Social Media spielen eine begrenzte, aber dennoch bedeutsame Rolle für die Kundenbeziehungen in der Assekuranz. Deren Inhalte und Interaktionsangebote sind aber noch klar verbesserungswürdig, denn Versicherungskunden wünschen mehr Qualität statt Quantität, zeigt der aktuelle "Trendmonitor Deutschland" von Nordlight Research.
Jeder fünfte Social-Media-Nutzer in Deutschland (22 Prozent) begrüßt, dass Versicherungsunternehmen in den sozialen Medien präsent und aktiv sind – allen voran die junge Generation (18-29-Jährige: 43 Prozent) und Männer (28 Prozent) deutlich stärker als Frauen (16 Prozent). Die große Mehrheit steht den Social-Media-Aktivitäten der Assekuranz bisher allerdings noch ambivalent (44 Prozent) und teils auch distanziert (34 Prozent) gegenüber. Für die Social-Media-Performance der Versicherer sind damit noch deutliche Entwicklungspotenziale vorhanden. Zugleich werden große brancheninterne Unterschiede zwischen einzelnen Anbietern sichtbar.
Dies zeigt der aktuelle Branchenreport «Social Media für die Assekuranz – Zielgruppen, Potenziale & Perspektiven» aus dem „Trendmonitor Deutschland“ des Marktforschungsinstituts Nordlight Research. Insgesamt wurden rund 2.300 Bundesbürger ab 16 Jahren repräsentativ zur Nutzung der sozialen Medien und speziell zu den Social-Media-Aktivitäten von Versicherern, Banken, Energieversorgern und Telekommunikationsdienstleistern befragt.
Performance und Reichweite deutlich optimierbar
Ihren jeweils eigenen Versicherer sehen 48 Prozent der Kunden aus eigener Erfahrung in den sozialen Medien bereits als sehr gut aufgestellt an. 52 Prozent nehmen hingegen noch mehr oder weniger deutliche Verbesserungspotenziale wahr. Zudem zeigen sich markante Unterschiede in der Beurteilung der Social-Media-Aktivitäten einzelner Versicherer.
Im brancheninternen Vergleich überdurchschnittlich positiv schneidet hier insbesondere die HUK-Coburg ab, gefolgt von der Allianz. Zugleich ist wichtig zu beachten: 54 Prozent der Social-Media-Nutzer kennen bisher gar keine Aktivitäten ihres eigenen Versicherers in den sozialen Medien.
In puncto Relevanz zeigt sich: Je nach Blickwinkel nur oder immerhin 17 Prozent aller Versicherungskunden ist es aktuell persönlich wichtig, dass ihr eigener Versicherer in den sozialen Medien aktiv und ansprechbar ist. Verstärkt gilt dies für die 18-29-Jährigen (33 Prozent) sowie generell für regelmäßige Nutzer von Facebook, Instagram, Tiktok oder Youtube (Durchschnitt 31 Prozent). Für die große Mehrheit der Kunden ist die Social-Media-Präsenz ihres Versicherers hingegen weniger bedeutsam und wird bestenfalls als "nice-to-have" angesehen.
Insgesamt zeigt sich eine beschränkte, aber dennoch bedeutsame Rolle von Social Media für die Assekuranz. Social-Media-Aktivitäten haben positive Effekte auf die Gesamtbeurteilung der Versicherer Durchschnittlich geben 25 Prozent der Versicherungskunden (die die Social-Media-Aktivitäten ihres eigenen Anbieters kennen) an, dass diese ihr Gesamturteil über das Unternehmen positiv verändert haben.
Für die Mehrheit der Kunden (69 Prozent) spielen die Social-Media-Aktivitäten ihres eigenen Versicherers hingegen keine Rolle für die Gesamtbeurteilung des Unternehmens. Schaden tun die Social-Media-Aktivitäten der Gesamtwahrnehmung der Versicherer nur vergleichsweise selten: lediglich – aber immerhin – in sechs Prozent der Fälle zeigen sich negative Auswirkungen auf das Anbieterimage. Thomas Donath, Geschäftsführer der Nordlight Research, erklärt:
In bestimmten Zielgruppen kann die Präsenz und Aktivität der Versicherer in den sozialen Medien positive Wirkungen auf die Kundenzufriedenheit und die Markenwahrnehmung haben, darüber hinaus neue Vertriebschancen eröffnen.
