Kriegsklauseln in der Cyberversicherung auf dem Prüfstand

Im Zuge des Ukraine-Krieges ist die sogenannte Kriegsklausel bei Cyberpolicen besonders in den Blickpunkt gerückt. Aus diesem Grund hat Assekurata in den wesentlichen am deutschen Versicherungsmarkt vorhandenen Cybertarifen für Gewerbekunden untersucht, wie konkret und transparent die jeweilige Klausel aus Kundensicht ausgestaltet ist.

Information war, hybrid war, war in the media space. Cyber warfare, DDoS attack, fakes, hackers and cybercrime, phishing, propaganda. A smartphone and silhouettes of weapons stick out of it.Information war, hybrid war, war in the media space. Cyber warfare, DDoS attack, fakes, hackers and cybercrime, phishing, propaganda. A smartphone and silhouettes of weapons stick out of it.Aliaksandr Marko – stock.adobe.com

Schon seit jeher werde in Versicherungskreisen kontrovers diskutiert, inwieweit das Kriegsrisiko versicherbar ist, erläutert Arndt von Eicken, Managing-Analyst der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH. Bereits im Jahr 1990 sei durch Intervention des Bundesministeriums der Verteidigung erreicht worden, dass das sogenannte passive Kriegsrisiko bei Lebensversicherungen vom Versicherungsschutz erfasst wird.

Die entsprechende Formulierungsempfehlung wurde in den Allgemeinen Lebensversicherungs-Bedingungen (AVB) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) formuliert. Allerdings halten sich nicht alle Anbieter am deutschen Versicherungsmarkt an die Empfehlung des GDV, so dass es in der Praxis zu Leistungsunterschieden kommen kann.

Gleiches gilt für die Cyberversicherung. Gerade hier stellt sich in Anbetracht des Russland-Ukraine-Krieges aktuell die Frage, ob Versicherer bei Cyberangriffen mit staatlicher Beteiligung die Versicherungsleistungen unter Berufung auf den sogenannten Kriegsausschluss ablehnen können. Die Ausschlussklauseln in den AVB für Cyberversicherungen sollten dabei präzise formuliert sein und Klarheit hinsichtlich des Versicherungsschutzes schaffen. Grundsätzlich ist ein derartiger Kriegsausschluss marktüblich und findet sich auch in den AVB Cyber-Musterbedingungen des GDV wieder.

Neue Formulierungen von Kriegsklauseln

Ende 2021 hat der Versicherungsmarktplatz Lloyd’s of London neue Klauseln veröffentlicht, die einen Leistungsausschluss bei staatlich beauftragten Cyberangriffen regeln. Diese neuen Klauseln erweitern den bei Krieg geltenden Leistungsausschluss zugunsten des Versicherers auch auf sogenannte ‚Cyber-Operationen‘, erläutert Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will. Es sei anzunehmen, dass sich zukünftig auch deutsche Versicherer hieran orientieren und ihre Bedingungen entsprechend anpassen werden, um das Risiko von Schäden zu reduzieren.

Cyber-Kriegsklauseln im Vergleich

Assekurata hat dies zum Anlass genommen, den Status quo in den AVB zu untersuchen. Insgesamt 28 Kriegsklauseln der Anbieter von Cyberversicherungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) umfasst die Analyse. Als Referenz und Vergleichsmaßstab haben hierbei die GDV-Empfehlungen gedient, da diese zur Formulierung des Kriegsausschlusses juristisch sattelfest erscheinen, erklärt Reiner Will.

Aufgrund des jungen Produktcharakters existieren allerdings noch keine einschlägigen richterlichen Entscheidungen bezüglich der Auslegung der Ausschlussklauseln, so Will weiter. Er vermutet, dass daher in jedem kritischen Fall gerichtlich einzeln entschieden werden müsse, ob ein Schaden versichert sei oder nicht. Umso wichtiger sei es daher, dass die Unternehmen die Ausschlüsse klar und verständlich formulieren und den Raum für Interpretationen so gering wie möglich halten.

Die Erfüllung der GDV-Empfehlung entspricht in der nachfolgenden Darstellung drei Viertel Harvey-Balls, da es sich hierbei um eine Art „Mindeststandard“ auf angemessenem Niveau handelt. Einige Anbieter haben diese Empfehlung bereits verbessert und noch mehr Transparenz und Klarheit geschaffen. Dies wird beim Erfüllungsgrad in Form eines voll gefüllten Harvey-Balls illustriert.

