Ein effizienter Arbeitsschutz spielt in Industrie und Handwerk und auch im Büro eine große Rolle. Arbeitgeber müssen einen gesundheitlich unbedenklichen und vor allen Dingen sicheren Arbeitsplatz für ihre Angestellten stellen. Gesundheit und Sicherheit haben oberste Priorität, wenn es darum geht, die Arbeitnehmer vor Risiken und gesundheitlichen Schädigungen zu schützen. Trotzdem aber wird Gesundheitsschutz vielfach vernachlässigt.
Unternehmer sind für den Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter verantwortlich. Die Regelungen sind unter anderem im Arbeitsschutzgesetz geregelt, konkretisiert wird das Gesetz durch verschiedene Verordnungen. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmer unter anderem, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ermitteln und diese mit geeigneten Maßnahmen zu minimieren beziehungsweise eliminieren. Arbeitsplätze müssen derart ausgestattet sein, dass von ihnen keine Gefahren ausgehen. Dazu gehört zum Beispiel die individuelle Schutzausrüstung eines jeden Mitarbeiters, die von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ausfällt. Sind auf einer Baustelle unter anderem Sicherheitsschuhe ein Muss, ist es im Labor die Schutzbrille, im Speditionswesen wiederum ein funktionsfähiger Lkw.
Arbeitsschutz in Deutschland begann mit der Industrialisierung
Thema wurde der Arbeitsschutz in Deutschland im Zuge der Industriellen Revolution, als Lohnarbeit in den Fabriken zu einem Massenphänomen wurde. Gesundheitsschäden waren an der Tagesordnung, die Arbeitsbedingungen schlecht, und auch Kinder mussten arbeiten. Mit dem ersten Preußischen Regulativ entstand das erste Arbeitsschutzgesetz, das sich um den Schutz von Kinderarbeitern bemühte. Durch einen tödlichen Unfall in einer Fabrik in Mannheim, als ein Dampfkessel explodierte und ein junger Mann ums Leben kam, wurde 1865 die erste „Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln gegründet, die später ihren Namen in „Technische Überwachungsvereine („TÜV“) änderte. Vier Jahre später wurde vom Norddeutschen Bund eine Gewerbeordnung erlassen, nach der Arbeitgeber ihre Mitarbeiter gegen Gefahren sichern mussten. Parallel dazu entstanden erste Gewerkschaften und Arbeitervereine; eine erste Unfallversicherung wurde ins Leben gerufen. Das moderne Arbeitsschutzrecht wurde 1973 mit dem Arbeitssicherheitsrecht aus der Taufe gehoben, hinzu kam 1975 die Arbeitsstättenverordnung. 1996 trat dann das Arbeitsschutzgesetz in Kraft.
Arbeitsschutz ist auch im Büro wichtig
Beim Arbeitsschutz gibt es Gestaltungsspielräume, um den unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können. Obwohl es im Büro naturgemäß weniger um das Tragen von Schutzkleidung, die Bewegung von Lasten oder um den richtigen Umgang mit Schadstoffen geht, sondern vielmehr um ergonomische Aspekte, Maßnahmen zur gesundheitlichen Förderung, um Prävention und um eine angenehme Arbeitsumgebung. Außerdem: Zu Unfällen kommt es auch im Büro. Aktuell spielt auch die Corona-Pandemie mit erhöhten Anforderungen an die Sicherheit eine zusätzliche Rolle – wie an jedem anderen Arbeitsplatz auch. Wichtige Faktoren rund um den Arbeitsschutz und die Sicherheit im Büro betreffen neben der ergonomisch passgenauen Ausstattung für Bildschirmarbeit auch die Raumtemperatur, die Raumgröße und der Geräuschpegel. Hier gibt es rechtliche Grundlagen, die von den Arbeitgebern eingehalten werden müssen.
Generell bedeutet Ergonomie am Arbeitsplatz (und nicht nur im Büro) jedoch nicht nur die Ausstattung sowie die Anordnung der Arbeitsmittel, sondern insgesamt die Herstellung einer optimalen Arbeitsatmosphäre. Jedoch arbeiten in der Praxis viele Beschäftigte unter ungünstigen Bedingungen. Laut Statistik ist ein Viertel aller Krankschreibungen auf Muskel-Skelett-Probleme zurückzuführen, jeder Dritte klagt über Kopfschmerzen am Arbeitsplatz. Schuld daran sind häufig Zwangshaltungen und nicht ausreichend Gelegenheit, sich während der Arbeit zu bewegen. Allerdings scheuen viele Unternehmen entsprechende Investitionen in Ausstattung und Arbeitsmittel. Die Rede ist von 3,6 Millionen Bildschirmarbeitsplätzen in Deutschland, die nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen.
