Provisionen für Arbeitnehmer: Auf Verfallsfristen achten

Arbeitnehmer mit Provisionsansprüchen sollten auf einige Punkte bei der Gestaltung ihrer Vereinbarungen achten. Unter anderem muss dies entweder arbeits- oder tarifvertraglich geregelt sein. Auch müssen Ansprüche in der Regel innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden.

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Für viele Angestellte in Banken und Versicherungen gehören Provisionen beziehungsweise Zahlungen für vermittelte Geschäfte zur festen Gehaltsstruktur. Je nach Gestaltung können diese einen spürbaren Anteil an der gesamten Vergütung ausmachen. Als Provision wird im Arbeitsrecht im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) die Erfolgsprämie beschrieben, deren Auszahlung davon abhängt, ob der Vermittler dem Auftraggeber zu einem Umsatz verhilft oder nicht.

Grundsätzlich werden diese Ansprüche im Arbeitsvertrag geregelt, die Höhe der Vergütung orientiert sich beim Provisionsvertrag meist an einem bestimmten Prozentsatz. „Dieser wiederum ergibt sich in der Regel aus dem für den Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit erwirtschafteten Gewinn oder erbrachten Umsatz. Der Provisionssatz ist Verhandlungssache und hängt beispielsweise von der Branche, vom Wert der vermittelten Ware und vom Grad der Markteinführung der Produkte ab. Ein üblicher Durchschnitt ist eine Provisionshöhe von zehn Prozent“, sagt Tim Banerjee, Rechtsanwalt und Partner der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen.

Rechtsanwalt Banerjee hat sich auf die Beratung an der Schnittstelle zwischen Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisiert und berät sowohl freie Handelsvertreter als auch Arbeitnehmer im Vertrieb und Unternehmen bei allen rechtlichen Fragen rund ums Vertriebsarbeitsrecht.

Bei der Gestaltung von Provisionsverträgen für Arbeitnehmer gibt der Vertriebsrechtsexperte zu bedenken: „Es gilt beispielsweise: Wenn ein Arbeitnehmer ausschließlich auf Provisionsbasis tätig ist, muss dies entweder arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geregelt sein. Unzulässig ist eine vertragliche Grundlage, wenn von vornherein offenkundig ist, dass der Arbeitnehmer allein aus den Provisionszahlungen keinen angemessenen Verdienst erzielen kann.“

In dem Zusammenhang könne es zu Schwierigkeiten kommen, wenn der Verdienst nicht angemessen sei und Arbeitszeit und Provision des Mitarbeiters in einem krassen Missverhältnis stünden. Eine solche Vereinbarung sei sittenwidrig (§ 138 BGB). In dem Paragrafen heißt es: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.“ Der Arbeitnehmer könne in diesem Fall die für seine Tätigkeit übliche Vergütung nach Stunde oder Monat verlangen, betont Tim Banerjee.

Auch die Geltendmachung von Provisionen sorgt in der Praxis regelmäßig für Streitigkeiten. Oftmals haben Unternehmen und ihre Arbeitnehmer im Vertrieb ein anderes Verständnis hinsichtlich Berechnung und Strukturierung der Provisionsregelungen. Um Streitigkeiten über die Voraussetzungen des Entstehens des Provisionsanspruches und über die Höhe der Provision zu vermeiden, braucht es zum einen individuelle vertragliche Regelungen, die für beide Seiten akzeptabel sind. Zum anderen existieren einschlägige Vorgaben im Handelsgesetzbuch, die auch arbeitsrechtlich relevant sind.

Wenn beispielsweise arbeitsvertraglich vereinbart ist, dass ein kaufmännischer Angestellter für Geschäfte, die von ihm geschlossen oder vermittelt werden, eine Provision erhalten soll, gelten die Regeln des Handelsgesetzbuches auch für Arbeitnehmer, die demnach bei der Provisionsregelung dem freien Handelsvertreter gleichgesetzt sind.

Ebenfalls gilt dann die Regelung, dass Arbeitgeber die Provisionsansprüche grundsätzlich monatlich abrechnen müssen. Als maximaler Abrechnungszeitraum sind drei Monate zulässig. Ist nichts weiter vereinbart, wird die Provision zum Monatsletzten des Folgemonats fällig, „sobald und soweit“ der Arbeitgeber das Geschäft tätigt.

"Entscheidend ist, dass die sogenannte Zielerreichungskontrolle transparent und fair ist. Der Arbeitgeber
ist für die Richtigkeit der Leistungsbestimmung verantwortlich und muss diese im Zweifel vor Gericht auch beweisen.“ Vor allem gelte auch der Grundsatz, dass Zielvereinbarungen beziehungsweise Zielvorgaben realistisch sein müssten. Das hat Tim Banerjee zufolge das Bundesarbeitsgericht bereits 2010 festgelegt.

Der Arbeitgeber müsse im Zweifel nachweisen, dass die Ziele erreichbar gewesen seien. Sei dies nicht der Fall, könne dies Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen begründen, die von den Gerichten auch geschätzt werden könnten. Das bedeutet: „Grundsätzlich sollten Vertriebsmitarbeiter also schon bei den Arbeitsvertragsverhandlungen und der Festsetzung der Provisionsregelungen und Zielvereinbarungen darauf achten, dass rechtlich tragfähige und konsensuale Regelungen gefunden werden. Das kann später viel Ärger ersparen“, sagt Tim Banerjee.

Ein wichtiger Punkt: Die meisten Arbeitsverträge enthalten Ausschlussklauseln, nach welchen alle Ansprüche drei Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Das ist hochgefährlich. Wer also Provision zu bekommen hat, kann die Zügel nicht einfach schleifen lassen, sondern muss handeln.

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