine Unbekannte; der Abstand zur Spitze ist nicht sonderlich groß. Allerdings garantiert Bekanntheit allein keine hohe Attraktivität als Arbeitgeber; ebenso wenig wie ein nur allgemein gutes Unternehmensimage. Selbst den bekannten großen Versicherern gelingt es in den relevanten Zielgruppen bisher zu selten, zu einem „Employer of Choice“ zu werden.

Allianz am attraktivsten

Im rein brancheninternen Vergleich werden derzeit die Allianz mit 50 Prozent, Münchner Rück (35 Prozent), HUK-Coburg (34 Prozent) und die öffentlichen Versicherer (34 Prozent) von den möglichen Kandidaten als besonders attraktive Arbeitgeber wahrgenommen.

Dr. Thomas Bittner, Geschäftsführer der Organomics GmbH, sagt:

„Zukunftsaufgabe für die Versicherungsbranche ist eine deutlich stärkere inhaltliche Profilierung als Arbeitgeber und der Aufbau einer eigenständigen Arbeitgebermarke. Die Untersuchungsergebnisse zeigen unmissverständlich, mit welchen Inhalten die Versicherer bei potentiellen Talenten punkten können. Zugleich ist eine stärkere Differenzierung über verschiedene Zielgruppen, Formate und Medien erforderlich.“

Kandidaten sehen Stärken und Schwächen der Versicherer

Als die größten Stärken der Versicherungsbranche als Arbeitgeber werden von den Kandidaten zielgruppenübergreifend das dort gezahlte Gehalt (54 Prozent), die Arbeitsplatzsicherheit (50 Prozent) und die Work-Life-Balance (46 Prozent) wahrgenommen. Das alles sind zentrale Aspekte, die aus Kandidatensicht zu den Kernmerkmalen eines „idealen Arbeitgebers“ zählen. Auch die Zukunftssicherheit wird als besonderer Vorzug der Branche wahrgenommen.

Solche genuinen Stärken sollten die Versicherer im Employer Branding und Personalmarketing daher unbedingt stärker nutzen.

Allerdings erwartet die große Mehrheit der Kandidaten neben diesen wichtigen funktionalen Vorzügen von ihrem künftigen Arbeitgeber auch ein besonderes Maß an „emotionaler Stärke“ – allen voran Ehrlichkeit und Wertschätzung in den persönlichen Beziehungen. Genau hier können die Versicherer bisher deutlich weniger punkten als auf funktionaler Ebene. Auch wenn die Kandidaten der Versicherungsbranche zwischenmenschliche Qualitäten als Arbeitgeber nicht gänzlich absprechen, nehmen sie diese aber ausdrücklich nicht als deren Stärke wahr. Auch daran gilt es, in Zukunft gezielter zu arbeiten.

Es gilt, der Branche und ihren Unternehmen ein auch auf emotionaler Ebene ansprechenderes „Gesicht“ als Arbeitgeber zu verleihen.

Kommunikation an Zielgruppen anpassen

Damit die Versicherer neue Talente von sich begeistern können, sollten sie auch die unterschiedlichen Medienpräferenzen der verschiedenen Zielgruppen stärker berücksichtigen. So nutzen jüngere Zielgruppen auch gerne Formate wie YouTube oder Instagram, um sich über mögliche Arbeitgeber zu informieren.

Bei den älteren Zielgruppen der berufstätigen Akademiker stehen hingen Portale wie XING oder LinkedIn höher im Kurs. Wert gelegt werden sollte nicht zuletzt auch auf die Kommunikation spannender und neuer Arbeitsinhalte in der sich wandelnden Versicherungswelt.

Übergreifend wichtig ist: strategisches Employer Branding, unterschiedliche Maßnahmen des Personalmarketings und die unmittelbare „Candidate Experience“ sollten ein überzeugendes Gesamtbild ergeben. Als Arbeitgeber versprochen werden sollte dabei (nur) das, was auch realistisch eingelöst werden kann.

Zur Studie

Für die Studie wurden rund 4.000 Personen im Alter zwischen 16 und 45 Jahren zu ihren Arbeitgeberfavoriten, zur Arbeitgeberattraktivität der Versicherungsbranche und zu ihren beruflichen Präferenzen und Erwartungen befragt.

Differenziert wurden dabei fünf verschiedene Zielgruppen: 1. Schüler (Realschüler und Abiturienten), 2. Studenten (nach Fachrichtungen), 3. Akademiker mit maximal fünf Jahren Berufserfahrung, 4. Akademiker mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung und 5. Berufstätige mit Ausbildung oder Lehre (ohne Studium).

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