Strafen bei Missachtung können drakonisch sein
Die Strafen, die Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Personen erwarten, wenn sie das Arbeitsschutzgesetz nicht einhalten, können drakonisch sein: Bei vorsätzlichen und fahrlässigen Ordnungswidrigkeiten können hohe Bußgelder fällig werden. Werden Verordnungen in Zusammenhang mit der Pandemie nicht befolgt, droht zum Beispiel eine Geldstrafe von bis zu 30000 Euro. Vergehen können auch mit Freiheitsstrafen von einem Jahr (oder einer entsprechend hohen Geldstrafe) geahndet werden. Nämlich dann, wenn Anordnungen mehrmals ignoriert werden oder durch die Gesundheit oder das Leben eines Mitarbeiters durch Vorsatz aufs Spiel gesetzt wird. Geschehen zum Beispiel im Jahr 2010, als ein Auszubildender in einem Handwerksbetrieb nach Auffassung des Gerichts tödlich verunglückte, weil Sicherheitsvorkehrungen an einer Maschine aus Kostengründen entfernt worden sind. Zwei Geschäftsführer sind deshalb vom Landgericht Osnabrück zu Haft- und Geldstraßen verurteilt worden (LG Osnabrück, Urteil v. 20.09.2013, Az.: 10 KLs 16/13). Die beiden Firmenchefs erhielten eine Freiheitsstrafe von je sechs Monaten auf Bewährung und eine zusätzliche Geldstrafe in Höhe von je 100000 Euro. Wegen Missachtung der Aufsichtspflicht wurde ein dritter Geschäftsführer zu einem Bußgeld von 10000 Euro verurteilt.
Erste Maßnahme: Gefährdungsbeurteilung
Für einen effizienten Arbeitsschutz ist planvolles Vorgehen gefragt, das mit der Gefährdungsbeurteilung beginnt. Die individuelle Beurteilung der Gefahren ist wichtig, damit sich der Arbeitgeber über die in einem Betrieb vorhandenen Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter ein Bild machen kann. Die Gefährdungsbeurteilung orientiert sich sowohl an der Betriebsart als auch an der Größe des Unternehmens und beinhaltet arbeitsmittelbezogene sowie tätigkeits- und arbeitsstättenrelevante Faktoren. Auch psychische Belastungsfaktoren müssen vom Unternehmer ausdrücklich in die Gefährdungsbeurteilung aufgenommen werden. Auf Basis dieser Bestandsaufnahme werden im nächsten Schritt die zu treffenden Maßnahmen abgeleitet. Eine gute Organisation ist dabei die halbe Miete: Unternehmer tun gut daran, Gesundheits- und Arbeitsschutz in die innerbetrieblichen Abläufe und Strukturen einzubinden.
Als wirksames Mittel dienen dazu verschiedene Arbeitsschutzmanagementsysteme. Letztlich ist der Arbeitgeber auch dahingehend gefragt, seine Beschäftigten derart zu unterweisen, dass diese Gefahren erkennen und auf diese angemessen reagieren. Eine Gefährdungsbeurteilung bezieht sich auf Fragen, wie ein Arbeitsplatz gestaltet ist, ob es chemische, biologische und physikalische Einflüsse gibt oder wie Arbeits- und Fertigungsverfahren gestaltet sind. Beurteilt werden außerdem die Arbeitsmittel, insbesondere Geräte, Arbeitsstoffe und Maschinen, und wie diese zum Einsatz kommen – genauso werden körperliche und psychische Belastungsfaktoren ermittelt.
Arbeitssicherheitsgesetz ernst nehmen
Während sich das Arbeitsschutzgesetz in erster Linie mit der Gefährdungsbeurteilung und den daraus abzuleitenden Maßnahmen befasst, ist das Arbeitssicherheitsgesetz, kurz ASiG, auf die sicherheitstechnischen Pflichten des Arbeitgebers ausgerichtet. Inhalte des Gesetzes befassen sich zum Beispiel mit dem Bestellen einer Fachkraft für Arbeitssicherheit im Betrieb und eines internen oder externen Betriebsarztes sowie eines Sicherheitsbeauftragten. Wer keine Fachkraft für Arbeitssicherheit hat, kann an einem Unternehmermodell der zuständigen Berufsgenossenschaft teilnehmen und anschließend die Aufgaben selbst wahrnehmen.
Das ist in Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern möglich. Nach Paragraf 1 des Arbeitssicherheitsgesetzes hat der Arbeitgeber die Pflicht, „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Diese sollen ihn beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung unterstützen.“
Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit im Betrieb und die Betriebsärzte unterstützen den Unternehmer in allen Bereichen der Unfallverhütung und des Arbeitsschutzes. Sie sind Ansprechpartner für Interessenvertretungen, für die Beschäftigten und für Führungskräfte. In die Zuständigkeitsbereiche fallen neben Arbeitssicherheit und Unfallschutz auch eine angemessene Arbeitsgestaltung, die Vorbeugung arbeitsbedingter Erkrankungen sowie eine Gefährdungsbeurteilung und Einleitung entsprechender Maßnahmen. Die Betreuungsmodelle durch einen Betriebsarzt hängen unter anderem von der Betriebsgröße ab. Die Realität sieht jedoch oft anders aus, denn viele Betriebe haben keinen Betriebsarzt ernannt. Ihnen drohen zwar zunächst keine Strafen, möglich ist allerdings, dass die zuständige Aufsichtsbehörde eine Anordnung erlässt, die die Bestellung eines Betriebsarztes vorsieht. Wenn diese Anordnung nicht umgesetzt wird, drohen hohe Bußgelder. Bei einer Betriebsgröße von mehr als 20 Mitarbeitern ist außerdem die Bildung eines Arbeitsschutzausschusses Pflicht.
Ob und wie Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit gewährleistet ist, wird von der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) überprüft. Wer optimal vorbereitet ist, muss meist nichts befürchten. Eine Prüfung geschieht nicht in jedem Fall, weil weder die zuständige BG noch staatliche Arbeitsschützer die gesamte Menge an Betrieben kontrollieren können. Wahrscheinlicher ist eine Überprüfung, wenn der Betrieb klein ist, es in der Vergangenheit Beschwerden oder andere Auffälligkeiten gab, oder wenn sich im Unternehmen ein Unfall zugetragen hat.