Dies stelle jedoch keinen Automatismus und keine Autobahn dar, so Donath weiter. Die Relevanz von Social Media sollte daher auch nicht überschätzt, verbundene Anforderungen und Risiken zugleich nicht unterschätzt werden.
Informationssuche und Kaufverhalten in den sozialen Medien
Grundsätzlich ist bekannt, dass soziale Medien die Informationssuche und das Kaufverhalten der Konsumenten beeinflussen. Für viele Unternehmen scheint die Präsenz und Werbung auf Youtube, Facebook, Instagram, Tiktok & Co. daher kaum mehr wegzudenken.
Speziell mit Blick auf die Versicherungswirtschaft zeigt sich hier: 16 Prozent der Social-Media-Nutzer geben an, in den letzten Monaten Produkte und Angebote von Versicherern in den sozialen Medien entdeckt zu haben (über andere Nutzer, Content Creatoren oder Influencer). Knapp jeder zweite davon (= netto 7-8 Prozent aller Social-Media-Nutzer) gibt an, eines dieser Versicherungsprodukte später auch gekauft beziehungsweise abgeschlossen zu haben.
Beachtenswert ist umgekehrt aber auch: Fast ein Viertel der Befragten (23 Prozent) sagen, dass sie aufgrund kritischer Bewertungen in den sozialen Medien bestimmte Produkte/Angebote von Versicherern schon einmal ganz bewusst nicht gekauft beziehungsweise abgeschlossen zu haben.
Werbewahrnehmung von Versicherern in Social Media
Werbung von Versicherern wurde in letzter Zeit am häufigsten auf folgenden Social-Media-Kanälen wahrgenommen. Die Top 3:
- YouTube: 17 Prozent (16-29-Jährige: 31 Prozent)
- Facebook: 12 Prozent (16-29-Jährige: 15 Prozent)
- Instagram: 9 Prozent (16-29-Jährige: 22 Prozent).
64 Prozent der Social-Media-Nutzer haben in letzter Zeit jedoch auf keiner der untersuchten Social-Media-Plattformen Versicherungswerbung wahrgenommen.
„Übergreifend ist zudem zu beachten, dass sich verschiedene Zielgruppen bevorzugt auf ganz unterschiedlichen Social-Media-Kanälen bewegen“, sagt Jessica Ruiz Ribota, Studienleiterin bei Nordlight Research. „Die Präferenzen haben sich hier in den letzten Jahren stark ausdifferenziert und teils auch deutlich verschoben.“
Interaktion und Kommunikation
Auch in puncto Kundenbindung, Weiterempfehlungsmarketing und in der unmittelbaren Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden zeigen sich noch deutliche Entwicklungspotenziale: So „folgen“ aktuell 16 Prozent der Social-Media-Nutzer nach eigenen Angaben einem Versicherungsunternehmen in den sozialen Medien; 84 Prozent tun dies bisher nicht.
18 Prozent haben in den letzten Monaten schon einmal auf Beiträge von Versicherern geantwortet, auf Links geklickt, Beiträge geliked oder diese weitergeleitet; 82 Prozent hingegen nicht. Den eigenen Versicherer in den sozialen Medien häufiger schon einmal aktiv weiterempfohlen haben acht Prozent der Social-Media-Nutzer, weitere 12 Prozent nur in Ausnahmefällen.
„Soziale Medien bleiben für die Assekuranz ein Entwicklungsfeld, in dem noch viel Luft nach oben ist“, so Jessica Ruiz Ribota. Einlösen lassen sich die vorhandenen Potenziale allerdings nur durch eine Steigerung der Attraktivität und der Zielgruppenpassung der angebotenen Inhalte und Interaktionsformate. Bisher fällt das Kundenurteil hierzu eher noch durchwachsen aus.
