Preisverfall bei sanierungspflichtigen Immobilien

Neben dem verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien rückt ein weiteres Instrument zur Erreichung der Energiewende immer mehr in den Fokus: die Sanierungspflicht. Diese Maßnahme könnte schon bald Auswirkungen auf Millionen von Wohnimmobilien in Deutschland haben, indem sie verpflichtende Sanierungsmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks vorschreibt.

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Die ab 2030 und 2033 geplanten strengeren gesetzlichen Vorgaben an die Energieeffizienz von Wohngebäuden stellen Immobilienverkäufer sowie Kaufinteressenten vor Herausforderungen. In einer vorherigen Analyse haben die VON POLL IMMOBILIEN-Experten bereits untersucht, wie das aktuelle Immobilienangebot hinsichtlich der Energieklassen in den acht A-Städten – München, Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Leipzig – im ersten Quartal 2023 aussieht. Interessant ist nun ein Blick auf die Entwicklung der Immobilienpreise 1 nach Energieklassen – vor allem hinsichtlich der sanierungspflichtigen Immobilien bis 2033 2 – im ersten Quartal 2023 gegenüber dem ersten Quartal 2022.

„In sieben der acht analysierten Metropolen sind die Preise bei sanierungspflichtigen Immobilien beziehungsweise bei Immobilien mit einem niedrigen Energiewert zwischen E und H im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal stärker gefallen als bei Wohnimmobilien mit einem höheren Energiewert zwischen A und D. Eine Ausnahme bildet Berlin. Hier steigen die Quadratmeterpreise insgesamt weiter leicht an“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL IMMOBILIEN.

Und weiter: „Verkäufern empfehlen wir, jetzt mit einem realistischen Preisnachlass zu verkaufen. Kaufinteressenten sind allgemein gut vorbereitet und holen Rat von Fachleuten wie Energieberatern ein. Über den Preis wird aktuell fast immer gesprochen und auch verhandelt. Preisnachlässe von durchschnittlich 5 Prozent bis 10 Prozent sind vielerorts normal geworden.“

In München beispielsweise fielen die Kaufpreise bei Eigentumswohnungen und Häusern, die bis 2033 saniert werden müssten (Energieklasse zwischen E und H), mit -12,1 Prozent auf 8.438 Euro/m2 am stärksten. Immobilien mit einem Energieeffizienzwert zwischen A und D dagegen verzeichneten einen Preisrückgang um -8,7 Prozent auf 9.334 Euro/m2.

„Das aktuelle Verkaufsverhalten der Immobilieneigentümer hängt stark von der individuellen Situation ab. Solange sie nicht zwingend verkaufen müssen, sind sie zurückhaltender und warten eher ab – unabhängig davon, ob die zum Verkauf stehende Immobilie sanierungspflichtig ist oder nicht“, erklärt Volker Stich, Geschäftsstellenleiter bei VON POLL IMMOBILIEN München-Innenstadt und München-Bogenhausen.

Auch in Frankfurt am Main und Stuttgart sinken die Immobilienpreise im Jahresvergleich bei Wohnimmobilien mit einer niedrigen Energieklasse zwischen E und H im zweistelligen Bereich, das heißt, um -11,9 Prozent auf 5.370 Euro/m2 beziehungsweise um -10 Prozent auf 4.863 Euro/m2. Bei Immobilien mit einer Energieklasse zwischen A und D mussten Kaufinteressenten im ersten Quartal 2023 mit 6.519 Euro/m2 in Frankfurt am Main und mit 5.145 Euro/m2 in Stuttgart rechnen. Damit sind die Preise in diesem Segment der Energieklassen gegenüber dem ersten Quartal 2022 um -8 Prozent beziehungsweise um -9,3 Prozent gefallen.

In Leipzig ist der Unterschied beim Preisrückgang zwischen den bis 2033 sanierungspflichtigen Immobilien mit -9,9 Prozent auf 2.934 Euro/m2 und den Immobilien mit hohem Energiewert zwischen A und D am deutlichsten. In diesem Segment fallen die Preise nur um -2,5 Prozent auf 3.546 Euro/m2.

