Die Zahl der an dem sogenannten "Coronavirus" Erkrankten steigt hierzulande derzeit an. Deswegen wächst in Deutschland die Verunsicherung unter den Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Wie sollen sie sich verhalten? Wann dürfen oder müssen Angestellte zu Hause bleiben? Wird das Gehalt weitergezahlt?
Der ARAG-Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer beantwortet die wichtigsten Fragen.
Herr Klingelhöfer, kann man zur Quarantäne gezwungen werden?
Tobias Klingelhöfer: Ja! Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Infektionsschutzgesetz (IfSG). Laut Paragraf 30 IfSG darf die zuständige Behörde – in der Regel das örtliche Gesundheitsamt – beim Verdacht auf eine Erkrankung oder eine Ansteckung die Absonderung der Betroffenen in einem Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise anordnen. Eine Quarantäne kann also auch zu Hause oder – wie zuletzt bei den aus China ausgeflogenen Deutschen – in einer Kaserne oder ähnlichen Einrichtung stattfinden. Wer sich nicht an die Anordnung der Behörde hält, kann sogar durch gerichtlichen Beschluss zwangsweise untergebracht werden. Das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz) kann in diesem Fall laut IfSG ausdrücklich eingeschränkt werden.
Wenn ich wegen des Verdachts auf Coronavirus unter häusliche Quarantäne gestellt werde – bekomme ich den Status "krank", also eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Tobias Klingelhöfer: Nein, eine AU wird der Arzt nur demjenigen ausstellen, der tatsächlich am Coronavirus erkrankt ist. Der bloße Verdacht reicht hierfür nicht aus.
Wenn nicht, kann mich mein Arbeitgeber verpflichten, im Homeoffice zu arbeiten?
Tobias Klingelhöfer: Grundsätzlich ja, sofern der Job auch vom heimischen Schreibtisch aus erledigt werden kann und die notwendigen Arbeitsmittel vorhanden sind. Wer also zu Hause keinen Zugang zu seinen Büromails hat oder Akten braucht, die im Büro sind, kann auch nicht von zu Hause aus arbeiten.
Ich kann meinen Job nicht im Homeoffice machen – wer zahlt dann mein Gehalt?
Tobias Klingelhöfer: Arbeitnehmer, die nach Paragraf 30 IfSG von der zuständigen Behörde unter Quarantäne gestellt wurden und deshalb ihren Job nicht ausüben können, haben nach Paragraf 56 IfSG für die ersten sechs Wochen der Quarantäne einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Nettogehaltes. Diese Entschädigung wird vom Arbeitgeber gezahlt, der das Geld auf Antrag von der anordnenden Behörde erstattet bekommt. Betroffene Arbeitnehmer müssen den Chef unverzüglich über die Anordnung der Quarantäne informieren. Sollte die Quarantäne länger als sechs Wochen dauern, besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Krankengeldes, der beim zuständigen Gesundheitsamt geltend gemacht werden muss.
Wie sieht es mit dem Verdienstausfall von Selbstständigen aus, die in Quarantäne müssen?
Tobias Klingelhöfer: Auch selbstständig Tätige haben einen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie wegen der Anordnung einer Quarantäne Verdienstausfälle haben. Anders als Arbeitnehmer, müssen sie sich aber direkt an die zuständige Behörde wenden. Als Nachweis des Verdienstausfalls kann zum Beispiel die Bescheinigung des Finanzamts über die Höhe des letzten Jahreseinkommens oder eine entsprechende Bescheinigung des Steuerberaters dienen.
Wenn ich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekommen habe, darf ich dann in der Isolation im Homeoffice trotzdem arbeiten?
Tobias Klingelhöfer: Wer sich fit genug zum Arbeiten im Homeoffice fühlt, kann das trotz AU tun. Denn damit geht kein Arbeitsverbot einher. Der Arzt stellt lediglich die mangelnde Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Diagnose fest und trifft eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
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