Nur 46 Prozent der Tarife erfüllen Mindest­standard

Insgesamt erfüllt nach Meinung von Assekurata knapp die Hälfte der Tarife (46 Prozent) den Mindeststandard, das heißt die GDV-Empfehlung, umfassend. 29 Prozent befinden sich geringfügig darunter, 18 Prozent liegen deutlich oder sehr deutlich darunter. Demgegenüber übertreffen lediglich 7 Prozent beziehungsweise zwei Bedingungswerke die GDV-Empfehlungen.

Der Großteil der Marktteilnehmer orientiere sich zwar an den GDV-Empfehlungen, dennoch gebe es im Detail zahlreiche Abweichungen, stellt Reiner Will fest. Er zeigt auf:

Die Untersuchung bestätigt damit, dass Cyberversicherungen wenig standardisiert sind. Der angebotene Schutz kann sich je nach Anbieter und Tarif erheblich unterscheiden.

Im Zuge der Untersuchung konnten die Kölner Analysten bisher keinen Anbieter identifizieren, der in seinen AVB auf die Empfehlung von Lloyd’s of London zurückgreift. Noch steht die Verwendung der Dreiteilung der Kriegsklausel entsprechend der GDV-Empfehlung nach „Krieg“, „politische Gefahren“ und „Terrorakte“ im deutschen Markt im Vordergrund.

Inwieweit sich der Markt von dieser Empfehlung abwenden werde, hänge auch von zukünftigen richterlichen Entscheidungen bei Streitigkeiten ab. Ob dann die Empfehlung von Lloyd’s of London mehr Rechtssicherheit bietet, sei abzuwarten, warnt Arndt von Eicken. Er geht davon aus, dass die neuen Vorschläge die Leistungsgrundlage bei kriegerischen Cyberangriffen zumindest deutlich einschränken würden: "Die GDV-Klauseln haben in der Vergangenheit bisher keinen Grund zum Zweifeln hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit und des Kundennutzens geliefert."

Die rund 20-seitige Untersuchung können Interessenten hier kostenlos herunterladen.

LESEN SIE AUCH

Man working late at night in officeMan working late at night in officealtitudevisual – stock.adobe.comMan working late at night in officealtitudevisual – stock.adobe.com
Assekuranz

Vier von fünf Unternehmen haben IT-Sicherheitslücken

Der Mittelstand überschätzt die Qualität seiner IT-Sicherheit und unterschätzt die Risiken eines Cyberangriffs. So halten rund 80 Prozent der Entscheider ihr Unternehmen für ausreichend geschützt. Insgesamt erfüllen aber lediglich 22 Prozent grundlegende technische Sicherheitsmaßnahmen komplett.

Middle-aged man working from home-office on laptop.Middle-aged man working from home-office on laptop.opolja – stock.adobe.comMiddle-aged man working from home-office on laptop.opolja – stock.adobe.com
Assekuranz

Schaden-/Unfallversicherungen verzeichnen die meisten Online-Abschlüsse

Im Versicherungsvertrieb kommt jeder dritte Online-Abschluss aus dem Bereich der Sach-, Unfall- und Haftpflichtversicherung. Der Neugeschäft-Anteil der im Internet abgeschlossenen Policen lag hier 2022 bei 13 Prozent. Zwei Jahre zuvor waren es noch 11 Prozent.

Einkaufswagen-201982828-AS-RattanachatEinkaufswagen-201982828-AS-RattanachatRattanachat – stock.adobe.comEinkaufswagen-201982828-AS-RattanachatRattanachat – stock.adobe.com
Assekuranz

100 Mio. Euro verschenkt durch Stornos

Das Stornovolumen in der Lebensversicherung ist um 5 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro gesunken, abgesehen vom Vorjahr ist das der höchste Wert seit Verabschiedung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) 2014.
Professional IT Programer Working in Data Center on Desktop Computer with Three Displays, Doing Development of Software and Hardware. Displays Show Blockchain, Data Network Architecture ConceptProfessional IT Programer Working in Data Center on Desktop Computer with Three Displays, Doing Development of Software and Hardware. Displays Show Blockchain, Data Network Architecture ConceptProfessional IT Programer Working in Data Center on Desktop Computer with Three Displays, Doing Development of Software and Hardware. Displays Show Blockchain, Data Network Architecture Concept
Assekuranz

Cyber-Musterbedingungen: GDV veröffentlicht Update

Seit der Erstveröffentlichung in 2017 haben sich die Anforderungen für Cyberversicherungen deutlich verändert. Das Update trägt jetzt den veränderten Rahmenbedingungen durch Workation, Cloud Computing oder der DSGVO Rechnung.

