Hinkte während der Finanzkrise 2008 die Erholung bei den Steuereinnahmen der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher, verhält es sich in der Pandemie genau umgekehrt. Das liegt unter anderem an den umfangreichen und zügig von der Regierung getroffenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Aber auch die Inflation ist treibende Kraft der steigenden Steuereinnahmen.
Die Wirtschaft in Deutschland dümpelt noch vor sich hin, doch die Steuereinnahmen sprudeln wieder und lagen 2021 über dem Vorkrisenniveau. In der Finanzkrise ab 2008 hinkten die Steuereinnahmen der wirtschaftlichen Erholung hinterher. Die überraschend hohe Dynamik kam vor allem von der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer, die sich im zweiten Jahr der Corona-Pandemie besser als erwartet entwickelten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
In beiden Krisen gingen die Steuereinnahmen im jeweils ersten Krisenjahr (2009 und 2020) kräftig zurück (–5,2 und –6,5 Prozent). Während in der Finanzkrise die Steuereinnahmen im zweiten Krisenjahr 2010 nur zögerlich um 0,4 Prozent stiegen, war das Plus 2021 sehr stark: knapp 13 Prozent. Studienautorin Kristina van Deuverden erläutert, dass sich die Steuereinnahmen in der Pandemie so viel dynamischer entwickelt haben als in der Finanzkrise, zum einen an den unterschiedlichen Ursachen der Krisen läge. Zum anderen aber auch an den Reaktionen der Politik, die in der Pandemie sehr viel entschlossener umfangreichere Maßnahmen ergriffen habe. Sie berichtet:
Offensichtlich haben die Unternehmen nicht damit gerechnet, dass diese Maßnahmen die Wirtschaft so gut stabilisieren und das führt jetzt zu Nachzahlungen.
In Deutschland leisten die Unternehmen bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer den Großteil als Vorauszahlung auf den von ihnen im gleichen Jahr erwarteten Gewinn. Sind diese Erwartungen zu niedrig, müssen die Steuerzahlungen angepasst werden. Das könnte den steilen Anstieg 2021 im Vergleich zu 2020 erklären: Die Körperschaftsteuer hat um 73,6 Prozent zugelegt, die Einkommensteuer um knapp 14 Prozent.
Steuereinnahmen profitieren auch von Inflation
Die Inflation sei ein weiterer Faktor, der die Steuereinnahmen seit dem vergangenen Sommer getrieben habe, ergänzt DIW-Ökonomin van Deuverden. Auch aus diesem Grund seien die derzeitigen Überlegungen, die privaten Haushalte bei den Energiepreisen zu entlasten, richtig – zumal sich die Teuerung durch die militärische Auseinandersetzung in der Ukraine deutlich beschleunige.
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