Kundenbindung in Krisenzeiten

Fast jeder vierte Bundesbürger (24 Prozent) hat eigenen Angaben zufolge derzeit weniger Geld zur Verfügung als vor der Corona-Pandemie. Viele Verbraucher zeigen sich sparaktiver als vor der Krise – allen voran jüngere Menschen (18-39-Jährige: 28 Prozent; Gesamtbevölkerung: 21 Prozent).

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Für Unternehmen mit vertragsbasierten Geschäftsmodellen – wie insbesondere Versicherer, Telekommunikations-Dienstleister oder Energieversorger – bedeutet dies: Die Gefahr von Kündigungen, Wechseln oder Zahlungsausfällen nimmt zu; Neuabschlüsse werden hingegen eher seltener oder verschoben.

Potenziell durch die Coronakrise kündigungsgefährdet sind aktuell insgesamt 13 Prozent der bestehenden Versicherungsverträge, 12 Prozent der Mobilfunkverträge, 11 Prozent der Energieversorgungsverträge und acht Prozent der Verträge im Bereich Internet/Festnetz/TV. Doch es gibt auch gute Nachrichten für die Anbieter: Attraktive Maßnahmen der Kundenbindung stellen gerade in Krisenzeiten eine wirksame Kündigungsprävention dar.

Zugleich neigen die Deutschen aktuell deutlich stärker dazu, beim Ausgehen, bei Reisen, bei Bekleidung oder bei allgemeinen Konsumgütern zu sparen als bei laufenden Kundenverträgen. Zudem ist das Potenzial für Neuabschlüsse zwar eingeschränkt, aber keinesfalls zum Erliegen gekommen.

Dies zeigt der aktuelle «Trendmonitor Kundenbindung» des Marktforschungsinstituts Nordlight Research. Im Mittelpunkt steht die detaillierte Analyse von Kündigungsgefahren und Abschlussbereitschaften in den Branchen Versicherungen, Telekommunikation und Energieversorgung, die Untersuchung der Attraktivität unterschiedlicher Maßnahmen zur Kundenbindung sowie der generelle Einfluss von Corona auf das Kaufverhalten und die Kaufstimmung der Bundesbürger. Repräsentativ befragt wurden 1.549 Verbraucher im Alter zwischen 18 und 70 Jahren mit Zugang zum Internet.

Welche Kundenbindungsmaßnahmen den größten Erfolg versprechen

Unter rund 20 untersuchten Kundenbindungsmaßnahmen beurteilen die Verbraucher vor allem Treuevorteile, vereinfachte Kündigungs- und Tarifwechselmöglichkeiten sowie Preisgarantien als attraktiv und wirksam.

Auch weitere Maßnahmen, wie etwa Einmalboni, Vertragspausen oder das Sammeln von Bonuspunkten kommen bei vielen Verbrauchern gut an. Vergleichsweise wenig attraktiv werden in Krisenzeiten hingegen beispielsweise vermehrte  Spendenaktivitäten der Unternehmen oder kostenfreie Beratungsangebote erlebt.

Je nach Art der Kundenverträge und innerhalb einzelner Zielgruppen zeigen sich hier teils deutliche Präferenzunterschiede.

Generell ist die Mehrheit der Bundesbürger der Meinung, dass in Krisenzeiten alle Kunden gleichermaßen von Kundenvorteilen profitieren sollten (47 Prozent). Jeder Dritte (33 Prozent) ist demgegenüber der Auffassung, dass diese in erster Linie den Stammkunden zu Gute kommen sollten; jeder fünfte Bundesbürger (20 Prozent) spricht sich – auch unabhängig von der eigenen Bedürftigkeit – dafür aus, dass davon vor allem besonders bedürftige Kundengruppen profitieren sollten. Insbesondere jüngere Menschen plädieren dafür.

Dr. Torsten Melles, Geschäftsführer bei Nordlight Research sagt:

Nicht nur, aber gerade in Krisenzeiten lohnt es für vertragsbindende Unternehmen, ihre Kundenbindungen präventiv und zielgruppenspezifisch zu stärken. Eine spätere Kundenrückgewinnung oder die Neukundengewinnung sind in aller Regel mit deutlich höheren Aufwänden verbunden.

Welche Kundenverträge aktuell besonders gefährdet sind – und wo die größten Potenziale für Neuabschlüsse liegen

  • Versicherungen:

Im Versicherungsbereich sind aktuell in den Sparten Reiserücktrittsversicherung und Kfz-Kasko-Versicherung die meisten Änderungen geplant (11 Prozent) – seien es Kündigungen oder vertragliche Änderungen.