In Hamburg und Düsseldorf zahlen Immobilienkäufer im ersten Quartal 2023 durchschnittlich -8,8 Prozent beziehungsweise -7 Prozent weniger für eine Eigentumswohnung oder ein Haus mit einer Energiebewertung zwischen E und H als noch im ersten Quartal 2022. Der Quadratmeterpreis liegt in der Hansestadt Hamburg damit bei 5.375 Euro/m2 beziehungsweise in Düsseldorf 4.713 Euro/m2. Mit -7,4 Prozent auf 6.076 Euro/m2 in Hamburg und mit -5,3 Prozent auf 5.206 Euro/m2 in Düsseldorf fallen die Preise für Wohnimmobilien mit einer höheren Energieklasse zwischen A und D in diesen beiden Städten nur marginal geringer als bei sanierungspflichtigen Immobilien.

Am geringsten fallen die Immobilienpreise bei Wohnimmobilien mit einer Energieklasse zwischen E und H mit -4,7 Prozent auf 4.472 Euro/m2 in Köln. Auch beim Immobilienangebot mit einer hohen Energiebewertung zwischen A und D sinken die Kaufpreise nur um -1,6 Prozent auf 5.096 Euro/m2.

„Wir beobachten, dass sowohl Immobilieneigentümer als auch Kaufinteressenten schlicht und ergreifend verunsichert und zurückhaltend sind. Grundsätzlich sollten sich beide Parteien vorab mit professionellen Energieberatern zum Sanierungsstand der Immobilie austauschen und schließlich handlungsbereit sein, wenn der richtige Käufer da ist“, lässt Claudia Brakonier, Geschäftsstellenleiterin bei VON POLL IMMOBILIEN Düsseldorf und Meerbusch wissen.

Zudem sei es natürlich wichtig, dass sich potenzielle Käufer im Vorfeld über ihre Finanzierungsmöglichkeiten informieren und mit ihrer Bank sprechen – gegebenenfalls reduziere eine sogenannte Muskelhypothek die Darlehenssumme, rät Brakonier. Für Käufer sei das eine gute Chance, verhandeln zu können.

„Verkäufer sind wesentlich verhandlungsbereiter. Daher geben Preise nach, stellenweise stark gegenüber Anfang 2022. Für eine Komplettsanierung beziehungsweise einen Abriss wird auch mal unter Bodenrichtwert bezahlt“, weiß Jörg Rechermann, Geschäftsstellenleiter bei VON POLL IMMOBILIEN Köln-Lindenthal. Kaufinteressenten empfiehlt er, genau zu prüfen, ob sich eine Sanierung wirklich lohne oder ob nicht ein Abriss und darauffolgender Neubau letztlich sinnvoller sei.

Ausnahme Berlin: In der Hauptstadt steigen die Immobilienpreise weiter, wenn auch nur leicht. Während sich im ersten Quartal 2023 die Quadratmeterpreise sanierungspflichtiger Häuser und Eigentumswohnungen (Energieklasse zwischen E und H) um durchschnittlich 0,7 Prozent auf 5.126 Euro/m2 nur marginal erhöht haben, stiegen die Immobilienpreise bei Gebäuden mit einer Energieeffizienz zwischen A und D um 2,2 Prozent auf 5.665 Euro/m2.

Anmerkungen:

1 Die Datengrundlage der Kaufpreisanalyse nach Energieklassen bei Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäusern in den acht A-Städten München, Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Leipzig basiert auf den durchschnittlichen Angebotspreisen von GeoMap für das erste Quartal 2023 und das erste Quartal 2022 sowie Anpassungen durch VON POLL IMMOBILIEN Research (2023).

2 Nach Plänen des Europäischen Parlaments, um Gebäude klimafreundlicher zu gestalten, sollen alle Wohngebäude in jedem Land der Europäischen Union ab 2030 mindestens die Energieklasse E und ab 2033 mindestens die Energieklasse D erreichen. Noch ist der Beschluss nicht verabschiedet, aber die Richtung zeigt, dass Eigentümer einer Immobilie mit einer Energiebewertung zwischen E und H mit einem Sanierungsbedarf bis 2033 rechnen sollten.
Für die vorliegende Analyse sind daher die Immobilienangebote mit einer Energieklasse zwischen E und H als sanierungspflichtige Immobilien zusammengefasst. Ebenso die bis 2033 nicht sanierungspflichtigen Immobilien mit einer Energieklasse zwischen A und D.

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