Steht der nächste große Karriereschritt bevor? Ist aus privaten Gründen ein Tapetenwechsel nötig? Oder sieht der Arbeitgeber einfach keine Zukunft mehr in dem gemeinsamen Zusammenwirken? Aufhebungsverträge kommen im Beruf aus verschiedenen Gründen zum Einsatz. Trotzdem stehen insbesondere Beschäftigten oftmals die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben.
Rebecca Gellert, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt auf dem Arbeitsrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG, bringt mit ihren Antworten auf die wichtigsten Fragen Licht ins Dunkel.
Worin unterscheidet sich ein Aufhebungsvertrag von einer Kündigung?
Auch wenn im Volksmund beide Begriffe oftmals durcheinanderkommen, beschreiben sie zwei grundlegend unterschiedliche Sachlagen. Kündigungen bedeuten eine einseitige
Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses – ganz gleich ob vom Arbeitgeber oder -nehmer. Ein Aufhebungsvertrag dagegen erfordert ein Einverständnis beider Parteien zu der Beendigung des Arbeitsvertrages. Zudem bietet der Aufhebungsvertrag den Vorteil, wichtige Punkte wie unter anderem den Urlaub oder die Abfindung zu regeln.
Steht Arbeitnehmern eine Abfindung zu? Wenn ja, in welcher Höhe fällt sie aus?
Grundlegend hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Abfindung. Im Einzelfall kann es jedoch sinnvoll sein, wenn der Arbeitgeber eine Sonderzahlung tätigt. Sie kann für Angestellte zumindest einen Anreiz darstellen, in den Aufhebungsvertrag einzuwilligen, soweit das Unternehmen auf dieser Basis das Beschäftigungsverhältnis beenden möchte. Wie hoch die Summe schlussendlich ausfällt, hängt von den Verhandlungskünsten des ausscheidenden Mitarbeiters sowie dem Wohlwollen des Unternehmens ab.
In der Rechtsprechung hat sich jedoch eine sogenannte Regelabfindung herausgebildet, die anhand der Betriebszugehörigkeit nützliche Richtwerte an die Hand gibt – sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Ein halber Bruttomonatsverdienst pro Jahr der Beschäftigung gilt demnach als angemessen. Da solche Gespräche oftmals herausfordernd sind, hilft juristischer Beistand.
Muss eine Abfindung versteuert werden?
Bei einer Abfindung handelt es sich um kein beitragspflichtiges Gehalt, weshalb keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen.
Dennoch unterliegt die Abfindung der Einkommenssteuer, insbesondere der Lohnsteuer. Eine hohe Sonderzahlung kann folglich eine größere Steuerprogression herbeirufen, da das gesamte Jahresbruttogehalt steigt. Im schlimmsten Fall greift ein höherer Steuersatz als im Vorjahr, was den Nettobetrag deutlich schmälert.
Damit die Belastung nicht unverhältnismäßig hoch ausfällt, hat der Gesetzgeber die sogenannte Fünftelregelung in die Welt gerufen. Außerordentliche Einkünfte – wie die Abfindung – verteilen sich demnach in der Steuerberechnung gleichmäßig auf fünf Jahre. Im Zuge dessen kann sich die Bemessungsgrundlage deutlich reduzieren.
Zieht ein Aufhebungsvertrag automatisch eine Sperrfrist mit sich?
Führt der Angestellte – wie etwa beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages – seine Beschäftigungslosigkeit durch eigene Mitwirkung herbei, verhängt das Arbeitsamt gewöhnlich eine Sperrfrist. In diesem Zeitraum besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Eine solche Zwangspause kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen abgewendet werden. Nämlich dann, wenn nach den sozialrechtlichen Vorschriften ein ‚wichtiger Grund‘ vorliegt.
Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung und der Praxis der Arbeitsagenturen liegt ein wichtiger Grund dann vor, wenn das Unternehmen eine personen- oder betriebsbedingte Kündigung androht und sie mit einem Aufhebungsvertrag vermieden wird. Eine solche Vorgehensweise minimiert das Risiko der Verhängung einer Sperrzeit aber nur dann, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen.
So ist erforderlich, dass die Beendigungsfrist im Aufhebungsvertrag der Länge der Kündigungsfrist gleicht. Außerdem muss der Angestellte ordentlich kündbar sein und die Kündigung mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden sein. Des Weiteren muss sie entweder hypothetisch rechtmäßig sein oder der Arbeitgeber zahlt eine Abfindung. Die Höhe ebenjener sollte ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr nicht überschreiten.
Über die Autorin
Rebecca Gellert ist angestellte Rechtsanwältin in der Kanzlei K+ Korten Rechtsanwälte AG. Sie betreut überwiegend Mandate in den Bereichen Arbeits- und Immobilienrecht. K+ Korten Rechtsanwälte ist eine 2003 gegründete Wirtschaftskanzlei mit Standorten in Hamburg, München und Göttingen. Sie bietet vor allem mittelständischen Unternehmen Unterstützung, Beratung und Expertise bei zivil- und wirtschaftsrechtlichen Fragen. Um passende Lösungen für seine Mandanten zu finden, kann das Team aus insgesamt zwölf Anwälten und einem Steuerberater/Wirtschaftsprüfer auf juristisches Fachwissen aus verschiedensten Rechtsgebieten zurückgreifen.
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