Einst staatlich eingeführt als zentraler Baustein des 3 Säulen-Modells der privaten Altersvorsorge, gilt die Riesterrente inzwischen für viele Experten, Versicherte und auch Politiker als gescheitert. Aber was macht man mit Millionen von Verträgen, die in Deutschland abgeschlossen wurden?
Ein Beitrag von Ralf Pispers, Gründer und Geschäftsführer der Personal Business Machine (PBM)
Ein schwarzes Schaf haben viele in der Familie: Das macht nur Ärger, liegt anderen auf der Tasche, kommt immer wieder in Konflikt mit dem Gesetz oder bekommt sein Leben einfach nicht auf die Reihe. Auch die Versicherungsbranche kennt schwarze Schafe. Wobei damit an dieser Stelle keine dubiosen Makler gemeint sind, sondern tatsächlich schwarze Schafe unter den Produkten. Ein kurzer Blick in die Medien zeigt, es kann eigentlich nur um eines gehen: die Riesterrente.
Einst staatlich eingeführt als zentraler Baustein des 3 Säulen-Modells der privaten Altersvorsorge, gilt sie inzwischen für viele Experten, Versicherte und auch Politiker als gescheitert. Denn in einer Welt von niedrigsten Garantieverzinsungen lässt sich durch die reine Ertragskomponente nicht viel erreichen. Viele Versicherungsunternehmen, Makler und Vermittler haben deshalb aufgehört, die Riesterrente zu verkaufen. Aber was macht man mit Millionen von Verträgen, die in Deutschland abgeschlossen wurden? Hier erleben wir ein schönes Beispiel zum Potential von Automatisierung, Digitalisierung und Personalisierung. Aber fangen wir von vorne an.
Die staatliche Förderung wird vergessen
Grundzulage, Kinderzulage, Berufseinsteigerbonus – drei Schlagwörter, die bei Sparern eigentlich Hochgefühle hervorrufen sollten und alle drei sind Teil der Riesterrente. Das Problem: Die meisten Versicherten kennen diese Optionen gar nicht oder haben sie vor Jahren einmal gehört bei Abschluss des Vertrages. Gerade Geringverdiener und junge Mütter profitieren massiv von diesen Förderungen. Konkret stehen Erwachsenen jährlich 175 Euro Grundzulage zu, die der Staat zur Riester Rente beisteuert. Für jedes Kind, das ab 2008 geboren ist, kommen nochmal 300 Euro jährlich dazu, für ältere Kinder sind es 185 Euro. Personen, die bei Abschluss des Vertrags noch unter 25 sind, bekommen einmalig 200 Euro als Berufseinsteiger-Bonus dazugezahlt. Klingt nach nicht viel? Ist es aber eigentlich schon, wie folgendes Beispiel zeigt:
- Der Mindesteinzahlbetrag beträgt 60 Euro im Jahr, wovon gerade Geringverdiener profitieren können, da Zulagen vom Staat auf die eigenen Beiträge angerechnet werden und sie damit tatsächlich nur eben diesen Mindestbetrag einzahlen müssen
- Gehen wir also von einer alleinerziehenden Mutter aus, deren Kind nach 2008 geboren wurde und deren Verdienst auf dem Niveau des aktuellen Mindestlohns liegt
- Der Staat steuert damit jährlich 475 Euro zu ihrer Riester Rente bei und sie muss lediglich den Mindestbetrag von 60 Euro aufbringen
Die staatliche Förderung wird nicht optimal genutzt
Das Problem – bei über 16 Millionen Riesterverträgen in Deutschland: Viele der Versicherten lassen sich die Förderung entgehen. Das liegt an der Kombination von Unwissenheit bei den Kunden sowie der Unattraktivität für die Vermittler & Makler, die Riesterverträge aufwändig zu betreuen. Fakt ist: Oft ändert sich im Laufe der Zeit das Einkommen, der Familienstatus oder die Kinder fallen aus dem Kindergeldbezug heraus.
