Neue Regelung zur Verlustverrechnung: Vorsicht bei Termingeschäften

In der privaten Vorsorge geht angesichts der anhaltend niedrigen, zum Teil negativen Zinsen heute ohne Aktien nichts mehr. Diese Botschaft scheint auch bei immer mehr Bundesbürgern anzukommen. Laut dem Deutschen Aktieninstitut besaßen im vergangenen Jahr 12,4 Millionen Menschen hierzulande direkt oder indirekt, also über Fonds oder ETFs, Aktien.

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Das waren 28 Prozent mehr als im Vorjahr. Für jenen Teil der Anleger, die direkt in Aktien investiert sind, kann es dabei eine hilfreiche und sinnvolle Strategie sein, die Aktienpositionen im Portfolio durch den Einsatz von Termingeschäften beziehungsweise Derivaten vorübergehend abzusichern.

Dass das Anleger offenbar tatsächlich tun, bestätigt eine Untersuchung der WHU Otto Beisheim School of Management. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass fast 70 Prozent der Anleger, die Derivate kaufen, damit Portfoliopositionen gegen Marktrisiken absichern. Anders formuliert: Lediglich 30 Prozent spekulieren mit solchen Finanzprodukten.

Professor Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des FPSB Deutschland, erklärt:

„Tatsächlich kann die Absicherung größerer Aktienbestände in einem Depot, das der langfristigen Vorsorge dient, Sinn machen, weil wir an den Kapitalmärkten immer wieder Phasen sehr hoher Volatilität erleben und solche Finanzinstrumente vor hohen kurzfristigen Verlusten schützen können. Das heißt, in solchen Fällen, wie zum Beispiel in der Corona-Krise 2020, setzen Anleger Derivate durchaus vernünftig ein.“

Stark eingeschränkte Verlustverrechnung seit Januar 2021

Doch genau diese Absicherungsmöglichkeit ist nun in Gefahr. Denn mit dem Jahressteuergesetz 2019 wurde die Möglichkeit zur Verlustverrechnung für Einkommen aus Kapitalvermögen deutlich eingeschränkt.

So hat der Gesetzgeber bereits mit Wirkung für das Jahr 2020 Verrechnungsmöglichkeiten für Verluste aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung sowie aus der (Depot-)Ausbuchung, Übertragung oder dem sonstigen Ausfall wertloser Kapitalanlagen weitestgehend ausgeschlossen, ganz unabhängig und zusätzlich zum ohnehin bestehenden gesonderten Verlustverrechnungskreis für Aktienverluste.

Seit Anfang dieses Jahres nun dürfen die innerhalb eines Jahres entstehenden Verluste aus Termingeschäften, wozu der Einsatz von Derivaten zählt, demnach nur noch mit Gewinnen aus anderen Termingeschäften sowie Stillhalteprämien verrechnet werden. Zudem ist die Verlustverrechnung pro Jahr seit 01.01.2021 auf 20.000 Euro begrenzt.

Prof. Tilmes, der neben seiner Vorstandstätigkeit auch Academic Director Finance & Wealth Management an der EBS Executive School, Oestrich-Winkel ist, erklärt:

„Fallen höhere Verluste an, dann sind diese ins Folgejahr vorzutragen, sie dürfen dort aber auch nur wieder mit entsprechenden Gewinnen aus Termingeschäften bis maximal 20.000 Euro verrechnet werden.“

Somit ist diese zusätzliche steuerliche Verlustverrechnungsrestriktion zu beachten, welche zu einer erhöhten Besteuerung führen kann. Hintergrund ist eine asymmetrische Berücksichtigung von positiven Erträgen einerseits und einer weitgehenden Nichtberücksichtigung von Verlusten andererseits.

Verlustverrechnung mit anderen Kapitaleinkünften nicht mehr zulässig

Am besten lässt sich die Auswirkung an einem Beispiel erläutern: Macht ein Anleger mit seiner Absicherung einen Verlust, dann konnte er diesen bislang mit anderen Gewinnen verrechnen, so dass sich die Absicherung in manchen Fällen lohnen konnte.

