Immobilienbranche vor großen Herausforderungen

Die hohe Inflationsrate von derzeit 7,4 Prozent hat vielfältige Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und das Immobilien- und Projektentwicklergeschäft in Deutschland. In den vergangenen Monaten haben die Inflation und der Anstieg der Rohstoff- und Baupreise zu deutlich anziehenden Bauzinsen geführt. Auch haben sich die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite in den vergangenen vier Monaten rasch von etwa 1,0 Prozent auf 2,5 Prozent mehr als verdoppelt. Dies hat zu einer großen Verunsicherung unter den Marktteilnehmern geführt.

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Auf dem deutschen Transaktionsmarkt warten deshalb viele von ihnen ab – dies gilt vor allem für institutionelle Käufer. Dramatischer ist die Lage für Projektentwickler: Eine seriöse und verlässliche Kalkulation von Projektentwicklungen ist kaum noch möglich, auch weil gestiegene Baustoffpreise nicht mehr über höhere Preise an die Kunden weitergegeben werden können. Finanzierende Banken werden vorsichtiger und überprüfen ihre Portfolien. Das steigende Refinanzierungsniveau und höhere Risikokosten werden bei der Kreditvergabe einkalkuliert, Finanzierungsstandards verschärft und auf Kundenseite wird Eigenkapital erwartet. Perspektivisch wird mit einer Zunahme von Kreditrestrukturierungen beziehungsweise NPL gerechnet – vor allem im Bereich Projektentwicklung.

Dies sind wesentliche Ergebnisse der Online-Pressekonferenz „Inflation und Zinsen ziehen deutlich an: Was heißt das für die Immobilienmärkte?“, an der Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research bei der HIH Invest Real Estate, Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank, und Torsten Hollstein, Managing Director bei CR Management, teilnahmen.

Prof. Dr. Felix Schindler gab zunächst einen Überblick über makroökonomische Entwicklungen. Zur Baupreisentwicklung sagte er, dass bereits im Zuge der Corona-Pandemie die Baupreise stark gestiegen seien. Nach einer gewissen Normalisierung, schießen die Preise aber mit Ausbruch des Ukrainekrieges erneut in die Höhe. Dies gelte beispielsweise für Bitumen, Konstruktionsvollholz und Betonstahl. Letzterer komme zu einem großen Teil aus der Ukraine und Russland. Die Preise seien insgesamt sehr volatil, was Kalkulationen und Planungen zusätzlich stark erschwert.

Bei der deutschen Inflationsrate zeigt sich laut Schindler, dass sie sich zunehmend durch den Warenkorb frisst. Der Preisdruck begann bei der Energie. Dort hat er etwas nachgelassen, aber die Auswirkungen sind nun beispielswiese bei Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs stärker zu spüren.

Die europäische Notenbank EZB befindet sich in einem Dilemma. Schindler geht davon aus, dass der Euro einerseits aufgrund der hohen Inflationsraten und Zurückhaltung der EZB, an der Zinsschraube zu drehen, schwächer werde – er hat innerhalb der letzten anderthalb Jahre 13 Prozent gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren. Andererseits müsse die EZB die finanzielle Stabilität der europäischen Staaten im Blick haben. Auch hier sei die Entwicklung schwierig, wie ein Blick auf Italien zeige. So stiegen die Zinsen für zehnjährige italienische Staatsanleihen in gut zwei Monaten von zwei auf über drei Prozent. Gleichzeitig erreichte der Zins-Spread zwischen deutschen und italienischen Anleihen erstmals wieder zwei Prozent.

Sind die steigende Zinsen eine Gefahr für die Immobilienmärkte?

Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank, dass es die Projektentwickler seien, die vor großen Herausforderungen stehen:

Preissteigerungen, Lieferengpässe, Bauverzögerungen und höhere Finanzierungskosten sind hier deutlich spürbar. Projektentwicklungen sind schwieriger zu kalkulieren oder potenziell unrentabel.

Man spüre eine deutliche Zurückhaltung bei den Developern, schon jetzt werden knapp ein Drittel der Projektentwicklungen verschoben. Dagegen sorgen Zinsanstieg und stagnierende Mieten bei Bestandsimmobilien dafür, dass, wenn überhaupt, nur noch sehr geringe Wertzuwächse möglich sind.

Aktuell wirken Baukostenerhöhungen, steigende Zinsen und die schwächelnde Wirtschaft dämpfend auf den deutschen Immobilienmarkt. Dazu äußerte sich Axmann, dass die weitere Entwicklung von der von der künftigen Zinsentwicklung und dem Wirtschaftswachstum abhängig sei. Im Basis-Szenario gehe man von einem ‚Soft Landing‘ aus, mit nur moderat steigenden Zinsen und einer baldigen Erholung der Wirtschaft. Deutschland bliebe dann ein ‚sicherer Hafen‘, mit relativ stabilen Mieten und Preisen.

Sollten jedoch ein massiver Zinsanstieg und eine Stagflation die Wirtschaft abwürgen, wären deutliche Wertkorrekturen von 20 bis 30 Prozent möglich. Um sich auf ein mögliches Downside am Immobilienmarkt einzustellen, beobachte man den Markt aktuell sehr genau und fokussiere sich auf ein stringentes Risikomanagement und eine eher konservativen Kreditvergabe.

Die Auswirkungen der steigenden Zinsen sind besonders bei Immobilientransaktionen zu spüren. Torsten Hollstein, Geschäftsführer der CR Investment Management, kommentiert:

Die Nutzungsarten Büro, Logistik und Wohnen performen nach wie vor auf einem hohen Niveau. Allerdings zeigt sich bereits seit einigen Monaten eine größere Zurückhaltung im Wohnsegment.

Zum Thema Non Performing Loans (NPL) ergänzt Hollstein, dass die Situation bei Neubauvorhaben deutlich angespannter sei. Es steigende Kosten, Lieferengpässe und damit verbundene Unsicherheit gäbe und besonders Projektentwickler unter Druck setze. Die Anzeichen verdichten sich, dass es sich dabei nicht nur um eine vorübergehende Entwicklung handle, sondern dass das Neubausegment langfristig ausgebremst werde. Einerseits fördere dies NPLs, anderseits würden dadurch Bestandsimmobilien und Umnutzungen noch attraktiver.

Insgesamt beobachtet CR Management einen Anstieg von NPLs in bestimmten Segmenten, betroffen seien aber vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen. Dies sei vor allem corona-bedingt und stehe nicht in Zusammenhang mit den Zinsen oder Inflationserwartungen.

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