Business achievement concept with happy businessman relaxing inBusiness achievement concept with happy businessman relaxing inChinnapong – stock.adobe.comBusiness achievement concept with happy businessman relaxing inChinnapong – stock.adobe.com
Marketing & Vertrieb

Womit Versicherer im Gewerbekundenmarkt punkten können

Welche Services, Produkte und Betreuungsqualitäten sich dafür eignen, bisher allenfalls passiv zufriedene Gewerbekunden zu begeisterten Kunden zu machen und sich im Firmenkundengeschäft insgesamt vorteilhafter zu differenzieren, untersuchte HEUTE UND MORGEN.

Confused businessman thinks how to find the right way to exit from a big mazeConfused businessman thinks how to find the right way to exit from a big mazealphaspirit – stock.adobe.comConfused businessman thinks how to find the right way to exit from a big mazealphaspirit – stock.adobe.com
Assekuranz

Zu viel Regulierung schadet Kunden und Versicherern

Die in Deutschland tätigen Versicherer beklagen ein Übermaß an Regulierung auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Die Dichte und Fülle der Berichtsanforderungen zu Nachhaltigkeit und Datenschutz überfordern die Unternehmen und bremsen wichtige Transformationsvorhaben.

Mehr zum Thema

neelam279 / pixabayneelam279 / pixabay
Assekuranz

Kfz-Versicherung: Preise steigen um 43 Prozent in zwei Jahren

Die Kosten für Kfz-Versicherungen sind in den letzten zwei Jahren massiv gestiegen. Laut Verivox-Kfz-Versicherungsindex zahlen Autofahrer heute 43 Prozent mehr als 2022.

Megan_Rexazin_Conde / pixabayMegan_Rexazin_Conde / pixabay
Assekuranz

BU-Regulierung: Längere Bearbeitungszeiten durch steigende Anträge

Das BU-Leistungspraxisrating 2024 von Franke und Bornberg liefert detaillierte Einblicke in die Regulierungspraxis von zehn Versicherern. Trotz steigender Antragszahlen und längerer Bearbeitungszeiten gibt es Fortschritte.

Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-HauptgeschäftsführerinGDVAnja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-HauptgeschäftsführerinGDV
Assekuranz

IT: Versicherer kämpfen mit Nachwuchsproblemen und alten Systemen

Der Fachkräftemangel in der IT trifft die Versicherungsbranche besonders hart. Alte Mainframe-Systeme und fehlender Nachwuchs stellen Unternehmen vor enorme Herausforderungen, hieß es auf dem IT-Jahreskongress des GDV in Köln. Der Rückblick des Branchenverbands zeigt die drängendsten Probleme und mögliche Lösungen.

DAV-Vorsitzender Dr. Maximilian HappacherErgoDAV-Vorsitzender Dr. Maximilian HappacherErgo
Assekuranz

Lebensversicherung: Aktuare halten an Höchstrechnungszins fest

Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) empfiehlt für das Jahr 2026 weiterhin einen Höchstrechnungszins von 1,0 Prozent für Lebensversicherungsverträge mit Zinsgarantie. Eine Anpassung an die jüngsten Zinsentwicklungen sei nicht notwendig, erklärt DAV-Vorsitzender Dr. Maximilian Happacher.

Marderbisse verursachen in Deutschland jährlich erhebliche Schäden an Kraftfahrzeugen.LubosHouska / pixabayMarderbisse verursachen in Deutschland jährlich erhebliche Schäden an Kraftfahrzeugen.LubosHouska / pixabay
Assekuranz

Marderschäden: Hohe Kosten durch kleine Beißer

Laut einer aktuellen Auswertung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden im Jahr 2023 rund 235.000 kaskoversicherte Fahrzeuge durch Marder beschädigt. Dies entspricht einem Anstieg von knapp zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und PensionsfondsaufsichtMatthias Sandmann / BaFinJulia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und PensionsfondsaufsichtMatthias Sandmann / BaFin
Assekuranz

BaFin rückt Kundennutzen und Stornoquoten in den Fokus

Die BaFin hat ihre Prioritäten für 2025 vorgestellt. Besonders Unternehmen mit hohen Stornoquoten müssen mit genauerer Prüfung rechnen.