Bei größeren Aktiendepots können Verluste aus solchen Absicherungsgeschäften aber auch höhere Beträge von beispielsweise 40.000 Euro mit sich bringen. Diese können nun nur noch mit Gewinnen aus anderen Derivategeschäften verrechnet werden.

Nehmen wir an, diese Gewinne liegen bei 30.000 Euro, dann lassen sich jetzt maximal 20.000 Euro, also die Hälfte der Verluste, davon abziehen. Der übrige Verlust muss in das nachfolgende Jahr vorgetragen werden, während der restliche Gewinn von 10.000 Euro sogar noch versteuert werden muss.

Eine betragsmäßig höhere Verlustverrechnung oder eine Verlustverrechnung mit anderen Kapitaleinkünften ist steuerlich somit nicht mehr zulässig.

Finanzexperte Tilmes folgert:

„Für Anleger, die ihr Depot auf diese Weise absichern, kann es deshalb richtig teuer werden.“

Für Anleger bedeutet das, dass es steuerlich durch die Verlustverrechnungsbeschränkungen zu einer Steuerbelastung kommen kann. In der Fachliteratur wird aus verfassungsrechtlich Aspekten dieses Ergebnis, verbunden mit weiteren Fragen, kritisch diskutiert.

Tilmes erklärt weiter: „Insofern kann diese neue Regelung zur Verlustverrechnung erheblichen Einfluss auf den Aufbau eines Portfolios haben. Deshalb kann ich nur jedem Anleger dringend empfehlen, das aktuelle Portfolio in dieser Hinsicht zu überprüfen.“

Ausblick und Handlungsoptionen

Grundsätzlich ist mit einem deutlich steigenden Steuerveranlagungsbedarf zu rechnen, da die Verluste aus Termingeschäften von der depotführenden Bank nicht berücksichtigt werden und vom Anleger im Rahmen der Veranlagung geltend zu machen sind.

Welche Handlungsoptionen stehen nun dem Anleger im Hinblick auf die drohende Nichtberücksichtigung von Verlusten aus Termingeschäften – soweit sie 20.000 Euro jährlich überschreiten – zur Verfügung?

Zunächst kann man im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Zweifel Einspruch gegen Steuerbescheide einlegen, die Verluste aus Termingeschäften nur bis 20.000 Euro berücksichtigen, und das Verfahren so lange offenhalten, bis diese Frage geklärt wird.

Zu überlegen ist auch, in indirekte Anlageformen wie Investmentfonds auszuweichen, für die diese Beschränkungen nicht gelten. Sehr vermögende Anleger können auch die Gründung einer eigenen GmbH für diese Geschäfte in Erwägung ziehen.

Professionelle Portfoliostrukturierung durch CFP®-Professionals

Hilfreich kann es deshalb sein, die Unterstützung durch einen CERTIFIED FINANCIAL PLANNER® (CFP®-Professional) in Anspruch zu nehmen. Die Experten sind aufgrund ihrer Ausbildung und permanenten Weiterbildung in der Lage, ihre Kunden bezüglich ihrer langfristigen Finanzplanung auf höchstem Niveau optimal zu beraten - auch unter Berücksichtigung der aktuellen steuerlichen und rechtlichen Regelungen.

Zudem sind die vom FPSB zertifizierten Professionals nicht nur dazu verpflichtet, sich laufend fortzubilden, sondern sie müssen aufgrund der Standesregeln des FPSB Deutschland auch stets das Kundeninteresse in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit stellen.

Damit sind sie in der Lage, dabei zu helfen, Anlageportfolios entsprechend den individuellen Anforderungen und bezogen auf steuerliche Änderungen hin optimal auszurichten.

Tilmes sagt: „Ich kann nur jedem raten, diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Schließlich dürfte es bei vielen Anlegern um die Altersvorsorge gehen, und da sollte niemand etwas riskieren.“

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