Digitale Versicherungskompetenz der Bundesbürger wächst

Die Bundesbürger haben ihre digitale Versicherungskompetenz in den letzten Jahren weiter ausgebaut: 55 Prozent trauen sich mittlerweile zu, ihre Versicherungsangelegenheiten komplett selbständig online zu regeln (2019: 49 Prozent). Konkret möchte jeder zweite Kunde (49 Prozent) versicherungsrelevante Dinge zukünftig überwiegend digital erledigen (2019: 39 Prozent).

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Auch neue Versicherungen wollen 45 Prozent der erwachsenen Bundesbürger in Zukunft bevorzugt online abschließen (2020: 39 Prozent). Hohes Interesse zeigen die Versicherungskunden auch an der Selbstkonfiguration von Versicherungsprodukten. Zudem wächst die Bedeutung von Versicherungs-Apps, Instant Messengern und Live-Chats im digitalen Kundenkontakt.

Gleichzeitig steigen die Ansprüche und Erwartungen an die Qualität und Funktionalität der Digitalisierung in der Assekuranz. Hier sehen die Kunden – trotz wachsender Gesamtzufriedenheit – im Detail noch deutliche Entwicklungspotenziale. Führend in puncto digitaler Kontaktstärke sind im Gesamtmarkt derzeit die Allianz, ERGO und HUK (HUK24 + HUK-COBURG), sowie bezogen auf die eigene Kundenbasis HUK24, CosmosDirekt und Allianz.

Dies zeigt der aktuelle «Techmonitor Assekuranz 2022» des Marktforschungs- und Beratungsinstituts HEUTE UND MORGEN aus Köln. Über 1.500 Bundesbürger ab 18 Jahren wurden zu ihren digitalen Kontaktpunkten im Versicherungsbereich sowie zu ihren präferierten Kontaktkanälen und Kontaktwünschen befragt. Im Fokus der aktuellen Ausgabe standen die unmittelbare Kundenerfahrung an zentralen digitalen Touchpoints sowie Selfservices in der Produktkonfiguration.

Kundenzufriedenheit an digitalen Kontaktpunkten wächst

Im Vergleich zu den Vorjahren lässt sich eine wachsende Gesamtzufriedenheit der Versicherungskunden mit den digitalen Angeboten und Kommunikationsformen der Versicherer feststellen. Speziell nimmt auch die Zufriedenheit mit Instant Messengern (im Kontakt mit bekannten Kundenbetreuern) und Live-Chat-Kontakten (via Versicherer-Homepage mit Vertretern/Beratern) zu.

Auch die Erfahrungen mit Schaden-Apps waren 2022 deutlich zufriedenstellender als noch im Vorjahr. Kritischer werden hingegen Rechnungs-Apps und Chatbots beurteilt. Die Nutzung von Versicherer-Homepages ist rückläufig.

Übergreifend zeigt sich:Je persönlicher und direkter der Kontaktweg, desto höher die Zufriedenheit. Unpersönliche und einseitige (anonyme, nicht dialogorientierte) Kontaktwege erzielen geringere Zufriedenheitswerte.

Hohes Interesse an Selfservices

Je nach Versicherungsart können sich 45 bis 73 Prozent der Versicherungskunden für die Zukunft gut vorstellen, Versicherungen beim Neuabschluss per Auswahlmenü selbst zusammenzustellen oder die Anpassung bestehender Versicherungen selbständig vorzunehmen. Mehr als ein Drittel aller Versicherungskunden (36 Prozent) zeigt ein starkes Interesse an der Online-Selbst-Konfiguration von Versicherungen.

Spartenbezogen gilt dies am stärksten für Kfz-Versicherungen. Aber auch bei anderen Versicherungsprodukten – wie beispielsweise Hausratversicherungen oder Zahnzusatz-Versicherungen – zeigt sich eine Mehrheit der Versicherungskunden dafür aufgeschlossen.

Zielgruppe für solche Selbstkonfigurations-Services ist insbesondere der Versicherungstypus „Digitaler Versicherungsrationalist“, sowie generell all jene Kunden, die Versicherungen bereits online abgeschlossen haben (55 Prozent des Gesamtmarkts). Aus Kundensicht besonders attraktiv sind bei der Gestaltung der Produktkonfiguration „Zuwahl“- Optionen (stärker als „Abwahl“-Optionen oder die Auswahl zwischen unterschiedlichen „Paket“- Optionen).