Dann muss der Riestervertrag angepasst werden, um die volle Förderung zu erhalten. Und genau hier entsteht das Einsatzpotential für Daten, automatisierte Kommunikation und digitale Abwicklung. Denn damit Riestern Sinn macht, muss die persönliche Situation des Kunden berücksichtigt und die vielen Millionen Riesterverträge aktiv angepasst werden, damit die Kunden zumindest einen Vorteil erwirtschaften – die staatliche Förderung.
Technologie machts möglich
Gehen wir mal davon aus, dass der Makler/Vermittler in der Regel kein erhöhtes Interesse an der aktiven Betreuung der Riesterverträge hat – für Sie/Ihn lohnt sich die Arbeit nicht, weil es bei den Vertragsanpassungen nur um kleine Summen geht und dabei keine Abschlussprovision entsteht. Und gehen wir davon aus, dass der Kunde nicht mehr auf dem Schirm hat, was es braucht, um die staatliche Förderung optimal auszuschöpfen. Dann kann am Ende nur Technologie helfen. Und die hat es in dem Fall auch wirklich drauf.
In den Systemen der Versicherer schlummern die Vertrags- und Kundendaten. Dazu die Zulagenbescheide zu den Verträgen. Aus den verfügbaren Daten, lässt sich hervorragend analysieren, ob der Kunde die staatliche Zulage optimal ausschöpft.
Auf Basis der Datenanalyse lassen sich jetzt automatisierte Customer-Journeys entwickeln, die den Kunden automatisiert ansprechen, ihn proaktiv auf die Situation hinweisen und ihm ermöglichen, die Zulage durch die Adjustierung der Beiträge sowie weiterer Faktoren (Kinderzuordnung, etc.) optimal zu erschließen.
Voraussetzung dafür ist, dass die Informationen und Handlungsoptionen in der Kundenreise personalisiert für den einzelnen Kunden dargestellt werden. Von der Ansprache (per Brief oder Email) über die detaillierte, digitale Informations-Box bis hin zur Möglichkeit, die Veränderung zum Vertrag digital an das Versicherungsunternehmen zu übermitteln.
Insofern übernehmen moderne Plattformen wie unsere Personal Business Machine zentrale Aufgaben in der Kundenbetreuung. Sie analysieren datengetrieben die Situation des Kunden, sie spielen alle Medien zur Abwicklung der Zulagenoptimierung automatisiert aus und schaffen es dabei, die individuelle Situation des Kunden verständlich und personalisiert zu erläutern.
Gelebte Omnikanal-Strategie
Kommen wir zurück zum Anfang. Die Versicherer haben Millionen von Verträgen in den Systemen. Die Makler/Vermittler keine echte Motivation, diese Verträge aufwändig und persönlich zu bearbeiten. Insofern bietet datengetriebene, automatisierte und personalisierte Kommunikation in Verbindung mit end2end Abwicklung (zum Beispiel eSignatur für die Vertragsanpassung) ein sehr gutes Beispiel für die Synthese aus persönlicher und „maschineller“ Kommunikation. Das ist gelebte Omnikanal-Strategie. Denn am Ende fühlt sich die Situation beim Kunden gar nicht maschinell an. Der Kunde fühlt sich gut betreut und freut sich – genauso wie der Makler & Vermittler – dass er die Riesterzulage so einfach optimieren kann. Und um das schwarze Schaf in der Produktfamilie der Versicherer sieht es dann auch gleich viel versöhnlicher aus.
Über den Autor:
Ralf Pispers ist seit 2017 CEO der PBM Personal Business Maschine AG und stellt dem Markt eine Software-as-a-Service-(SaaS)-Lösung für die personalisierte Aufbereitung aller Medienformate zur Verfügung. Mit dem „New Experience Program“ nutzt Pispers in seinen Unternehmen für die Customer Experience den Einsatz von KI, CRM, Marketing-Automation, DataHub und MediaEngine.
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