3rd-eyes analytics hat eine Systematik entwickelt, um die Risiken des Klimawandels sowie zugleich die Möglichkeiten einer nachhaltigen Reduktion von CO2-Emissionen für das Anlagevermögen von Kunden zu analysieren. Zugleich zeigt das Schweizer Wealthtech-Unternehmen zielbasierte und nachhaltige Vermögensplanungs- und Anlageberatungslösungen auf.
Hier kann mit einem neuen Tool auch die Entwicklung der Inflation berücksichtigt werden, die die Kundenvermögen signifikant belastet. Ein Interview dazu mit Dr. Félix Csajka, CFA, Head Investments bei 3rd-eyes analytics.
Herr Csajka, eine realistische Simulation der Kundenvermögen sollte einerseits die Risiken des Klimawandels in der Anlagestrategie berücksichtigen und zugleich eine nachhaltige Reduktion von CO2-Emissionen ermöglichen. Andererseits fürchten sich Anleger zurzeit vor allem vor der Inflation. Wie kann man beide Risiken angemessen in die Vermögensplanung einbeziehen?
Felix Csajka: Das geht, indem wir zusätzlich zu den Risiken des Klimawandels auch die langfristigen Inflationserwartungen des Marktes berücksichtigen. Diese fließen in die langfristigen Renditeschätzungen der Anlageklassen ein, so wird die Inflation zusätzlich bei zukünftigen Zahlungsströmen, beispielsweise bei einer Rentenzahlung oder einer Anschaffung, einkalkuliert.
Was heisst das konkret?
Csajka: Das lässt sich am besten mit einem Beispiel einer Rentenzahlung darstellen. Nehmen wir eine 35-jährige Frau mit einer statistischen Lebenserwartung von 84 Jahren, die im Alter als zusätzliche Rente eine monatliche Auszahlung in Höhe von 1750 Euro anstrebt. Sie kalkuliert, bis zum Renteneintritt im Jahr 2054 ein Vermögen von 150.000 Euro angespart zu haben, das zu je einem Drittel aus Aktien, Anleihen und Cash besteht.
Mit unserem Simulationsrechner müssen wir der Dame aber leider mitteilen, dass ihr für ihren Plan zur Zielerreichung noch 63.195 Euro fehlen oder alternativ das angesparte Vermögen früher aufgezehrt sein wird. Bei Berücksichtigung des Kaufkraftverlusts durch Inflation wird unseren Berechnungen zufolge das kalkulierte Vermögen bereits im Jahr 2063 im Alter von 76 Jahren aufgebraucht sein. Der kalkulatorische Fehlbetrag für das Ausgangsvermögen beträgt 173.329 Euro.
Dabei sind aber die Konsequenzen des Klimawandels noch gar nicht berücksichtigt.
Csajka: Das stimmt leider. Die Folgen des Klimawandels verschärfen diese Situation noch zusätzlich. Bei einem angenommenen Anstieg der globalen mittleren Temperatur um drei Grad – also doppelt so viel wie im Pariser Klimaabkommen angestrebt – ergibt sich im Basis-Szenario ein Fehlbetrag von 243.356 Euro.
Sofern die Dame nichts zusätzlich anspart und beim Renteneintritt nur über die kalkulierten 150.000 Euro verfügt sowie jeden Monat 1750 Euro entnimmt, wäre dies bereits im Jahr 2061 im Alter von 74 Jahren aufgezehrt. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, dass die Risiken von Klimawandel und Inflation unbedingt in der Vermögensplanung berücksichtigt werden müssen.
Die unschöne Alternative wäre eine niedrigere Zusatzrente?
Csajka: Genau, daher sind wir von 3rd-eyes analytics der festen Überzeugung, dass es absolut nötig ist, diese Faktoren aufgrund ihres drastischen Einflusses auf die persönliche Situation eines Kunden nicht zu vernachlässigen, um beispielsweise durch frühzeitiges Gegensteuern der Gefahr der Altersarmut zu entgehen.
Welche Parameter setzen Sie hierfür ein?
Csajka: Wir betrachten die Inflationserwartungen des Marktes und berücksichtigen zudem die Inflationsvolatilität. Hintergrund ist, dass die langfristigen Inflationserwartungen des Marktes von größerer Relevanz sind und diese zwar ebenfalls steigen, aber nicht annähernd so dramatisch wie die Inflationszahlen, die wir derzeit in den USA und der EU sehen.
Die langfristigen Inflationserwartungen, die man zum Beispiel an Inflation-Swaps ablesen kann, liegen für 20 Jahre bei 2,5 Prozent in den USA und dem Euroraum. Die kurzfristigen Erwartungen sind etwas höher. Wir orientieren uns zurzeit an den langfristigen Werten, erwarten aber mittelfristig höhere Inflationsraten nicht zuletzt wiederum aufgrund des Klimawandels, da Temperaturschwankungen und die zwingend notwendige Umstellung auf erneuerbare Energien absehbare Preissteigerungen mit sich bringen werden.
Kann die Inflation überhaupt präzise vorhergesagt werden? Und was sind die beeinflussenden Faktoren?
Csajka: Grundsätzlich kann die Inflation relativ gut vorhergesagt werden, da die Triebkräfte bekannt sind. Wir wissen jedoch auch, dass es Strukturbrüche geben kann, wie beispielsweise in der Finanzkrise. Wichtige Triebkräfte sind die Entwicklung der Energiepreise und der Wechselkursbindungen. Einfluss haben aber ebenso das Pro-Kopf-Einkommen (BIP) und das Kreditwachstum.
Was bedeutet das letztlich für die Anleger? Inwiefern können diese die Inflationsentwicklung in ihren Portfolioentscheidungen berücksichtigen?
Csajka: Inflation bedeutet zunächst einen Wertverlust für Anleger. Sie sollten die Inflationsentwicklung auf alle Fälle berücksichtigen, nicht zuletzt, um die Kaufkraft ihrer Investitionen zu schützen. Eine gute Lösung hierfür ist es, Sachwerte überzugewichten und festverzinsliche Wertpapiere mit Ausnahme inflationsgeschützter Anleihen auf das individuell angemessene Minimum zu begrenzen. Bei Aktien wiederum sollten Titel mit stabilem Cashflow den Vorzug vor Growth-Aktien erhalten.
Und wie ist Ihre persönliche längerfristige Einschätzung zur Inflationsentwicklung?
Csajka: Es könnte sein, dass wir ein längeres Regime mit höherer Inflation in Kauf nehmen müssen. Die Zentralbanken erhöhen derzeit stark die Zinssätze, um die Inflation zu bekämpfen. Das gibt berechtigte Hoffnung, dass mit diesen Maßnahmen die Inflation im neuen Jahr eingedämmt werden kann.
Allerdings zeigt die momentane Situation die Dringlichkeit, die Preissteigerungen in die Vermögensplanung einzubeziehen und aktiv Portfolioentscheidungen herbeizuführen, die dem Inflationsschutz dienen. Denn ganz grundsätzlich müssen wir in Zukunft – schon aufgrund des Übergangs zu grüner Energie – mit einer etwas erhöhten Inflation rechnen.
Letztlich erwarten wir aber auch eine höhere Volatilität der Inflation, da sich eine größere Zahl extremer Wetterereignisse zusätzlich zu geopolitischen Konflikten und anderen Faktoren auf die Energie- und Lebensmittelpreise erhöhend auswirken können.
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