Selfservices bei Neuabschluss und Anpassung von Versicherungsprodukten haben großes Zukunftspotenzial, berichtet Axel Stempel, Geschäftsführer beim unabhängigen Marktforschungs- und Beratungsinstitut HEUTE UND MORGEN. Diese stärken die Autonomie und Flexibilität der Kunden; seien zudem ein Baustein zur Optimierung der Bedarfsgerechtheit von Versicherungsprodukten. Flexiblere Anpassungsmöglichkeiten bestehender Verträge können darüber hinaus kündigungspräventiv wirken.

Zugleich gilt: „Selfservices müssen klar und verständlich gestaltet werden. Basisabsicherungen und Ergänzungs- oder Abwahloptionen – und damit jeweils verbundene Mehrleistungen, Einschränkungen und verbleibende Risiken – müssen für die Kunden einfach erkennbar sein. Und: Der Weg in die persönliche Beratung darf in Selfservice-Prozessen nicht abgeschnitten werden“, so Axel Stempel.

Digitalisierung in Gesamtkonzept der Kundenbeziehung einbetten

Trotz wachsender Online-Affinität der Versicherungskunden gilt weiterhin: Die Digitalisierung in der Assekuranz sollte aus Kundensicht keine Einbahnstraße sein. Speziell auch nicht den Wegfall persönlicher Ansprechpartner bedeuten: Für die Mehrheit der Versicherungskunden (59 Prozent) bleibt nach wie vor wichtig, einen persönlichen Ansprechpartner in Versicherungsfragen zu haben (2020: 61 Prozent). Der Kontakt mit den relevanten Ansprechpartnern selbst kann dabei aber auch auf digitalem Wege erfolgen.

Wichtig sind den Kunden zudem Versicherungs-Apps, die auch auf dem Smartphone bequem zu bedienen sind und alle wichtigen Verwaltungs-, Steuerungs- und Kontaktmöglichkeiten enthalten. Auch die Zugriffe auf die Kundenportale der Versicherer erfolgen mittlerweile zunehmend per Smartphone via App (aktuell: 17 Prozent; 2019: 9 Prozent); nicht mehr nur über Internetbrowser am PC/Laptop. Bei den digitalen Kommunikationskontakten mit Versicherern (Vertreter und Zentrale) entfällt knapp die Hälfte (46 Prozent) auf den E-Mail-Kontaktweg (Tendenz fallend; 2019: 55 Prozent).

Gut funktionierende digitale Touchpoints lohnen sich für die Versicherer immer mehr, erklärt Jana Grüger, Studienleiterin bei HEUTE UND MORGEN. Zugleich zeige sich eine hohe Dynamik und Differenzierung in den Kontaktpräferenzen und Erwartungen der Versicherungskunden.

Anlassbezogen bleiben klassische Kontaktwege in der Beziehung der Versicherungskunden zu den Versicherern oft noch bevorzugter Kanal. Der zudem auch variieren kann: In der Beratung und bei Vertragsabschlüssen liegt beispielsweise der Wunsch nach persönlichem Kontakt (der auch digital vermittelt sein kann) weiterhin vorne; bei der Abwicklung von Schäden wird hingegen oft das Telefon präferiert. Darüber hinaus zeigen sich einige Zielgruppen und Versicherungstypen nach wie vor nur wenig digitalaffin.

Fazit

Die fortschreitende Digitalisierung in der Assekuranz bietet im Kundenkontakt auch in Zukunft viele neue Optionen und Chancen. Zumal die digitale Affinität und Erreichbarkeit der Versicherungskunden weiter wächst und die digitale Zufriedenheit insgesamt steigt.

Das darf aber nicht dazu führen, anlassbezogene und zufriedenheits- und kaufrelevante analoge Kundenbedürfnisse zu übersehen oder insgesamt weniger digitalaffine Zielgruppen zu vernachlässigen. Daher sollten integrierte und zugleich ausreichend differenzierte Gesamtstrategien der Kundenbeziehung und Kundenbindung in der Assekuranz im Vordergrund stehen – nicht allein technologische Fragen.

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