In Deutschland haben viele Menschen während der Covid-19-Pandemie in Aktien, Optionen und andere Finanzinstrumente investiert. Die Aktionärsquote von 17,5 Prozent ist aber noch immer deutlich niedriger als in den USA und anderen Ländern.
Der Börsenhype um die New Economy und die als Volksaktie beworbenen Papiere der Deutschen Telekom AG haben 2001 in Deutschland zu einem Rekord bei der Aktionärsquote von etwa 20 Prozent geführt.
Hohe Kursverluste sorgten in den Folgejahren jedoch dafür, dass viele Privatanleger sich von den Finanzmärkten wieder zurückgezogen haben. Laut Daten
des Deutschen Aktieninstitut e.V. (DAI) hat die Covid-19-Pandemie nun erneut einen „Run“ auf Aktien, Optionen und andere Finanzinstrumente ausgelöst.
Inzwischen sind 12,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Dies entspricht einem Sechstel (17,5 Prozent) der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren.
Aktienkultur in Deutschland
Im Jahr 2020 waren damit laut dem DAI rund 2,7 Millionen Personen aus Deutschland mehr als im Vorjahr an den Finanzmärkten aktiv.
Der letztjährige Boom bei den Aktionären ist ein gutes Zeichen für die Aktienkultur in Deutschland. Viele der Menschen, die 2020 in Aktien investiert haben, haben sich für das Sparen in Aktienfonds und Aktien-ETFs entschieden. Sie wollen langfristig dabeibleiben.
Auch die Bundesbank stellte kürzlich einen „rasanten Aufschwung“ bei der Aktivität der Privathaushalte auf dem Kapitalmarkt fest.
Laut dem Fondsverband BVI liegt dieser Entwicklung hauptsächlich an der anhaltenden Niedrigzinsphase, die dafür sorgt, dass Anlageformen wie Tagesgeldkonten zunehmend an Attraktivität verlieren.
Privatanleger investieren im Jahr 2020 deshalb laut Daten des BVI allein in Aktienfonds 20,9 Milliarden Euro. Dies ist mehr als viermal so viel wie im Vorjahr (4,5 Milliarden Euro). Union-Investment-Manager Alexander Schindler erklärt .
Offenbar haben viele Deutsche die Coronakrise genutzt, um erstmals, nach längerer Zeit wieder oder stärker in die Wertpapieranlage einzusteigen. Da Sparbücher keine Erträge mehr abwerfen, beobachten wir ein zunehmendes Interesse der Sparer an der Fondsanlage. Die niedrigen Zinsen schaffen also das, woran jahrelange Finanzbildung oder die Förderung der Aktienkultur gescheitert sind.
Optionshandel und Co. über Onlinebroker
Neben eher langfristigen Investitionen in Aktienfonds und ETFs kam es in den letzten Jahren auch bei kurzfristige Finanzinstrumenten zu einem Boom.
So berichtet unter anderem BANX Broker, dass deutlich mehr Privatanleger am Optionshandel
teilnehmen. Dies bestätigen auch Ergebnisse einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman. René Fischer, Partner bei Oliver Wyman, erklärt:
Covid-19 hat den Brokern in Deutschland einen kräftigen Schub gegeben. Der Wertpapiermarkt ist eines der wenigen Segmente im Privatkundengeschäft, das in den kommenden Jahren noch wachsen wird.
Die Analysten des Unternehmens gehen davon aus, dass die Anzahl der Transaktionen über Onlinebroker in den kommenden Jahren um fünf bis sieben Prozent pro Jahr steigen werden.
2019 lag die Anzahl der Transaktionen im Online-Brokerage-Markt von Kunden aus Deutschland noch bei 80 bis 90 Millionen, 2024 sollten es 105 bis 115 Millionen Transaktionen sein.
Ordergebühren und Provisionen in Milliardenhöhe
Aktuell nehmen die Onlinebroker über Ordergebühren und Provisionen bereits mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr ein. Fischer erklärt:
Bis in fünf Jahren dürfte sich der Wert auf zwei Milliarden Euro verdoppeln.
Das Gesamtertragspotenzial im deutschen Wertpapiermarkt für Broker sieht der Experte bei rund zehn Milliarden Euro jährlich.
Kostenlose Möglichkeiten zum Handel
Trotz der großen Wachstumsraten beim Aktien- und Optionshandel dürfen sich etablierte Anbieter wie BANX Broker jedoch nicht zurücklehnen. Besonders neue Onlinebroker, die teils kostenlose Möglichkeiten zum Handel anbieten, werden zunehmend zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz. Philipp Bulis, Brokerage-Experte bei Oliver Wyman, erklärt:
Viele bestehende Geschäftsmodelle werden durch einen anhaltenden Preis- und Kostendruck auf Dauer nicht fortführbar sein. Einige der etablierten Broker werden ihre Strategie überdenken müssen.
Hohe Kosteneffizienz und breites Angebot
Wer bisher Ordergebühren von acht Euro oder sogar mehr verlangt hat, wird sich umschauen müssen, wo langfristig die Erträge herkommen sollen. Der Druck auf die etablierten Anbieter, die Gebühren zu senken, wird spätestens dann kommen, wenn die Billigbroker aus ihrem Nischendasein heraustreten,
so Bulis. In Zukunft müssen Anbieter also auch beim Aktien- und Optionshandel deutlich kosteneffizienter. Denkbar sind außerdem Rabatte für Trader mit hohem Volumen, die den Brokern besonders hohe Umsätze einbringen.
Überdies sollten sich die Anbieter laut der Unternehmensberatung breiter aufstellen und neben dem herkömmlichen Handel mit Aktien und Optionen auch Angebote zu anderen Vermögensfragen etablieren. „Der Markt für reines Online-Brokerage wird in Deutschland langfristig zu schmal bleiben“, so Bulis.
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