Je nach Versicherungssparte planen dies aktuell zwischen vier bis elf Prozent der Kunden. Die unmittelbaren Kündigungsgefahren liegen dabei zwischen ein und drei Prozent – mit der Reiserücktrittsversicherung und der Berufsunfähigkeitsversicherung an der Spitze (je 3 Prozent).

Motivatoren sind meist die Suche nach Kosteneinsparungen oder bessere Angebote anderer Anbieter. Der Einfluss von Corona auf das Einspar- und Kündigungsverhalten von Versicherungskunden ist – im Vergleich zu anderen Konsumbereichen – als moderat einzuschätzen. Das größte Neuabschlusspotenzial für die Assekuranz zeigt sich aktuell in der Sparte Rechtsschutz (7 Prozent).

  • Telekommunikation:

Im Telekommunikationsbereich sind aktuell vor allem Mobilfunkverträge am stärksten von Kündigungen und Tarifwechseln bedroht (16 Prozent; Kündigungsanteil: 4 Prozent). Auslöser sind auch hier meist die Suche nach Kosteneinsparungen oder als besser wahrgenommene Angebote anderer Anbieter.

Der Einfluss von Corona auf das Einspar- und Kündigungsverhalten der Telekommunikationskunden ist jedoch, branchenübergreifend betrachtet, ebenfalls vergleichsweise moderat. Das größte Potenzial für Neuabschlüsse zeigt sich aktuell bei TV-Services (4 Prozent) wie insbesondere Streaming-Dienste und Pay-TV.

  • Energieversorgung:

Im Bereich der Energieversorgung (Strom/Gas) sind sechs bis sieben Prozent der aktuellen Verträge von Kündigungen und Anbieterwechseln bedroht. Weitere elf Prozent der Energiekunden planen Vertragsumstellungen. Auslöser sind auch hier meist die Suche nach Kosteneinsparungen oder als besser wahrgenommene Angebote anderer Anbieter.

Der Einfluss von Corona auf das Kündigungs- und Einsparverhalten von Energiekunden ist verglichen mit anderen Konsumbereichen überschaubar und dabei auch etwas geringer als beispielsweise im Versicherungsbereich. Drei Prozent aller Haushalte planen derzeit den Abschluss eines neuen Stromvertrags, ebenso viele den Abschluss eines neuen Gasversorgungsvertrags.

Dr. Torsten Melles resümiert:

Kundenverträge in den Bereichen Versicherungen, Telekommunikation und Energieversorgung zeigen sich in übergreifender Perspektive zwar deutlich weniger stark gefährdet als Konsumausgaben in anderen Branchen. Dennoch sollte auch hier das Gefährdungspotenzial in dynamischen Krisenzeiten nicht unterschätzt werden. Die Anbieter tun daher gut daran, in puncto Kundenbindung sehr wachsam zu sein und präventiv zu handeln. Zugleich sollten die Potenziale für Neuabschlüsse offensiv genutzt werden.

Sehr gemischte Verbraucherstimmung in Corona-Zeiten

Insgesamt zeigt die Trendstudie in puncto Verbraucherstimmung ein stark gemischtes Bild: Während 54 Prozent der Bundesbürger meinen, wir hätten das Schlimmste der Corona-Krise bereits überstanden, meinen 46 Prozent, das Schlimmste stünde uns erst noch bevor (Stand: September 2020).

Der allgemeine Optimismus bzw. Pessimismus der Verbraucher allein macht aber nicht den entscheidenden Unterschied bei der Entscheidung für Kündigungen oder Neuabschlüsse aus. Jeder zehnte Berufstätige befürchtet aktuell zudem den Verlust seines Arbeitsplatzes – insbesondere Menschen mit niedrigeren Einkommen.

Mit Blick auf das allgemeine Einkaufsverhalten geben aktuell 36 Prozent der Bundesbürger an, dieses hätte sich nach dem Lockdown im Frühjahr und nach der Wiederöffnung der Geschäfte wieder normalisiert (Stand: September 2020); im Juni waren dies erst 24 Prozent.

Matthias Starosta, Studienleiter bei Nordlight Research kommentiert hierzu:

Trotz der Erholung ist in zahlreichen Konsumbereichen weiterhin eine deutliche Kaufzurückhaltung der Verbraucher spürbar. Die aktuell wieder verschärfte Pandemie-Entwicklung trägt nicht dazu bei, dass sich dies kurzfristig ändern wird.

Über die Studie

Die komplette Studie «Trendmonitor Kundenbindung 2020» ist – als differenzierte Reports für die die Branchen Versicherungen, Telekommunikation und Energieversorgung – über Nordlight Research erhältlich. Die Studie umfasst umfangreiche weitere Ergebnisse und viele Differenzierungen nach unterschiedlichen Zielgruppen und Produktsegmenten.

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