Auf die Gemeinschaft kommt es an

Seit gut 13 Jahren verantwortet Dr. Rainer Reitzler die Geschicke der Münchener Verein Versicherungsgruppe. Jetzt wurde er als „Persönlichkeit des Jahres“ ausgezeichnet und widmet die Ehrung seinem Team und den Vertriebspartnern. Im Interview mit dem experten Report spricht der Vorstandsvorsitzende des Münchener Traditionsversicherers über Positionierung, Haltung und worauf es in Zukunft nicht nur für die Branche ankommen wird.

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Dr-Rainer-Reitzler-2020-MVDr-Rainer-Reitzler-2020-MVMünchener Verein Versicherungsgruppe

Die Jury hat bei ihrer Entscheidung unterschiedliche Faktoren und Bewertungen der letzten Jahre berücksichtigt. Wie ist es Ihnen und Ihrem Team gelungen, in den jeweiligen Bereiche konsequent zu punkten?

Rainer Reitzler: Es ist im Kern auf das gelungene Zusammenspiel zwischen allen Kollegen*innen im Innen und Außendienst zurückzuführen. Für unsere Service-, Produkt- und Leistungsmerkmale werden wir von den Maklern seit Jahren im Rahmen der Makler Champions hoch angesehen, denn Makler schätzen Expertenwissen, Fachkompetenz und Schnelligkeit.

Das bieten wir nicht nur in München in der Zentrale, sondern auch in der bundesweiten Betreuung von Rostock bis Rosenheim. Schon in den letzten drei Jahren haben wir hierfür stets Toppositionen in allen für die Makler und Vertriebspartner wichtigen Einzeldisziplinen erreicht.

Ein weiterer Grund für meine Auszeichnung zur „Persönlichkeit des Jahres“ war unter anderem ein Sonderpreis für den Grad unserer Digitalisierung. Hier haben wir sehr hohe Anstrengungen unternommen und uns immer weiter nach oben verbessert. So schreitet unser interner Transformationsprozess täglich weiter erfolgreich voran.

Unser Vertriebsdirektor Joachim Rahn und seine erfahrenen Kollegen*innen haben mit intensiver Beziehungs- und Kontaktpflege zu Maklern und Vertriebspartnern unsere gute Position kontinuierlich strategisch weiter ausgebaut. Auch im Maklerservice haben wir ein sehr hohes Niveau erreicht. Nicht umsonst habe ich meine Auszeichnung neben unseren Vertriebspartnern daher auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewidmet, die für unsere Kunden zuständig und verantwortlich sind.

Ihr Haus fokussiert im Maklervertrieb ein spezifisches Leistungsportfolio. Welche Meilensteine waren für eine erfolgreiche Positionierung richtungsweisend?

Wir denken seit Jahren konsequent vom Kunden und Vermittler her. Das heißt, online, schnell und unkompliziert. Für fast alle KV-Zusatzprodukte haben wir für die Makler einen schlanken Online-Abschlussprozess etabliert, das wird vonseiten der Makler sehr geschätzt.

Durch diesen Online-Prozess kann der Makler Versicherungsschutz ohne Gesundheitsprüfung anbieten, mit unserer Deutschen ZahnVersicherung, aber beispielsweise auch mit unserem Krankenhaustagegeld und der Deutschen PrivatPflege. Der Grund liegt darin, dass wir mit klar definierten „Ausschlüssen“ arbeiten, die optimal für den Makler und Vertriebspartner sind.

Wichtig ist auch, dass wir den Maklern und damit ihren Kunden mithilfe unseres modularen Bausteinprinzips eine sehr hohe Flexibilität bieten. Will heißen: Versichert wird nur das, was auch benötigt wird.

Ein weiterer, ganz wesentlicher Punkt ist unsere Servicebereitschaft, die Erreichbarkeit. Wir reden nicht nur darüber, sondern sind auch tatsächlich für unsere Makler und Kunden erreichbar, und das ohne lange Warteschleifen am Telefon.

Der Münchener Verein hat insbesondere mit den Serviceleistungen der privaten Krankenversicherung bei den Versicherungsvermittlern gepunktet. Welche Details gaben hier den Ausschlag?

Im Studiendesign der jährlichen Makler Champions wird erstens danach gefragt, ob die Serviceleistungen mit den Strukturen und Prozessen des Maklers kompatibel sind. Dann wird eruiert, ob die Leistungen einen entscheidenden Beitrag zum Vertriebserfolg des Maklers liefern.

Drittens sollen die Produkte einen echten Mehrwert für den Makler schaffen. Aus den Antworten wird der sogenannte „Servicewert P“ ermittelt, wobei das P für das Wort „Partner“ steht. Entscheidend ist, dass wir uns hier im Punktewert Jahr für Jahr steigern konnten.

