Handelsvertreter: Außerordentliche Kündigung

Neben der ordentlichen Kündigung kann das Vertragsverhältnis von jeder Partei auch aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden. Dann endet der Handelsvertretervertrag sofort zu dem Zeitpunkt, zu dem die außerordentliche Kündigung der anderen Partei zugegangen ist. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

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Mit Genehmigung der Kanzlei Wirth–Rechtsanwälte wird hier der von der Kanzlei erstellte Leitfaden für die Belange eines Handelsvertretervertrages vollständig im Rahmen einer Beitragsserie veröffentlicht. Dies ist der dritte Teil.

Eine außerordentliche fristlose Kündigung kann auch noch ausgesprochen werden, wenn bereits ordentlich gekündigt wurde, aber die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist – der Handelsvertretervertrag also noch läuft. Die fristlose Kündigung „überholt“ dann die ordentliche Kündigung. In diesem Fall behält der Handelsvertreter regelmäßig auch seinen Ausgleichsanspruch, da diese Kündigung dann durch ein Fehlverhalten des Unternehmers verursacht wurde.

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn für die kündigende Partei ein Festhalten am Vertrag oder die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung unzumutbar ist. „Unzumutbarkeit“ ist leider ein sehr schwammiger Begriff. Für die Bewertung kommt es auf den Einzelfall und die Interessen beider Vertragsparteien an. Diese Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden.

Bei dieser Abwägung kommt es auf die Schwere der Vertragsverletzung und auf die Folgen an, die eine Kündigung für die betroffene Partei hätte. Auch „kleinere“ Vertragsverstöße können eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen, wenn sie sich summieren. Die Beweislast liegt bei der Partei, die die Kündigung aus wichtigem Grund erklärt. Daher ist es wichtig, dass die Kündigungsgründe genau dokumentiert werden.

Vor einer fristlosen Kündigung muss aber in der Regel eine Abmahnung ausgesprochen werden. Die Abmahnung soll die andere Vertragspartei unmissverständlich auf einen wichtigen Grund hinweisen und darüber in Kenntnis setzen, dass die außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen wird, wenn dieser Missstand nicht binnen einer bestimmten Frist behoben wird. Ohne eine vorherige Abmahnung sind fristlose Kündigungen häufig unwirksam.

Die Fristlänge für die Behebung des Missstandes sollte in der Regel zwei Wochen betragen, es sei denn, es liegen besondere Eilumstände vor. Um Unklarheiten zum Fristablauf zu vermeiden, sollte die Frist außerdem immer datumsmäßig gesetzt werden (also nicht „binnen zwei Wochen“, sondern „bis zum 15. Juni 2022“). Diese Abmahnung muss ausdrücklich klar und eindeutig sein und ist formlos möglich. Einen Mustertext dazu finden Sie hier.

Wichtig ist, dass man den Zugang der Abmahnung nachweisen können muss. Am sichersten ist es, wenn man die Abmahnung vorab per Fax/E-Mail und sodann im Original per Einschreiben mit Rückschein verschickt.

Mitunter sind die Vertragsverletzungen aber auch so schwerwiegend, dass eine Abmahnung entbehrlich ist. Das ist aber eher selten der Fall. Auch hier kommt es dann auf den Einzelfall und darauf an, ob die Rüge- und Warnfunktion der Abmahnung etwas bewirken kann, das heißt, ob die abgemahnte Partei sich noch vertragstreu verhalten kann. Ist der vertragsgemäße Zustand nicht innerhalb einer angemessenen Frist wiederherstellbar, kann die Abmahnung entbehrlich sein.

Beispiele für wichtige Kündigungsgründe aus der Rechtsprechung:

  1. einseitige Provisionskürzungen oder Gebietsverkleinerungen
  2. Zahlungen unter Vorbehalt, wenn diese nicht nur einmalig erfolgen
  3. Einbehalt von Provisionen trotz langer Kündigungsfristen und damit Existenzgefährdung
  4. negative, unwahre Äußerungen über den Handelsvertreter
  5. ehrenrührige Äußerungen über den Handelsvertreter; ausreichend können auch schon unberechtigte Vorwürfe des Unternehmers, wie beispielsweise der Vorwurf der Unterschlagung, des Wettbewerbsverstoßes oder Ähnliches, sein
  6. Zugangssperren zum Verwaltungsprogramm oder Zutrittsverbote zu Büroräumen oder wiederholte Erschwerung der Arbeit durch technische oder organisatorische Einschränkungen
  7. Sperrung von Kundendateien, die eine Vertragserfüllung unmöglich macht
  8. unberechtigte außerordentliche Kündigung durch den Unternehmer (hier bedarf es keiner vorherigen Abmahnung, der Handelsvertreter kann vielmehr sofort fristlos kündigen)
  9. Liegt ein Grund zur fristlosen Kündigung vor, darf mit der Abmahnung und/oder Kündigung nicht „ewig“ gewartet werden. Der Kündigungsberechtigte muss vielmehr innerhalb einer angemessenen Frist kündigen. Zwei Monate nach Kenntniserlangung von den Kündigungsgründen ist in aller Regel zu spät. Wir empfehlen, dass die außerordentliche fristlose Kündigung und/oder die Abmahnung unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Bekanntwerden der Kündigungsgründe ausgesprochen werden.

