Bereits das schwache Wirtschaftswachstum 2019 hatte dazu geführt, dass sich die Kreditversicherer Portfolien individuell angeschaut und Limite nach unten korrigiert haben.
Die Corona-Krise führte nun dazu, dass noch einmal deutlich stärker Limitreduzierungen vorgenommen wurden – auch jetzt reagierten die Versicherer noch sehr unterschiedlich. Der Schutzschirm in Höhe von 30 Milliarden sollte dem ein Ende bereiten und deutschen Unternehmen, die ihre Kunden im In- und Ausland versichern wollen, wieder mehr Sicherheit garantieren.
Das ist auch zum Großteil geglückt, die Lage hat sich entspannt – dennoch gibt es weiterhin Reduzierungen und Aufhebungen.
Marcus Sarafin, Geschäftsführer bei Gesellschaft für Liquidität - GFL, dazu:
„Bei einzelnen Kreditversicherern haben wir positive Erfahrungen mit Revisionen gemacht, die in der Corona-Krise zurückgenommen wurden, bei anderen ist das zur Zeit jedoch nicht erkennbar. Erhöhungen aus vorher getätigten Reduzierungen oder neu aufkommendes Geschäft wird immer noch sehr zurückhaltend gezeichnet. Die echte Unterstützung der Kunden ist nach diversen Rückmeldungen unserer Kunden nicht ausreichend erlebbar.“
Hinzu kommt, dass viele Kunden die – leider unrealistische – Erwartungshaltung haben, dass der Schutzschirm nun eine 100-prozentige Deckung gewährleistet.
Wie sehen dies die Kreditversicherer?
GFL hat die großen Anbieter um ein Statement dazu gebeten. Bei den meisten kann man die Kritik der GFL-Kunden nicht nachvollziehen.
Atradius
So teilt Atradius mit, dass in den meisten Fällen die Limite aufrechterhalten würden. Dass weiterhin selektiert werden müsse, sei im Sinne der Kunden:
Ronald Schefczyk, Head of Broker Coordination bei Atradius, dazu:
„Der Schutzschirm ist nicht für Unternehmen gedacht, die sich bereits vor Corona in einer schwierigen Situation befanden. In diesem Zusammenhang übernehmen wir weiterhin unsere Kernfunktion der Kreditprüfung und -überwachung. Alle unsere Kunden haben eine Selbstbeteiligung. Aus diesem Grund ist es nicht im Interesse unserer Kunden diese Kernfunktion komplett außer Kraft zu setzen.“
Coface
Coface sieht das ähnlich: Zwar könnten Limite der Kunden durch den Schutzschirm aufrechterhalten werden, gefragt sei jedoch weiterhin eine klassische Kreditversicherung und keine hundertprozentige Risikoübernahme.
Jens Marienfeld, Head of Brokermanagement bei Coface, sagt:
„Wir entscheiden im Sinne unserer Kunden und besprechen mit ihnen ausführlich die aktuelle Situation mit Blick auf die Zukunft.“
R+V Versicherungen und Euler Hermes
Bei R+V verspricht man sogar sehr klar:
„Wir können und werden die Versicherungssummen für die Debitoren unserer Versicherungsnehmer in gleichem Umfang aufrecht erhalten wie vor der Pandemie. Es gab und gibt allerdings immer Fälle, in denen die Aufhebung oder Ablehnung einer Versicherungssumme die einzige Möglichkeit darstellt. Dies ist auch im Interesse unserer Versicherungsnehmer.“
Euler Hermes verweist auf seine Pressemitteilungen. Darin heißt es, dass Deckungszusagen für zuvor gesunde Unternehmen durch den Schutzschirm aufrechterhalten werden können.
Für wen gilt der Schutzschirm?
Wo der Schutzschirm zur Anwendung kommt und wo nicht, ist für die Kunden allerdings teilweise schwer zu durchschauen, weiß Marcus Sarafin. So greift der Schutzschirm beispielsweise nicht für große deutsche Unternehmen mit internationalen Versicherungsprogrammen.
Andererseits gibt es Auslandsgesellschaften, die unter den Schutzschirm fallen – weil sie durch einen Miteinschluss in die deutsche Police versichert sind.
Marcus Sarafin dazu:
„Die generelle Aussage ‚Der Schutzschirm gilt für deutsche Unternehmen, für ausländische nicht‘ kann man deshalb nicht treffen, obwohl das von vielen Unternehmern so verstanden wurde. Ob das die Regierung tatsächlich so gewollt hat, können wir nicht beurteilen; in der Praxis sehen wir jedoch viele Detailprobleme.“
Limitreduzierungen für ausländische Lieferanten
Deutsche Firmen haben momentan ein weiteres großes Problem, wenn sie im Ausland einkaufen. Die Lieferanten sind damit qua Zielsetzung nicht unter dem Schutzschirm angesiedelt, sodass einige Versicherer bei ihnen weiter Limite reduzieren.
Auch hier gehen die Kreditversicherer sehr unterschiedlich vor. Lediglich R+V gibt an, bei ausländischen Lieferanten ihrer Kunden keinerlei Limite zu kürzen.
Coface und Atradius berücksichtigen ausländische Lieferanten aus Ländern, in denen es einen Schutzschirm gibt, in ihren Limitentscheidungen.
Aus Sicht von GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin braucht es momentan allerdings mehr Unterstützung für die Unternehmen:
„Wir sehen die Gefahr, dass eine unzureichende Limitvergabe der Kreditversicherer den Aufschwung erheblich bremsen könnte.
Es braucht die Unterstützung der Versicherer und Finanzpartner, um einen hoffentlich schnellen und starken Aufschwung aktiv zu begleiten.“
Auch wenn das die Kreditversicherer selbst anders sehen: Für eine echte Unterstützung fordert Sarafin den Bund auf, die Selbstbeteiligung im Rahmen des Schutzschirms zu überdenken:
„Bei den anscheinend eindeutigen Vorgaben des Bundes, wie und wann der Schutzschirm wirkt, verstehen wir gut, dass Versicherer vorsichtig agieren.“