Von den maximal zu erreichenden 100 Punkten haben wir aktuell 81 erreicht.

Die Gesundheitssysteme werden durch das Coronavirus weltweit schwer be- und überlastet. Welche Folgen erwarten Sie für das deutsche Gesundheitssystem und somit auch für die Versicherten in der Zeit nach Corona?

Die Coronakrise hat bis jetzt gezeigt, dass das deutsche Gesundheitssystem offensichtlich besser aufgestellt ist, als das in anderen Ländern wie beispielsweise in England oder Italien. Hier zeigt sich, dass das duale System von PKV und GKV den Wettbewerb stärkt und dadurch den medizinischen Fortschritt fördert. Jährlich fließen weit über 30 Milliarden Euro durch Privatpatienten ins Gesundheitssystem. Internationale Vergleiche zeigen: Einheitssysteme im Gesundheitswesen führen zu einem geringeren Leistungsniveau. Trotzdem muss sich auch das deutsche Gesundheitssystem in einigen Bereichen deutlich besser auf derartige Krisensituationen vorbereiten.

Wichtig ist vor allem, Strategien zu entwickeln, wie Patienten mit Vorerkrankungen besser geschützt werden können, insbesondere in den Alten- und Pflegeheimen. Und ich bin mir sicher, dass die Bedeutung der Pflegekräfte in unserem Land nach der Krise eine andere sein wird als vorher. Applaus und mehr Geld als Prämie reichen hier nicht aus. Das verdeutlicht auch nochmals, dass eine private Pflegeversicherung noch wichtiger wird, da die Dienstleistungen in der Pflege mit Sicherheit deutlich teurer werden und natürlich finanziert werden müssen.

Zudem hat das Gesundheitssystem dafür zu sorgen, dass uns lebenswichtige Medikamente nicht ausgehen. PKV-Versicherte brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass sich diese Pandemie auf die Beiträge in der PKV auswirkt. Das sind die Erfahrungen aus früheren Jahren, etwa mit der Vogelgrippe, mit SARS oder schweren und großen Grippewellen. Die Coronakrise und die jetzt folgende Rezession werden alle staatlichen Vorsorgesysteme massiv belasten. Dann kommen auf die Beitragszahler schwere Zeiten zu mit steigenden Beiträgen und/oder gekürzten Leistungen. Das ist auch eine neue und große Chance für alle aktiven Berater, ihre Kunden von privater Vorsorge zu überzeugen.

Die Absicherung des Pflegefallrisikos zählt definitiv zu den Maßnahmen eines weit gefassten Vermögensschutzes. In Zeiten von Kurzarbeit sowie niedrigeren Löhnen und Gehältern könnten bestehende Verträge „geopfert“ werden. Welchen Rat geben Sie Ihren Vertriebspartnern, aber auch Ihren Kunden?

Es ist aus unserer Sicht auf jeden Fall empfehlenswert, den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten und beispielsweise nicht auf eine Anwartschaftsversicherung umzustellen oder ganz zu kündigen.

Ohne ein Schreckensszenario auszumalen: Wir haben es in der Coronakrise bei den wirklich stark Betroffenen letztendlich mit gesundheitlichen Risiken zu tun, deren mittel-/langfristige Auswirkungen man nicht abschätzen kann. Wir bieten als Unterstützung an, die Beiträge bis zu drei Monate zu stunden, ohne dass der Kunde seinen Versicherungsschutz verliert. Eine weitere Alternative wäre eventuell eine Reduktion des Versicherungsschutzes, zum Beispiel eine Herabsetzung des Tagegeldes um 5 Euro oder der Ausschluss der niedrigen Pflegegrade 1 oder 2.

Die Produktqualität zeigt sich insbesondere im Leistungsfall. Wie „erlebbar“ gestalten Sie diese Phase für Ihren Vertriebspartner beziehungsweise Ihre Kunden? Der Münchener Verein wurde ja auch in diesem Segment ausgezeichnet.

Versicherungen sind oft mit dem Klischee behaftet, wenn es darauf ankommt, nicht zu leisten, aber vorher gerne die Kundenprämien anzunehmen. Hier wollen wir aktiv gegensteuern. Gerade in der aktuellen Situation um Corona ist es für unsere Kunden existenzentscheidend, dass wir schnell und unbürokratisch geleistet haben. An dieser Strategie werden wir auch nichts ändern. Darauf können sich unsere Kunden und Vertriebspartner verlassen.

Eine weltweite Wirtschaftskrise wird die Folge der Corona- Pandemie sein. Bestimmte Branchen werden dadurch massiv und existenziell bedroht. Dazu zählt mit dem Handwerk auch eine Kernzielgruppe des Münchener Verein. Sie persönlich stehen im direkten Austausch mit den Handwerksbetrieben und auch deren Interessenvertretern. Schildern Sie uns doch bitte Ihre Sichtweise. Und was können Sie Ihren Vertriebspartnern empfehlen? Auch hier geht die Sorge um, dass Kundenbeziehungen wegbrechen.