    In Kurzform gilt für die fristlose Kündigung Folgendes:

    1. Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist jederzeit möglich.
    2. Sie beendet das Vertragsverhältnis sofort.
    3. Es bedarf eines wichtigen Kündigungsgrundes: „Festhalten am Vertrag muss unzumutbar sein.“ (Siehe Beispiele oben.)
    4. Das vertragswidrige Verhalten muss in der Regel vorher abgemahnt werden; erst wenn trotz Abmahnung der wichtige Grund weiterbesteht, kann außerordentlich gekündigt werden.
    5. Mit der Kündigung und/oder der Abmahnung darf nicht zu lange gewartet werden, sie sollten unverzüglich, möglichst innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden der Kündigungsgründe ausgesprochen werden (jedenfalls sind zwei Monate in der Regel zu spät).
    6. Gerade wenn der Handelsvertreter ordentlich gekündigt hat, ergeben sich für ihn im Zwischenzeitraum bis zum Wirksamwerden der Kündigung häufig Umstände, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Häufig versucht der Unternehmer dann, dem Handelsvertreter möglichst viele „Steine in den Weg zu legen“. Im nächsten Teil sollen daher solch typische Konstellationen näher betrachtet werden.

      Lesen Sie auch:

      Im ersten Teil dieser Serie erfahren Sie allgemein Wissenswertes zur Beendigung eines Handelsvertretervertrages. Lesen Sie im zweiten Beitrag Wichtiges zur ordentlichen Kündigung und im vierten, welcher Kündigungsformen der Handelsvertretervertrag bedarf.

      Der fünfte Teil behandelt die Pflichten des Handelsvertreters während der Kündigungsfrist, die Rechte und Pflichten nach Beendigung des Handelsvertretervertrages stellt der sechste heraus.

      Über das gesetzlich verbriefte Recht auf eine Auskunft über alle provisionspflichtigen Geschäfte informiert Teil sieben und was Handelsvertreter bei Rückforderungen von Provisionsvorschüssen prüfen sollten, behandelt der achte Serienbeitrag.

LESEN SIE AUCH

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Kündigungsformen des Handelsvertretervertrages

Wie bei einem Arbeitsverhältnis wird die Kündigung erst mit Zugang wirksam. Sie ist grundsätzlich formlos möglich, es sei denn, im Handelsvertretervertrag wurde eine andere Form vereinbart. Steht ein Aufhebungsvertrag im Raum, bedarf es erhöhter Aufmerksamkeit.

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Handelsvertreter: Pflichten während der Kündigungsfrist

Bei einer ordentlichen Kündigung besteht der Handelsvertretervertrag mitunter noch mehrere Monate, zum Teil sogar Jahre fort. Insbesondere ist der Handelsvertreter bis zur Beendigung des Vertrages an die Ausschließlichkeit gebunden. Es besteht also ein striktes Wettbewerbsverbot.

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Ordentliche Kündigung eines Handelsvertretervertrages

Bei der ordentlichen Kündigung kann der Handelsvertretervertrag innerhalb der Fristen beendet werden, die in dem Vertrag vereinbart sind oder die sich aus dem Gesetz ergeben. Bei einer ordentlichen Kündigung gehen in der Regel aber Ausgleichsansprüche verloren. Was es zu beachten gilt.

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Urteile

Fristlose Kündigung wegen Veränderung von Kundendaten

Das LG Erfurt hatte sich mit der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages durch einen Versicherer aufgrund willkürlicher Veränderungen und Löschungen von Kundendaten durch einen Handelsvertreter zu befassen.

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Beendigung eines Handelsvertretervertrages

Ein einem Leitfaden informiert die Kanzlei Wirth–Rechtsanwälte umfassend und detailliert über relevante Belange des Handelsvertreters und gibt wichtige Informationen sowie Tipps über erlaubte und verbotene Aktivitäten. Das erste Kapitel dieser Beitragsserie widmet sich der Beendigung des Handelsvertretervertrages im Allgemeinen.

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Recht

Schadensersatzanspruch nach außerordentlicher Kündigung

Das LG Ravensburg hatte mit Urteil vom 26. November 2007 (Az.: 4 O 134/07) über die Anforderungen des Schadensersatzanspruch nach außerordentlicher Kündigung des Handelsvertretervertrages zu entscheiden.

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