In Deutschland haben die meisten Studenten einen Nebenjob. Die Lockdowns während der Covid-19-Pandemie bedeuten deshalb finanzielle Einbußen und gefährden den Studienabschluss.
In Deutschland muss laut Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) ein Einpersonenhaushalt im Mittel 1.629 Euro pro Monat für private Konsumausgaben ausgeben. Studenten haben laut der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hingegen durchschnittliche Lebenshaltungskosten von 867 Euro im Monat.
Als Finanzierungsquelle nutzen die meisten Studenten neben Ersparnissen und Unterhaltszahlungen der Eltern oder BAföG vor allem Nebenjobs.
Das Meinungsforschungsinstituts Forsa hat im Auftrag der Minijob-Zentrale Bochum ermittelt, dass fast drei Viertel der Studenten eine bezahlten Tätigkeit neben ihrem Studium nachgehen. Befragt wurden dazu im Mai 2020 1.010 repräsentativ ausgewählte Studentinnen und Studenten sowie ehemalige Studenten bis maximal 30 Jahre.
Wissenschaftliche Hilfskraft oder Nachhilfeunterricht
Die meisten Studenten mit einem Nebenjob (33 Prozent) arbeiten als studentische oder wissenschaftliche Hilfskraft oder als Doktorand direkt an ihrer Universität oder Fachhochschule.
Beliebt sind außerdem Bürotätigkeiten (25 Prozent), Nachhilfeunterricht (13 Prozent) und Nebenjobs im Einzelhandel (12 Prozent) sowie in der Gastronomie (11 Prozent).
Hinzugekommen sind in den letzten Jahren außerdem ortsunabhängige Tätigkeiten, die wie im Testerheld Arbeits-Artikel beschrieben, von Studenten online erledigt werden können.
Gehalt bei studentischen Nebenjob nicht entscheidend
Entscheidend bei der Auswahl eines studentischen Nebenjobs ist laut der Umfrage keine überdurchschnittlich gute Bezahlung, sondern vor allem ein gutes Verhältnis zum Arbeitgeber, Anerkennung im Job, abwechslungsreiche Aufgabengebiete sowie eine hohe zeitliche Flexibilität, die es erlaubt die Arbeit mit dem Studium zu kombinieren.
Folgen der Covid-19-Pandemie
Obwohl die meisten Studenten neben ihrem Nebenjob noch weitere Einkommensquellen haben, hat die Covid-19-Pandemie sie überdurchschnittlich stark getroffen. Laut einer Befragung der Job-Plattform Studitemps von über 28.000 Studenten in ganz Deutschland ist der Anteil der Erwerbstätigkeit im Sommersemester 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent gesunken.
Dies liegt laut der Umfrage daran, dass zuvor viele Studenten in Branchen wie der Gastronomie und dem Einzelhandel arbeiteten, also Bereichen der Wirtschaft, die durch die Lockdowns besonders stark betroffen sind. Inzwischen hat sich diese Entwicklung weiter zugespitzt.
Trotz der sinkenden Einnahmen sind die Mieten in beliebten Unistädten auch während der Pandemie weiter gestiegen. 2019 zahlten Studenten für Apartments und Zimmer in Wohngemeinschaften im Mittel 12,55 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, 2020 waren es bereits 13,54 Euro.
Viele Studenten gaben in der Umfrage an, sich deshalb keine eigene Wohnung mehr leisten zu können. Deutlich wird dies vor allem durch den Anteil der Studenten, der bei seinen Eltern wohnt. 2019 lag dieser bei 21,4 Prozent, 2020 waren es 25 Prozent.
Höhere Schulden bei Studenten
Auch die oft schlechtere finanzielle Situation ihrer Eltern wirkt sich laut Studitemps indirekt auf viele Studierende aus. 2020 erhielten 60,2 Prozent aller Studenten finanzielle Unterstützung durch die Eltern, 2019 waren es noch 66,7 Prozent. 6 Prozent der Studenten, die weiterhin Unterhalt von ihren Eltern erhielten, bekamen während der Pandemie sogar eine höhere finanzielle Unterstützung, um die durch den Wegfall der Nebenjobs entfallenen Einnahmen zu kompensieren.
Wie Studitemps ermittelt hat, können leider nicht alle Eltern ihre studierenden Kinder ausreichend finanziell unterstützten. Studenten, die ein Darlehen zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts nutzen, erhöhten während der Pandemie ihre monatliche Rate deshalb im Mittel um 12,8 Prozent auf 555 Euro.
Außerdem gaben die Umfrageteilnehmer an, stärker auf ihre Ersparnisse zuzugreifen. 2019 entnahmen Studenten durchschnittlich 471 Euro pro Monat, 2020 waren es 533 Euro.
Insgesamt zeichnet sich für Studierende in Deutschland ein sehr ernüchterndes Bild. Vielen ist der Nebenjob weggebrochen, einige Eltern können ihre Kinder nicht mehr finanziell unterstützen und zu allem Überfluss ist auch noch der Quadratmeterpreis der Kaltmiete gestiegen – wahrscheinlich ein Grund dafür, dass fast jeder Vierte mittlerweile bei den Eltern wohnt,
kommentiert Studitemps-Chef Eckhard Köhn die Studie.
Studienabbrüche kaum gestiegen
Trotz der hohen finanziellen Einbußen, die laut der Studie „Studieren während der Covid-19-Pandemie“ der Juso-Hochschulgruppe von Februar bis Juni 2020 im Mittel bei 1.570 Euro lagen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Studenten ihr Studium abbrechen während der Pandemie nur um 0,3 Prozent auf 16,6 Prozent gestiegen.
Als Hauptgrund dafür sieht Studitemps die hohe Flexibilität vieler Studenten, die nun statt in der Gastronomie oder im Einzelhandel in Branchen wie der Logistik oder im medizinischen Bereich arbeiten. „Die Studierenden zeigen trotz der schwierigen Situation ein enormes Durchhaltevermögen und Arbeitseinsatz“, erklärt Köhn.
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