Das Handwerk ist natürlich inzwischen auch in weiten Teilen im Krisenmodus angelangt. Vermehrt fehlende Zulieferteile bringen verstärkt Kurzarbeit und drohende Schieflagen der Betriebe mit sich. Es war und wird sicher immer wichtiger werden, die Betriebsinhaber auch auf die neuen Herausforderungen und die detaillierte Absicherung der Betriebe hinzuweisen. Hierzu zählen insbesondere die sehr wichtige Betriebsschließungsversicherung und der Schutz bei Betriebsunterbrechung. Auch Angebote zur Mitarbeiterfindung und -bindung werden sicher noch wichtiger werden.

Dazu gehört auch die betriebliche Altersversorgung. Wichtig ist uns der ständige Kontakt und Austausch mit den Interessenvertretern des Handwerks und natürlich die entsprechende fachliche und kompetente Beratung durch unseren zertifizierten Außendienst. Herausstellen möchte ich unsere Sofortmaßnahme „Lösungen bei Zahlungsschwierigkeiten“ für Handwerker und Kunden aus anderen Bereichen. Wir haben für unsere Kunden in kürzester Zeit einen „Schutzschirm“ aufgespannt: Zahlungsaufschub für Folgebeiträge, Ratenzahlungen, zeitversetzter Lastschrifteinzug, Umstellung der Zahlungsweise, Beitragsreduzierungen und -freistellungen sowie Vertragsanpassungen mithilfe eines Tarifwechsels. Daher glaube ich nicht, dass Kundenbeziehungen wegbrechen.

Versicherer per se tragen ein hohes Maß an Verantwortung. Wie wird die ganze Branche diesem Anspruch in einer so komplexen wirtschaftlichen Situation gerecht werden?

Leisten durch Leistung. Neben der finanziellen Entschädigung verlangt der Kunde nach Hilfestellungen und Informationen  Deshalb versuchen wir, unseren Kunden und Vertriebspartnern regelmäßige Updates zur aktuellen Lage zu geben, aber auch Unterstützung, wo sich die Kunden für staatliche Förderungen hinbegeben können und letztlich auch, wie man sich am besten vor dem Virus schützen kann. Heutzutage kauft der Kunde zwar eine Versicherung, aber nicht nur um des Produktes willen, sondern vielmehr als Unterstützung zur Lösung als Gesamtes.

Wie positioniert sich der Münchener Verein als mittelständischer Versicherer in dieser Frage?

Wir übernehmen Verantwortung, wir halten zu unseren Kunden und lassen sie nicht im Stich. Für uns als traditionellen Handwerksversicherer war es von Beginn der Krise an immer klar, dass wir leisten. Das Coronavirus ist über die bestehende Betriebsschließungsversicherung des Münchener Verein vollumfänglich mitversichert. Mithilfe unserer schnellen und unbürokratischen Auszahlung mit teilweise sechsstelligen Summen haben wir Existenzen im Handwerk gerettet und Betriebe vor der Insolvenz bewahrt. Das betrifft insbesondere Bäckereien und Metzgergewerke. Im Gegensatz zu anderen Versicherern – siehe die Initiative und Güteempfehlung dreier Versicherer Anfang April – leisten wir nicht nur 15 Prozent, sondern komplett. Wir stehen zu unserem Wort und zu unseren Verträgen und reden uns nicht raus.

Herr Dr. Reitzler, diese Ehrung erreicht Sie in einer sehr belastenden Zeit, deren Bewältigung als die größte Aufgabe für uns alle seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet wird. Die Gemeinschaft, das WIR, ist wichtiger denn je und wird es auch in Zukunft sein. Sie haben die Auszeichnung Ihrem Team und Ihren Vertriebspartnern gewidmet. Doch wie fühlt sie sich für Sie persönlich an?

Die Auszeichnung ist für mich persönlich eine Bestätigung im Wirken als Vorstandsvorsitzender für den Münchener Verein im nunmehr 13. Jahr. Gleichwohl sind es die zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Großartiges geleistet haben, ebenso die Vertriebspartner. Ich nehme mich persönlich nicht so wichtig, denn ich habe diese Auszeichnung nur stellvertretend für alle entgegengenommen. Gerade jetzt, wo wir als Münchener Verein in der Gemeinschaft selbst betroffen sind, kommt es sehr auf einen kollektiven und kollegialen Zusammenhalt an. Das gibt mir Mut und Hoffnung für die Zukunft, auf unserem Weg zum hundertjährigen Jubiläum in 2022.

Herr Dr. Reitzler, vielen Dank für das ausführliche Gespräch.

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