Aufholpotenzial auch bei Apps und Messenger-Kommunikation
Eine App von Versicherungsunternehmen (bei denen man selbst Kunde ist) auf dem Smartphone installiert, hat aktuell rund jeder fünfte Social-Media-Nutzer (19 Prozent). Im Vergleich zu anderen Branchen (Banken/Sparkassen/Fintechs: 60 Prozent; Telekommunikationsanbieter: 41 Prozent) zeigt sich für die Assekuranz auch hier noch deutliches Aufholpotenzial.
Aufgeschlossen für die Kontaktaufnahme der Versicherer über Social-Messenger-Dienste (vertragsbezogen, neue Angebote, aktuelle versicherungsrelevante Informationen etc.) zeigen sich 42 Prozent der Versicherungskunden, die soziale Medien nutzen (insbesondere über WhatsApp: 33 Prozent).
58 Prozent lehnen dies jedoch auch grundsätzlich ab. Versicherungsunternehmen können diesen Kommunikationskanal durchaus stärker nutzen – allerdings nur bei vorheriger Zustimmung, und ratsamer Weise bedarfsorientiert und unaufdringlich.
Ausblick
Angesichts der anhaltend hohen Beliebtheit der sozialen Medien – 81 Prozent der Bundesbürger ab 16 Jahren nutzen diese aktuell zumindest mehrmals pro Woche; 64 Prozent sogar täglich, und „Heavy User“ nicht selten auch über mehrere Stunden am Tag (37 Prozent; 16-29-Jährige sogar zu 64 Prozent) – kommt auch die Versicherungswirtschaft kaum umhin, Social Media als Kommunikations- und Interaktionskanal zu nutzen.
In puncto zukünftiger Präsenz und Aktivität der Assekuranz in den sozialen Medien zeigen sich viele Kunden bisher jedoch zurückhaltend und teils auch ablehnend: Nur sieben Prozent befürworten eine zukünftige Ausweitung der werblichen Aktivitäten der Versicherer auf Social Media; deutlich mehr Kunden (25 Prozent) plädieren hingegen dafür, diese zu reduzieren.
Darin spiegelt sich nicht zuletzt auch der branchenübergreifende Befund, dass die Werbeaktivitäten von Unternehmen in den sozialen Medien von den Verbrauchern sehr häufig als „nervig und störend“ erlebt werden (speziell Versicherungskunden: 66Prozent) oder diese lediglich als notwendiges Übel zur Finanzierung der sozialen Plattformen angesehen werden – bei freilich gleichzeitiger großer Nicht-Bereitschaft der Bevölkerung für werbefreie soziale Medien etwas zu bezahlen.
Positiv gewendet lässt sich dies als Wunsch nach „mehr Klasse als Masse“ der in den sozialen Medien angebotenen Inhalte und Interaktionsformate verstehen. Hier liegt es an den Versicherungsunternehmen selbst, diese zukünftig attraktiver und kundenorientierter zu gestalten. Stärker beherzigt werden sollte dabei auch die einfache Tatsache: Soziale Medien sind keine Einbahnstraßen.
Weitere Studieninformationen
Der Branchenreport «Social Media für die Assekuranz: Zielgruppen, Potenziale & Perspektiven» aus dem aktuellen „Trendmonitor Deutschland“ kann direkt über Nordlight Research bezogen werden (kostenpflichtig). Die Trendstudie enthält umfangreiche weitere Ergebnisse, Analysen und Rankings sowie ausführliche Differenzierungen nach unterschiedlichen Zielgruppen und Social-Media-Kanälen. Zusätzlich liegen zu folgenden Versicherungsunternehmen Einzelprofile auf Eigenkundenbasis vor: ADAC, Allianz, Axa, Debeka, ERGO, Generali, HUK-Coburg / HUK24 und R+V.
Für Unternehmen und Agenturen besteht im Rahmen des regelmäßigen „Trendmonitor Deutschland“ zudem die Möglichkeit, exklusiv themenbezogene Zusatzfragen zu stellen (Shuttle-System), Vergleichswerte und Benchmarks zu nutzen sowie Eigenstudien in Auftrag zu geben. Weitere Informationen zu den Studieninhalten und Bezugsmöglichkeiten: www.trendmonitor-deutschland.de und www.nordlight-research.com.